Als Teil Bayerns ist Salzburg im Jahr 1025, also zu Beginn des Hochmittelaltes, noch ein sehr junges Diözesangebiet. 739 wurde Salzburg zum Bistum, 798 vom Papst zum Erzbistum erhoben. Eine wichtige Aufgabe für den Bischof und des Klerus war damals die Missionierung der Gebiete im heutigen Ungarn, Kärnten und Steiermark sowie auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens.
Personalunion endet
Der bestimmende Machtfaktor in Salzburg zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert war das Kloster St. Peter, das 696 von Rupert gegründet wurde. Der Bischof sowie Erzbischof Salzburgs war stets in Personalunion der Abt des Klosters. Rund 40 Jahre bevor Thietmar II. eingesetzt wurde, wurden diese Ämter jedoch getrennt.
Pionier für Salzburg
Die Historikerin Jutta Baumgartner arbeitet im Archiv der Erzdiözese und ist Lehrbeauftragte an den Fachbereichen Geschichte und Kunstgeschichte an der Paris Lodron Universität. Im Gespräch mit dem Landes-Medienzentrum (LMZ) klärt sie über die geschichtliche Bedeutung von Erzbischof Thietmar II. und auch zu seinem vor 1000 Jahren verstorbenen Vorgänger, Gunther von Meißen, auf.
LMZ: Was wissen wir heute über Thiemtar II. und welche Bedeutung hatte er für Salzburg?
Baumgartner: Die Herkunft von Thietmar II. ist unbekannt, sein Name ist jedoch eindeutig bayrisch. Er wurde im Dezember 1025 als Erzbischof vom damaligen König Konrad II. eingesetzt. Er war adelig und musste sehr gute Verbindungen zum späteren Kaiser gehabt haben. So war er beispielsweise 1027 bei der prunkvollen Krönung Konrads zum Kaiser in Rom anwesend. Dieses enge Verhältnis zum Herrscher und auch zum Papst wusste Thietmar II. geschickt für Salzburg zu nutzen.
LMZ: Welche Privilegien handelte sich Thietmar II. heraus?
Baumgartner: In der Zeit von Thietmar II. entstand die Legatenwürde. Bereits ab 1026 konnte er in seiner Kirchenprovinz in dringenden Fällen anstelle des Papstes Entscheidungen treffen, etwa einen Kirchenbann verhängen und lösen. Vermutlich gab es dieses Recht schon vor Thietmar II., bei ihm ist es jedenfalls erstmals dokumentiert. Damit verbunden war das Recht zur Verwendung eines Vortragekreuzes und eines rotgezierten Pferdes an hohen Festtagen. Aus dem letztgenannten Recht entwickelte sich die Legatenwürde, das Tragen von Legatenpurpur, selbst wenn man nicht zum Kardinal erhoben ist. 1179 erhielt das Amt des Erzbischofes mit Konrad III. von Wittelsbach dieses Recht offiziell vom Papst, zuvor war es nur mit der Person des jeweiligen Erzbischofes verbunden.
LMZ: Wie kann man sich die Stadt Salzburg vor 1000 Jahren vorstellen?
Baumgartner: 996 erhielt die Stadt das Markt-, Münz- und Mautrecht. Die Stadt war eine Ansammlung von Häusern und war gerade im Begriff, sich zu entwickeln. Die Keimzelle war hier der Waagplatz. Es gab leichte Ansätze von Bürgertum, und rund 50 Jahre später wird die Festung erstmals urkundlich erwähnt. Wir wissen heute nicht genau, welchen Grund es für den Aufschwung in der Stadt gab. War es der Hof des Erzbischofes oder der Handel – aber vermutlich beides.
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Thietmar II. hatte sehr gute Verbindungen zu Kaiser Konrad II. und war bestens in der Welt vor 1000 Jahren vernetzt.
Jutta Baumgartner, Historikerin
LMZ: Welche Bedeutung hatte die Kirche für die Bevölkerung?
Baumgartner: Der arbeitende Mensch oder Bauer hatte zu Beginn des Hochmittelalters keine Vorstellung vom Individuum. Sein Ziel war es, in das Paradies zu gelangen. Das war nur möglich mit der katholischen Kirche – sie war Bindeglied für alles und omnipräsent und bestimmte das Leben der Menschen. Für die Herrscher war die Kirche ein Machtfaktor und Werkzeug. Die Ottonen waren im 10. Jahrhundert die ersten, die ein Reichskirchensystem etablierten und Bischöfen und anderen Geistlichen Grundbesitz und Befugnisse übertrugen, um ihre Macht zu festigen.
LMZ: Vor 1000 Jahren wurde Thietmar II. als Erzbischof eingesetzt, und sein Vorgänger, Gunther von Meißen, starb. Was wissen wir über diesen Erzbischof?
Baumgartner: Gunther von Meißen hat keine tiefen Spuren in Salzburg hinterlassen. Er wurde von Kaiser Heinrich II., dem letzten Herrscher aus der Familie der Ottonen, ernannt und war vorher sein Kanzler. Aufgrund seines Nachnamens muss er aus Meißen, eine Stadt in der Nähe von Dresden, gekommen sein. Wir wissen, dass er eine sehr elitäre Ausbildung genossen haben musste. Die Besonderheit bei Gunther von Meißen war, dass er nicht aus dem bayrischen Adel entstammte. Sein Tod hatte für Salzburg keine Bedeutung. Der neue Herrscher Konrad II. setzte rund zwei Monate später Thietmar II. als Erzbischof ein.
LMZ: Wie werden die beiden Erzbischöfe in historischen Quellen beschrieben?
Baumgartner: Beide werden nur sehr oberflächlich beschrieben. So wird etwa Gunther von Meißen in der Gesta Chuonradi, der Lebensbeschreibung von Kaiser Konrad II., als bescheidener Mann dargestellt, dessen Milde und Güte besonders war. Bei Thietmar II. wird vermerkt, dass er das Erzbistum zu Ehren gebracht hat. Was bei Thietmar II. jedenfalls zutreffend ist: seine Bemühungen zum Besitzzuwachs für das damalige salzburgerische Gebiet. Vor allem im heutigen Tennengau, entlang der Salzach, hat er Grund und Boden für das Erzbistum durch Tauschgeschäfte bekommen. REP_250528_90 (msc/mel)