EU4Health wird aufgestockt

EU-Förderungen für Forschung und Innovation zugunsten von Patientinnen und Patienten werden deutlich gestärkt

EU-Strategie für Arzneimittel und Stärkung der EU-Agenturen für öffentliche Gesundheit (Arzneimittel, Krisenprävention) sollen zu einer EU-Gesundheitsunion beitragen.

Am 13. November 2020 hat das Europäische Parlament (EP) seinen Standpunkt zu dem Vorschlag der Kommission angenommen, die gesundheitspolitischen Maßnahmen der EU mithilfe des Programms EU4Health deutlich zu verstärken: 615 der 705 EU-Abgeordneten stimmten mit Ja, 34 EU-Mandatare mit Nein und 39 EU-Parlamentarier enthielten sich der Stimme. In dem gemeinsamen Standpunkt unterstreichen die EU-Abgeordneten, dass die COVID-19-Krise sehr deutlich zeige, wie dringend die EU ein starkes Gesundheitsprogramm braucht, damit man in der EU im Bereich Gesundheitsversorgung künftig besser auf grenzüberschreitende Gefährdungen der öffentlichen Gesundheit reagieren kann.

Mai 2020: EU-Kommission reagiert mit dem Vorschlag für EU4Health auf COVID-19-Krise

Im Mai 2020 hat die Europäische Kommission ihre Vorschläge für die Programmgestaltung und die Mittelausstattung der EU-Förderprogramme 2021-2027 im Lichte der COVID-19-Folgen überarbeitet und neu vorgelegt.
Als Folge der COVID-19-Krise hatte die Kommission dabei auch einen Verordnungsentwurf für ein gestärktes und eigenständiges Gesundheitsprogramm EU4HEALTH vorgelegt, für das es in dem bisher sehr kleinen EU-Förderprogramm HEALTH bereits erste Ausgangspunkte gab: Die im Aktionsprogramm Health 2014-2020 genannten Prioritäten werden dabei grundsätzlich fortgeführt.
Als Lehre aus der COVID-19-Pandemie sollen im Aktionsprogramm EU4HEALTH 2021-2027 nun jedoch insbesondere folgende Themen aktiv aufgegriffen werden:
  • krisenfeste Resilienz im Hinblick auf grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohungen,
  • Zugang zu und Verfügbarkeit von Arzneimitteln und anderen grundlegenden Gesundheitsgütern (z. B. Schutzausrüstung),
  • Nachhaltigkeit von Gesundheitssystemen.

Juli 2020: Europäischer Rat einigt sich auf Gesamtvolumen des EU-Haushaltes 2021-2027

Im Zuge des Europäischen Rates im Juli 2020 verständigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten auf das Gesamtvolumen des nächsten Mehrjährigen Finanzrahmens (2021-2027) und der EU-Krisenfazilität „Next Generation EU“ (2021-2023). Der Juli-Kompromiss sah für EU4Health jedoch eine Mittelausstattung in Höhe von 1,7  Mrd. Euro vor, und damit eine deutliche Kürzung gegenüber dem Vorschlag der Kommission von Mai 2020 (9,4 Mrd. EUR).

November 2020: Europäisches Parlament und Rat erzielen Einigung

In der am 10. November 2020 erzielten politischen Vereinbarung zwischen den Haushaltsorganen der EU (d. h. Rat und Europäisches Parlament beschließen, die EU-Kommission schlägt vor) konnten die EU-Abgeordneten gegenüber dem Juli-Kompromiss eine Verdreifachung des Etats für das EU4Health-Programm durchsetzen: Damit beläuft sich die Mittelausstattung für EU-Maßnahmen im Gesundheitsbereich in den kommenden sieben Jahren auf 5,1 Mrd. EUR. Erreicht werden konnte das Verhandlungsergebnis mithilfe einer gezielten Aufstockung und Mittelumschichtungen im Laufe der EU-Förderperiode 2021-2027; die von den Staats- und Regierungschefs im Juli 2020 vereinbarten Rahmenvorgaben für den Gesamtumfang des EU-Haushaltes 2021-2027 werden eingehalten.

