Laut Experten ist Salzburg im Gegensatz zu Österreich ein
EU-Nettoempfänger. Das heißt, das Bundesland bekommt mehr Geld aus
Brüssel als es einbezahlt. Seit 2015 sind nach Berechnungen des
Landes-Europabüros jährlich zirka 40 Millionen Euro ins Bundesland
zurückgeflossen. Rund 400 Millionen Euro erhielten das Land, seine
Gemeinden und somit die Bürgerinnen und Bürger in den vergangene zehn
Jahren. Das Geld wurde dabei in Projekte für Infrastruktur, Soziales,
Landwirtschaft sowie den ländlichen Raum investiert.
Haslauer: „EU-Beitritt für Salzburg Gold wert.“
Landeshauptmann Wilfried Haslauer sagt zum
EU-Beitritt vor 30 Jahren: „Salzburg liegt im Herzen Europas, unserem
Bundesland konnte 1995 nichts Besseres passieren. In jeder der 119
Gemeinden im Land ist EU Geld für die unterschiedlichsten Projekte
angekommen. Vor allem die heimische Wirtschaft konnte als Exportregion
stark von den europäischen Verbindungen profitieren. Und auch der
Tourismus erlebte mit der gemeinsamen Währung einen zusätzlichen Schub.
Dass in der EU Reformen in punkto Bürokratieabbau und Stärkung der
Regionen absolut notwendig sind, ist offenkundig, aber dieses
einzigartige Friedens- und Wirtschaftsprojekt war und ist für Salzburg
ein Geschenk.“
Salzburgs Antenne in der EU
Der direkte Draht in die Institutionen der
Europäischen Union ist das Landes-Europabüro in Brüssel.
Referatsleiterin Michaela Petz-Michez und ihr Team koordinieren hier
alle für Salzburg relevanten EU-Themen und bereiten diese für die
Landespolitik sowie –verwaltung auf. Zusätzlich unterstützen sie
heimische Unternehmen oder Gemeinden bei Förderansuchen und vernetzen
sich mit europäischen Partnern. Das Landes-Medienzentrum (LMZ) hat mit
gebürtigen Pinzgauerin und EU-Rechts-Expertin über den Mehrwert der EU
für das Bundesland gesprochen.
LMZ: Wie sehr hat Salzburg vom EU-Beitritt profitiert?
Petz-Michez: Der Beitritt hat sich
für Salzburg im wahrsten Sinne des Wortes „ausgezahlt“. Beispielsweise
hat das Land in den vergangenen zehn Jahren jährlich zirka 35 Millionen
einbezahlt. An Rückflüssen, das können wir mit Dokumenten und Berichten
alles belegen, haben wir aber rund zwischen 75 und 80 Millionen Euro
erhalten – im Schnitt 40 Millionen.
LMZ: Haben Sie ein Beispielprojekt, das in
den vergangenen 30 Jahren in Salzburg realisiert wurde und das es ohne
EU-Mitgliedschaft nicht geben würde?
Petz-Michez: Ein zentrales Projekt
ist etwa das dritte Bahngleis zwischen Salzburg und Freilassing. Die EU
hat den Ausbau für das transeuropäische Eisenbahnnetz mit rund 31
Millionen Euro mitfinanziert und quasi die Anschubförderung dafür
geleistet. Heute profitieren täglich die Menschen im Zentralraum von
diesem wichtigen Infrastrukturprojekt. Es sind aber auch die unzähligen
kleinen Vorhaben, die mit Geld aus Brüssel realisiert wurden und werden.
Beispielsweise fließen bis 2027 rund 22 Millionen Euro in den
Breitbandausbau im Bundesland. Und zwischen 2021 und 2022 haben die
Salzburger Landwirtschaft und der ländliche Raum 166 Millionen Euro
erhalten. Sei es über Direktzahlungen oder bei EU-Projekten.
LMZ: Wie kann Salzburg seine Stimme in der EU erheben?
Petz-Michez: Eine wichtige
Institution ist der Europäische Ausschuss der Regionen – kurz AdR. Die
beiden Salzburger Mitglieder setzen sich im AdR konsequent für relevante
Bundesland-Themen ein. Ein gutes Beispiel für die Arbeit in diesem
Gremium ist der Wolf. Über viele Jahre haben die Vertreter des Landes
politisches Lobbying getätigt und sich mit betroffenen Regionen in
Italien, Rumänien, Bulgarien, Spanien oder Frankreich vernetzt. Aus dem
AdR hinaus ist dann der Druck auf die Kommission immer größer geworden,
sodass nun beim Schutzstatus Bewegung reingekommen ist. Ab Mitte Februar
wird Landeshauptmann-Stellvertreter Stefan Schnöll den Sitz im AdR
erhalten. Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf ist weiterhin die
Stellvertreterin.
LMZ: Salzburg ist aktuell nicht im
EU-Parlament oder der EU-Kommission vertreten. Wie kann das Land
trotzdem seine Interessen in der EU vertreten?
Petz-Michez: Als Verbindungsbüro
arbeiten wir hier sehr eng und fraktionsübergreifend mit den 20
österreichischen Europaabgeordneten sowie dem EU-Kommissar Magnus
Brunner und seinem Team zusammen. Es gibt hier eine gegenseitige
Unterstützung, alle ziehen an einem Strang. Es geht immer darum, das
Beste für Österreich beziehungsweise Salzburg herauszuholen. Des
Weiteren vernetzen mein Team und ich uns intensiv mit anderen regionalen
Vertreterinnen sowie Vertretern und treffen regelmäßig
Entscheidungsträger, um für das Land wichtige Positionen einzubringen.
LMZ: Was erwarten Sie in den kommenden Jahren von der EU für Salzburg?
Petz-Michez: Die kommenden fünf
Jahre sind für Europa richtungsweisend. Es geht aus meiner Sicht darum,
die Regionen in der Union stärker einzubinden. Denn die Zusammenarbeit
und Vernetzung auf regionaler Ebene ist wesentlich. Unsere breit
gefächerte Zusammenarbeit im Verbindungsbüro in Brüssel sowie mit der
Landespolitik und den Experten in der Landesverwaltung werden wir dazu
fortführen.
LMZ: Die EU-Skepsis steigt nicht nur in Salzburg. Was muss die Europäische Union in der Zukunft besser machen?
Petz-Michez: Ich verstehe die
Skepsis der Menschen. Die EU mit ihren Institutionen und „Spielregeln“
ist von außen nur schwer durchschaubar. Aus meiner Sicht sollte sich die
Europäischen Union auf große Reformen und Verbesserungen für die
Bevölkerung in den Mitgliedsstaaten konzentrieren. Ein Beispiel war die
Begrenzung von Roamingtarifen im Mobilfunk. Eine europaweite Energie-
und Wirtschaftspolitik ist absolut sinnvoll. Überbordende Bürokratie,
für die bei Unternehmern jedes Verständnis fehlt, ist hingegen
kontraproduktiv. REP_250113_92 (msc/mel)