EU-Finanzen nach COVID-19: Kommission will EU-Haushalt stärken, um die sozioökonomischen Folgen der Corona-Krise zu lindern

Mitgliedstaaten und Europäisches Parlament beraten über den Vorschlag der Kommission

Am 27. Mai 2020 hat die Europäische Kommission ihre Vorschläge für die Bewältigung der Folgen der Corona-Krise vorgelegt. Der Vorschlag sieht vor, dass der im Verhandlungsprozess befindliche Mehrjährige Finanzrahmen 2021-2027, mit dem die EU-Projekte in der nächsten Förderperiode finanziert werden, deutlich gestärkt werden soll. Hierfür schlägt die Kommission eine Anhebung der Eigenmittelobergrenze für den EU-Haushalt auf 2 % des BNE (Brutto-Nationaleinkommens) sowie eine Stärkung relevanter EU-Programme vor.
© Europäische Union/ EK
Für die Überwindung der kurzfristigen Folgen der Corona-Krise kommt der Vorschlag für das Wiederaufbauprogramm für Europa (Recovery Programm) „Next Generation EU“ hinzu. Damit sollen die unmittelbaren Folgen der Corona-Krise in den nächsten zweieinhalb Jahren (Mitte 2020 bis Ende 2022) in den Mitgliedstaaten gezielt gelindert werden. Insgesamt will die EU-Kommission damit für Europa 1,85 Billionen EUR für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wiederaufbau in der EU nach Corona mobilisieren.
Hintergrund der vorgeschlagenen Maßnahmen sind die mit COVID-19 verbundenen massiven Auswirkungen auf die Volkswirtschaften und Gesellschaften der EU-Mitgliedstaaten, ihrer Regionen, Städte und Gemeinden.
Zur Stärkung des EU-Haushalts schlägt die EU-Kommission neue Eigenmittel (Einnahmen) für den EU-Haushalt vor, folgende Optionen liegen auf dem Verhandlungstisch:
  • ein Ausbau des Europäischen Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (ETS);
  • die Einführung einer CO2-Abgabe auf EU-Importe/-Exporte;
  • die Einführung einer Plastikabgabe;
  • die Schaffung einer Digitalsteuer.
Die Kommission strebt damit eine Erneuerung und Stärkung des EU-Haushaltes bei gleichzeitiger Beibehaltung der bisherigen Prioritätensetzung für die EU-Politiken an. An den bereits formulierten Zielen der EU-Kommission - für einen Übergang zu einer klimaneutralen Gesellschaft (Grüner Deal), für den digitalen Wandel und für eine geopolitische Kommission, die sich den verteidigungs- und sicherheitspolitischen Interessen Europas widmet – wird festgehalten. Neu hinzu kommt nun das Ziel, dem Voranschreiten der EU in eine veränderte Weltordnung nach COVID-19 gezielt Vorschub zu leisten. Bei der Formulierung der Vorschläge für eine Anpassung der EU-2021-2027 zeigt sich die Kommission nach eigenen Worten bestrebt, nur die notwendigsten Änderungen vorzuschlagen. Die Verhandlungen über die Annahme des Mehrjährigen Finanzrahmens, dessen Programme am 1. Jänner 2021 anlaufen sollen, sollen trotz der durch COVID-19 verursachten Verzögerungen möglichst zügig verlaufen.
Für den Übergang zwischen den beiden EU-Förderperioden (2014-2020 & 2021-2027) bietet der Vorschlag für eine Verlängerung der Laufzeit aller derzeit geltenden Operationellen Programmen, mit denen die EU-Förderungen vor Ort umgesetzt werden, um zwei Jahre eine wichtige Chance zur Kontinuität für EU-Maßnahmen auf regionaler und lokaler Ebene.
Vorgeschlagen werden auch eine Stärkung des EU-Fonds für ländliche Entwicklung (ELER) sowie die Stärkung des CEF (Connecting Europe Fazilität für Energie, Telekommunikation und Verkehr).
Der Verordnungsvorschlag für das Wiederaufbauprogramm sieht eine Erhöhung des ELER um 15 Mrd. EUR zu Preisen von 2018 vor, welche sich aus nichtrückzahlbaren Zuschüssen und rückzahlbaren Zuschüssen durch Finanzinstrumente speisen soll.
Eine detailliertere Regelung hinsichtlich der Aufstockung des EU-Fonds für ländliche Entwicklung (ELER) findet sich im sektoralen Vorschlag für eine Omnibus-Verordnung zur Änderung sektoraler Verordnungen zu Horizont Europa, das Instrument für Nachbarschafts- und Entwicklungszusammenarbeit (NDICI) und die GAP-Strategieplanverordnung. Durch diese Verordnung soll in die Verordnung über die GAP-Strategiepläne ein neuer Artikel 84 a mit dem Titel „Ressourcen aus dem Europäischen Wiederaufbauprogramm“ eingefügt werden. Der Betrag soll als zusätzliche Ressource für budgetäre Verpflichtungen unter dem Fonds für ländliche Entwicklung für die Jahre 2022, 2023 und 2024 in folgender Staffelung verfügbar gemacht werden:
  • 2022: 8,117 Mrd. EUR
  • 2023: 4,140 Mrd. EUR
  • 2024: 4,226 Mrd. EUR
Die Vorschläge der Europäischen Kommission sind Gegenstand des Ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens und werden als solche zwischen den beiden Ko-Gesetzgebern Europäisches Parlament und Rat, in dem die Mitgliedstaaten über Kommissionsvorschläge beraten, und auf Ebene der Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat verhandelt.

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