Autor:
Melanie Hutter,
Fotos:
Melanie Hutter
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Wasser

Rauris wird zum Forschungsgebiet

Der starke Regen Ende August 2023 hat im Talschluss des Raurisertals oberhalb von Kolm Saigurn einen Dominoefekt ausgelöst. Hundert Tausende Kubikmeter Geröll lösten sich vom Fuße des Sonnblicks und ergossen sich in einer Lawine am Talboden. Das Material wurde von der Rauriser Ache weiter gespült bis es auf Barriere traf. Diese Barriere - der Schutzdamm und das Rückhaltebecken oberhalb von Wörth - haben Gebäude und Menschen vor einer Katastrophe bewahrt. Die riesigen Gesteinmengen konnten sich oben lockern, weil das Eis langsam wegschmilzt, der Permafrost auftaut. Dieses Ereignis wird nun genau erforscht.
 

„Der Stöpsel wurde dort oben durch das Unwetter gezogen“, sagt Geologe Gerald Valentin, Experte des Landes Salzburg. Er verschaffte sich kurz nach dem Unwetter am Fuße des Sonnblicks einen Überblick - aus der Luft im Polizeihubschrauber und „ich habe mich auch absetzen lassen, um diese enormen lockeren Mengen an losem Geröll aus der Nähe zu untersuchen“, so Valentin. 

Riesige Geröll-Lawine -  und es lauert noch mehr

Die Verwüstungen, die der Starkregen und das Unwetter am 28. Juli im Raurisertal hinterlassen haben, lassen selbst den erfahrene Experten staunen. „Das ist sicher etwas, was man nicht alle Tage sieht. Der Ursprung des Übels war das so genannte Pilatuskar am Fuße des Sonnblicks, das praktisch komplett eingebrochen ist und eine tiefe Rinne hinterlassen hat. Mehrere hunderttausend Kubikmeter Geröll und Gestein haben sich sozusagen weiter unten ergossen, zirka 24 Hektar groß ist diese Mure“, erklärt Gerald Valentin vom Landesgeologischen Dienst und weiter: "Neben den extremen Niederschlagsmengen führe ich das auch auf unter dem Schutt abschmelzende Reste des Pilatuskees und auftauenden Permafrost zurück. Jetzt ist es als ob man einen Stöpsel gezogen hätte, da ist noch mehr als eine weitere Millionen Kubikmeter in Bewegung.“



Als ob man den Stöpsel gezogen hätte. Jetzt, wo alles in Bewegung geraten ist, lauert noch mehr als eine weitere Million Kubikmeter loses Material da oben.
Gerald Valentin, Landesgeologischer Dienst

Raurisertal wird zum Forschungsgebiet

Die Landesgeologen beobachten den Bereich genau, derzeit sind laut Experten keine Siedlungen und damit Menschen direkt bedroht. „Es ist nur so, dass bei jedem weiteren Regen, dieser Bereich in Bewegung geraten wird. Man sieht, dass das im Kar verbliebene Lockermaterial extrem labil ist und leicht mobilisiert werden kann“, so Valentin und weiter: „Aufgrund der hohen Dynamik dieser Prozesse werden wir den von der Mure betroffenen Talbereich für die Zukunft wohl der Natur überlassen müssen.“ Und nicht nur Geologen interessieren sich für den Bereich. Auch andere Experten erhoffen sich vom Beispiel Kolm Saigurn Erkenntnisse, wie sich der Klimawandel auf unsere Berge und auch Sicherheit auswirken wird. REP_230908_70 (mel)




Wasser; Pinzgau; Schwaiger; Sicherheit
Info

​August-Unwetterschäden im Überblick: 

  • Betroffen waren am 17. August vor allem der Ortsteil Rettenbach in Mittersill sowie am 28. und 29. August beim Hochwasser der Pinzgau und Pongau, hier vor allem Bad Gastein, Bad Hofgastein, Bischofshofen, St. Johann, Mittersill und Rauris.
  • Fast 100 Wohngebäude wurden beschädigt, davon alleine 65 in Bad Hofgastein. Der Schaden an diesen Gebäuden: Rund 2,8 Millionen Euro. Zweitwohnsitze werden nicht berücksichtigt.
  • Soforthilfeeinsätze in Mittersill, Rauris und Bad Gastein kosteten rund 900.000 Euro.
  • Die Wiederherstellung der Rauriser Ache kommt auf rund 400.000 Euro. Hier werden die Schadensstellen Schritt für Schritt abgearbeitet und nach Lösungen gesucht.
  • Rund 15 Firmen waren betroffen, vor allem in St. Johann im Pongau, Bad Hofgastein und Bad Gastein. Der Schaden beträgt hier rund 1,5 Millionen Euro
  • Rund 350 Hektar an landwirtschaftlichen Flächen nahmen beim Unwetter Schaden, hier hauptsächlich im Gasteinertal, in Rauris, Mittersill und Bramberg. Die Schadenssumme: rund 900.000 Euro
  • Schadenssumme bei ländlicher Infrastruktur wie Güterwege, Brücken und Zufahrten: rund eine Million Euro
  • Ergibt eine Schadenssumme den Katastrophenfonds betreffend von rund 7,5 Millionen Euro
  • Nicht darin enthalten sind Schäden an der Infrastruktur der Gemeinden, des Landes und des Bundes, zum Beispiel die Pinzgauer Lokalbahn oder auch kommunale Gebäude. Diese werden extra von der jeweiligen Gebietskörperschaft erhoben.