Schwindelfrei und viel alpine Erfahrung - das sind die Voraussetzungen, wenn man die steilen Flanken der Bischofsmütze in zirka 2.400 Meter Seehöhe als Arbeitsplatz hat. Die beiden Bergführer Gerald Valentin und Hans Wallinger haben sich von Pilot Alfred Pritz zum „Sorgenkind“ per Tau hinauffliegen lassen, um dort die Messreihe fortzusetzen, die es seit 2001 gibt.
Spalten werden millimetergenau vermessen
Das Fazit: „Die Hauptspalten unterhalb des Gipfels sind in Bewegung, die Deformationen liegen aber innerhalb der Messtoleranz. Diese Klüfte sind maßgeblich für die Stabilität des ganzen Gipfelbereiches“, so Valentin nach dem Vermessen mit dem Laser in schwindelerregenden Höhen. Das sind gute Nachrichten, denn wäre dieser „Hotspot“ von einem Felssturz betroffen, wäre die Bischofsmütze nicht mehr die Bischofsmütze. Das Aussehen würde komplett verändert werden und hunderttausende Tonnen Gestein würden ins Tal donnern.
Die Felswand schickt ein SMS
Die
Flugpolizei und Gerald Valentin müssen alle zwei Jahre zum
Gipfelbereich, um die Spaltenbreite zu kontrollieren, eine elektronische
Messung ist nicht möglich. „Weil es da oben viel zu exponiert ist.
Blitzschlag würde die Sensoren zerstören“, weiß der Landesgeologe und
erzählt von einem weiteren „Sorgenkind“ in Salzburg, dem Ingelsberg in
Bad Hofgastein. Hier lauern lose Felsbrocken oberhalb der Ortschaft, der
Berg wurde daher komplett mit elektronischen Sensoren ausgestattet:
„Die Daten können wir live abrufen. Falls sich der Berg außerhalb der
festgelegten Toleranz bewegt, bekommen wir ein SMS aufs Handy, um in
einem Notfall die Menschen warnen und den Evakuierungsplan aktivieren zu
können.“
Die Bischofsmütze steht unter genauer Beobachtung. Falls Felsstürze drohen, müssen wir im Sinne der Sicherheit reagieren.
Philipp Kogler, Katastrophenschutzreferent Tennengau
Felsbrocken wurde 2019 erfolgreich gesprengt
Wie die Natur sich verändert, oft auch ein harter Winter auswirkt, zeigte das Jahr 2019. Die Schneemassen haben damals einen etwas 25 Kubikmeter großen Kalkfels vorwärts geschoben, sodass er abzustürzen drohte, der Normalweg auf den bekannten Gipfel der Bischofsmütze lag im Gefahrenbereich. Spezialisten aus St. Veit sprengten den Fels erfolgreich, Bergretter aus Filzmoos, Annaberg und Flachau räumten auf, die Gefahr war gebannt.
Dieser Berg ist wie ein Schweizer Käse.
Gerald Valentin, Landesgeologischer Dienst
Ostseite besonders instabil
Allerdings: An der Ostseite gibt es laut Valentin und den letzten Messungen lose Schuppen, eine davon hat zirka 10.000 Kubikmeter, die extrem labil sind. „Wir nehmen an, dass die morgen, übermorgen oder innerhalb der kommenden zehn Jahre herunterdonnern werden. Hier besteht aber keine konkrete Gefahr für Menschen, höchstens im Winter auf der Skiroute ins Stuhlloch. Deshalb werden diese Bereiche auch nicht extra einem Monitoring unterzogen“, kennt Valentin die Schwachstellen des Bergs.
Brisant: Kalk auf Dolomit, steiler Zahn auf weichem Sockel
„Man kann sich diesen Berg wirklich vorstellen wie einen Schweizer Käse. Innerhalb des massiven Kalkstockes gibt es große Hohlräume, das Fundament besteht aus labilem Dolomit. Dieses System ,hart auf weich‘ macht die Bischofsmütze zu einem Sorgenkind für uns Geologen“, erklärt Valentin.
Falls sich die Mütze bewegt…
Würden die Geologen eine massive und schnellere Veränderung feststellen, werden zuerst die Messintervalle verkürzt. „Wenn wir dann sehen, es geht in Richtung eines größeren Felssturzes, müsste der Normalweg auf die Bischofsmütze behördlich gesperrt werden. Genau gesagt, kann der Bürgermeister eine ortspolizeiliche Verordnung machen“, ergänzt Philipp Kogler, Katastrophenschutzreferent der Bezirkshauptmannschaft Tennengau. REP_200601_70 (mel)