COVID-19-Folgen zeigen strategische Bedeutung der Handlungsfähigkeit der EU im Gesundheitsbereich

© EU / Europäische Kommission
EU4Health soll dazu beitragen, die EU künftig besser auf länderübergreifende Gesundheitsgefahren vorzubereiten. Dafür sollen im Rahmen einer neuen EU-Gesundheitsunion, für die von der Europäischen Kommission erste zusätzliche Impulse gesetzt wurden, künftig gemeinsame Maßnahmen möglich werden. Als generelle Ziele der EU-Gesundheitsunion formuliert die EU-Kommission in ihrem Vorschlag vom 11. November 2020:
  • Bessere Vorsorge: Ein EU-Vorsorgeplan für Gesundheitskrisen und Pandemien sowie einschlägige Empfehlungen werden zwecks Annahme von Plänen auf nationaler Ebene ausgearbeitet und von umfassenden und transparenten Rahmen für Berichterstattung und Audits flankiert. Die Erstellung nationaler Pläne wird vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten und von anderen EU-Agenturen unterstützt. Diese Pläne werden von der Kommission und den EU-Agenturen Audits und Stresstests unterzogen.
  • Stärkere Überwachung: Auf EU-Ebene wird ein gestärktes, integriertes Überwachungssystem geschaffen, in dem Künstliche Intelligenz und andere fortschrittliche Technologien zum Einsatz kommen.
  • Bessere Datenübermittlung: Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, ihre Berichterstattung über Indikatoren der Gesundheitssysteme zu erweitern (z. B. freie Krankenhausbetten, spezielle Behandlungs- und Intensivpflegekapazitäten, Anzahl der medizinischen Fachkräfte usw.).
  • Die Ausrufung eines EU-Notstands würde eine engere Koordinierung auslösen und die Entwicklung, Bevorratung und Beschaffung von krisenrelevanten Produkten gestatten.

Health Emergency Response Authority – HERA

In der Mitteilung von 11. November 2020 kündigt die Europäische Kommission zudem an, bis Ende 2021 einen Vorschlag für die Schaffung einer Behörde für Krisenprävention und für die Reaktion auf gesundheitliche Notlagen (Health Emergency Response Authority – HERA) vorlegen zu wollen.
Eine solche Struktur wäre in den Augen der Kommission ein wichtiger neuer Faktor für die Unterstützung einer besseren Reaktion auf grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren auf EU-Ebene. Damit soll der Handlungsbedarf, der sich in der derzeitigen Situation gezeigt hat (Umplanung des EU-Forschungsprogramms, um die derzeitige Notlage zu bewältigen; gemeinsame Beschaffung medizinischer Ausrüstung und andere Gegenmaßnahmen, allerdings nicht an Notfallsituationen angepasst; Ad-hoc-Verhandlungen über Abnahmegarantien für Impfstoffe), aufgegriffen werden, so dass vorausschauendes Handeln auf EU-Ebene zur Prävention von Notfalllagen ermöglicht wird.
Künftige Handlungsfelder: Krebs, Arzneimittel, seltene Krankheiten, Generika, Datenströme

Gesundheit wird neues Zukunftsthema

Weitere wichtige Handlungsfelder greift die EU-Kommission bereits jetzt in der am 25. November 2020 veröffentlichten Arzneimittelstrategie auf.
In der Debatte im Europäischen Parlament am 25. November 2020 hob EU-Gesundheitskommissarin Kyriakides hervor, dass es dabei nicht nur um Europas Handlungsfähigkeit in Pandemiesituationen geht, sondern auch um wichtige Fragen der strategischen Versorgungssicherheit mit Arzneimittelgrundstoffen und die bessere Versorgung von Krebskranken, Handlungsoptionen für den Umgang mit der zunehmenden Zahl von Antibiotikaresistenzen, die Erschwinglichkeit neuer Behandlungen (Stichwort: Generika) und die medikamentöse Versorgung von Patienten mit seltenen Erkrankungen in Europa.
Schließlich zeigte sich im Verlauf der EP-Debatte auch, dass es hier Anknüpfungspunkte für den Digitalen Wandel – es wird ein sicherer europäischer Datenraum für Patientendaten angestrebt – zu einer erneuerten EU-Industriestrategie (z. B. Erleichterungen von Innovationen am EU-Binnenmarkt, Produktion neuer Wirkstoffe am EU-Binnenmarkt) und zum Grünen Deal (Umweltverträglichkeit der Arzneimittelproduktion und Umwelteinfluss pharmazeutischer Abbauprodukte) gibt, die in den kommenden Monaten zusätzliche Aspekte in der Debatte zur EU-Gesundheitsunion beitragen dürften.

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