Milchverarbeitung Alm

Vorschriften für die Milchverarbeitung auf Almen

Die maßgeblichen und unbedingt einzuhaltenden Vorschriften befinden sich in einer Leitlinie für gute Hygienepraxis und die Anwendung der Grundsätze des HACCP bei der Milchverarbeitung auf Almen. Die wesentlichen Forderungen mit ergänzenden Erläuterungen werden untenstehend dargelegt:

Aktuell: Erstmals gibt es ein Hilfsmittel  zur Berechnung der erforderlichen Proben für die Eigenkontrolle (nur Excel 2010, ältere Version: Excel-2003 ). Details siehe weiter unten!​

Die Leitlinie findet sich auf einer Seite der Plattform für VerbraucherInnengesundheit des BMGF.

Milchkühe auf einer Alm© Dr. Anton Pacher-Theinburg

WIE MUSS EINE BETRIEBSSTÄTTE AUSSEHEN?


Ein eigener Verarbeitungsraum muss vorhanden sein. Ausnahme: Einraumalm (i.d.R. nur bei Hochalmen; neben dem Stall und dem Schlafzimmer existiert nur 1 weiterer Raum für Kochen, Essen, Milchverarbeitung): bei Einraumalmen müssen die Bereiche für Milchverarbeitung sowie Kochen und Essen getrennt angeordnet sein! Die Koch- und Essausrüstung muss sich von den Ausrüstungen für die Milchverarbeitung klar unterscheiden!). Bei Umbau / Neubau bzw. Neubeginn der Produktion ist ein eigener Verarbeitungsraum unbedingt erforderlich!


Direktes offenes Feuer
für die Erwärmung des Käsekessels ist nicht gestattet. Erlaubt sind lediglich eingemauerte Feuerstellen mit Rauchabzug in einen Kamin.

Ein Abflusssytem muss in einem Verarbeitungsraum immer zur Verfügung stehen.

Auch die Käsereifung muss in einem eigenen Reiferaum bzw. in einem Reifeschrank erfolgen.
Kleine Mengen von Sauerkäse (bis 10 Stück) dürfen wegen der benötigten Reifetemperatur in der Stube in einem Schrank gereift werden. Die Schranktüren sind mit einem Fliegengitter zu versehen. Bei größeren Mengen, Neubau oder Umbau ist ein eigener Reiferaum zur Verfügung zu stellen.
In der Milchkammer (Milchlagerraum) darf keine Milchverarbeitung erfolgen!
Anforderungen an Räume: siehe auch Leitlinie Seite 5 – 6

WIE OFT UND AUF WAS MUSS DAS TRINKWASSER UNTERSUCHT WERDEN?


Trinkwasser muss zur Verfügung stehen. Dies ist gewährleistet bei Wasserbezug aus dem öffentlichen Netz. Bei Verwendung von eigenem Brunnen- oder Quellwasser ist 1x/JAHR ein chemisch- bakteriologischer Befund und Gutachten über die Einhaltung der Anforderungen der Trinkwasserverordnung erforderlich!
Bei mit Strom versorgten Almen müssen Handwaschbecken mit fließend warmem und kaltem Wasser im Verarbeitungsraum und auch im Vorraum der Toilettenräume vorhanden sein. Bei Almen ohne Stromversorgung ist in diesen Räumen ein Handwaschbecken mit zumindest fließend- kaltem Wasser zu installieren.
Ist kein eigenes Reinigungsbecken für Geräte im Verarbeitungsraum vorhanden, genügt ein großräumiges Doppel- (Nirosta-) Becken für die Reinigung der Hände und der Geräte.

WIE MÜSSEN ARBEITSGERÄTE BESCHAFFEN SEIN?

Gegenstände, Armaturen und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, müssen gründlich gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert werden. Die Reinigung und die Desinfektion müssen so häufig erfolgen, dass kein Kontaminationsrisiko besteht. Holzbuttermodel, Butterfass und Gebsen aus Holz müssen durch eine Hitzedesinfektion entkeimt werden.

WELCHE PRÜFMITTEL MÜSSEN VERWENDET WERDEN?


Folgende Prüfmittel müssen vorhanden sein:
1. Minimum-Maximum-Thermometer jeweils für  Kühlschränke und Reiferäume
2. pH-Messstreifen (für Säuerungsprobe nach 2 Stunden)
3. Hygrometer (Feuchtigkeitsmesser) für Reiferaum

WIE WIRD FÜR REINIGUNG UND DESINFEKTION GESORGT?


Alle Arbeitsbereiche (Räume, Gegenstände, Armaturen, Ausrüstungen, …) müssen gründlich gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert werden. Sicherheitsdatenblatt und Gebrauchsanweisung (Konzentration, Temperatur, Einwirkzeit) müssen vorliegen. Reinigungs- und Desinfektionsmittel müssen in einem eigens dafür vorgesehenen Bereich (Schrank oder eigener Raum) gelagert werden.

WIE MUSS DIE SCHÄDLINGSBEKÄMPFUNG AUSSEHEN?


Fenster, die ins Freie geöffnet werden können, sind mit Insektengittern zu versehen. Türen sollen mit automatischen Türschliessern versehen sein und insbesondere am Boden knapp schließen (z.B. mit Gummilippe), um das Eindringen von Mäusen, Vögeln, Haustieren etc. zu verhindern. Mauerdurchbrüche – z.B. für Installationen – sind entsprechend abzusichern. Der Bodenabfluss muss einen Geruchsverschluss und ein Gitter aufweisen.

NEU: Die Permanentbeköderung von Schadnagern mit indirekt blutgerinnungshemmenden Wirkstoffen (Antikoagulantien) ist wegen der nicht akzeptablen Risiken für die Umwelt verboten worden bzw. unterliegt sie strengen Beschränkungen. Auch konzessionierte Schädlingsbekämpfer dürfen Rodentizide mit indirekter blutgerinnungshemmender Wirkung grundsätzlich nicht als permanente Köder zur Vorbeugung eines Nagetierbefalls anwenden. Für das Nagetier-Monitoring sind biozidfreie Alternativen einzusetzen.

Eine Ausnahme vom Verbot der Permanentbeköderung gibt es nur für die Wirkstoffe Difenacoum und Bromadiolon und nur an Orten, „… an denen die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Invasion hoch ist, wenn sich andere Bekämpfungsmethoden als unzureichend erwiesen haben"; eine solche Entscheidung darf nur durch den konzessionierten Schädlingsbekämpfer getroffen werden; in solchen Fällen muss sowohl die Einrichtung als auch Kontrolle der Permanentbeköderung durch konzessionierte Schädlingsbekämpfer erfolgen:  Biozidprodukte-Verzeichnis


WIE OFT MUSS EINE SCHULUNG BESUCHT WERDEN?


Milch verarbeitende Personen, müssen regelmäßig bezüglich ihrer Tätigkeit und der Lebens-mittelhygiene geschult werden (Nachweis nicht älter als 3 Jahre).

WELCHE VORSCHRIFTEN GIBT ES FÜR DAS PERSONAL?


Das Personal muss helle und saubere Schutzkleidung verwenden. Für die Bereiche der Milchverarbeitung und der Käsereifung (Schmierkeller) müssen jeweils eine eigene Schutzkleidung und eigene Schuhe verwendet werden. Personen mit übertragbaren Krankheiten, Durchfall oder Hautinfektionen dürfen nicht im Lebensmittelbetrieb arbeiten. Bei Hautverletzungen an der Hand sind Einweghandschuhe zu tragen.
Alle Mitarbeiter müssen die Leitlinie zur Sicherung der gesundheitlichen Anforderungen unterzeichnen: siehe bäuerliche Leitlinie Seite 42 - 43

Käsereifungskammer© Dr. Anton Pacher-Theinburg

WIE MÜSSEN DIE LEBENSMITTEL GELAGERT UND GEKÜHLT WERDEN?


Wird die Milch nicht innerhalb von 4 Stunden nach Anlieferung verarbeitet, muss auf 6°C oder weniger gekühlt werden. Die Vorreifung der Milch bei der Käseherstellung kann bei höheren Temperaturen erfolgen.
Rohstoffe, Zutaten, Zwischenerzeugnisse und Enderzeugnisse müssen entsprechend gelagert bzw. bei 3-9°C gekühlt werden.

WERDEN HERSTELLUNGSABLÄUFE / PRODUKTBLÄTTER GEBRAUCHT?

PRODUKTBLÄTTER aus der vorliegenden Leitlinie oder auch aus anderer Quelle sind an den eigenen Betrieb genau anzupassen und für jedes hergestellte Produkt einmalig zu unterschreiben (Datum und Unterschrift). Damit wird bestätigt, dass die konkrete Herstellung immer nach den Vorgaben der Produktblätter erfolgt. Siehe auch Leitlinie Seite 10 – 13.

MÜSSEN LAUFENDE AUFZEICHNUNGEN ÜBER DIE PRODUKTION GEFÜHRT WERDEN?

Die Führung von laufenden Aufzeichnungen (tägliche Erzeugungsberichte für jedes Produkt und für jede Produktion!) ist unbedingt erforderlich! Es ist 1x ein Erzeugungsbericht mit Detailangaben je Produkt und Alpperiode auszufüllen; zusätzlich sind TÄGLICH bzw. bei JEDER PRODUKTION Erzeugungsberichte in Kurzform auszufüllen.

Diese Erzeugungsberichte werden auch in den meisten Hygienekursen im Land Salzburg verwendet.

ERZEUGUNGSBERICHTE MIT DETAILANGABEN (1x je Produkt und Alpperiode auszufüllen!):

ERZEUGUNGSBERICHTE in KURZFASSUNG (TÄGLICH bzw. bei JEDER PRODUKTION auszufüllen!):

WIE MUSS DIE EIGENKONTROLLE AUSSEHEN?


Milchverarbeiter sind Lebensmittelunternehmer und damit selbst verantwortlich für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Sie müssen nach den Prinzipien der guten Herstellungs- und Hygienepraxis (GHP) arbeiten.

ENTSCHEIDUNGSTABELLE FÜR DIE AUSWAHL DER PRODUKTE FÜR DIE EIGENKONTROLLE

Da die Vorschriften relativ komplex sind, aber die Einhaltung der in der Leitlinie vorgeschriebenen Eigenkontrollen zentral für die Sicherheit der produzierten Lebensmittel ist, wurde eine Exceltabelle entwickelt, mit deren Hilfe nach Auswahl der produzierten Erzeugnisse eine Liste der zur Untersuchung einzusendenden Produkte erstellt wird, die danach ausgedruckt werden kann (nur Excel 2010 oder neuer, ältere Version: Excel-2003 ).
WELCHE GESETZLICHEN VORGABEN GIBT ES FÜR MIKROBIOLOGISCHE PRODUKTUNTERSUCHUNGEN?


A. WIE OFT MUSS EIN TYPISCHES ALMPRODUKT UNTERSUCHT WERDEN?
Eine Untersuchung auf die Lebensmittelhygiene- und Prozesshygienekriterien ist für ein Produkt 1x/Alpperiode bei typischen Almprodukten (Hart- und Schnittkäse bzw. Sauermilchkäse, Sauerrahmbutter und Sauerrahmbuttermilch) gemäß Untersuchungskriterien Tabelle 1 der Leitlinie erforderlich.

B. WIE OFT MUSS EIN NICHT TYPISCHES ALMPRODUKT UNTERSUCHT WERDEN?
Bei anderen Produkten aus Rohmilch (z.B. Weichkäse) ist das hygienisch risikoreichste Produkt (zusätzlich zu Punkt A) 2x/Alpperiode gemäß Reihung nach Risiko in absteigender Reihenfolge (Tabelle 1) zu untersuchen.

C. WIE OFT und AUF WAS MUSS ROHMILCH UNTERSUCHT WERDEN?
Rohmilch von Kühen muss 2x/Monat auf Keimzahl, und 1x/Monat auf Zellzahl untersucht werden, Rohmilch von Schafen / Ziegen nur 2x/Monat auf Keimzahl.

WELCHE PRODUKTE WEISEN DAS HÖCHSTE RISIKO AUF UND WIE OFT MÜSSEN SIE UNTERSUCHT WERDEN?


Labtopfen ohne Säuerung aus Rohmilch, Süßrahmbuttermilch und Süßrahmbutter aus Rohrahm weisen ein hohes hygienisches Risiko auf, und sind jedenfalls 4x/Alpperiode und zusätzlich zu den oben angeführten Untersuchungspflichten zu untersuchen. Siehe Tabelle 1 Leitlinie Seite 16.

WANN WEIST EINE ALM EIN ERHÖHTES HYGIENERISIKO AUF UND AUF WAS MUSS ZUSÄTZLICH UNTERSUCHT WERDEN?


Ein erhöhtes Hygienerisiko besteht z.B. bei Einraumalmen, bei Holzböden im Verarbeitungsraum, bei rohem Betonboden in Käsereifungskellern (Lehmboden ist ganz verboten!) oder bei Wandflächen mit nicht leicht zu reinigender Oberfläche (z.B. Naturfelsen-Reifekeller):
Bei Almen mit erhöhtem Risiko ist eine zusätzliche Untersuchung auf Listerien durchzuführen (bei oberflächengereiften Käsen eine Schmierwasseruntersuchung / Oberflächengeschabsel (von einigen Käsen) bzw. bei anderen Käsen eine weitere Listerienuntersuchung bei dem risikoreichsten Käse).

ROHMILCH / ROHRAHM: ABGABE AUF ALMEN


Auf Almen dürfen Rohmilch und Rohrahm nicht direkt an den Endverbraucher abgeben werden, sondern dürfen nur zum Zwecke der Herstellung von Speisen und Getränken verwendet werden, die einem Erhitzungsverfahren unterzogen werden! Dies ist in einem Erlass des Bundesministeriums festgehalten: ERLASS

WELCHE GESETZLICHE GRUNDLAGEN GIBT ES FÜR DIE MILCHVERARBEITUNG?


Die gesetzlichen Grundlagen können auch der Seite 3 der Leitlinie entnommen werden. Verfahrensablauf bei Übertretungen: Verwaltungs- und gerichtl. Strafverfahren