Ist der Wolf bald nicht mehr „streng geschützt“?

Angesichts der wachsenden Wolfszahlen in Europa schlug die Kommission im Dezember 2023 vor, den aktuellen „streng geschützten“ Status des Wolfs in der EU herabzustufen. Dies hängt aber auch von der Zustimmung der Mitgliedstaaten im Rat der EU und vom Europarat ab.

Europa besitzt eine Vielfalt von Naturräumen und Arten. Doch die europäische Biodiversität ist nicht nur reichhaltig – sie ist auch bedroht. Im Rahmen des Berner Übereinkommens einigten sich die Mitglieder des Europarats im Jahre 1979 daher darauf, die wildlebenden Pflanzen und Tiere sowie ihre natürlichen Lebensräume in Europa zu schützen. Dazu zählt auch der Wolf.

Gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie), welche die Anforderungen des Berner Übereinkommens in der EU umsetzt, gilt der Wolf bislang als streng geschützte Tierart. Mittlerweile breitet sich der Wolf allerdings wieder in Europa aus, was zunehmend für Unmut und Ärger unter landwirtschaftlichen und jagdlichen Gemeinschaften sorgt. Auch in Österreich beklagen sich Landwirtinnen und Landwirte, dass die Maßnahmen, die ihnen aktuell zum Schutz ihres Nutzviehs vor Wolfrissen zur Verfügung stehen, unzureichend sind.

Mehr Handlungsspielraum ermöglichen

Die Europäische Kommission führte aus diesem Anlass im vergangenen Jahr eine umfassende Analyse des Wolfs durch, welche nachweislich darlegte, dass sich die Wolfspopulation in der EU erholt und immer größere Gebiete besiedelt. Basierend auf diesen neuen Erkenntnissen legte die Kommission am 20. Dezember 2023 einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates vor, mit dem der Schutzstatus des Wolfs im Rahmen des Berner Übereinkommens von „streng geschützt“ zu „geschützt“ herabgesetzt werden soll. Darüber hinaus kündigte sie weitere finanzielle Mittel an, um geeignete Investitionen in Schadensverhütungsmaßnahmen zu ermöglichen. Damit möchte sie allen Vertragsparteien des Berner Übereinkommens mehr Handlungsraum beim Wolfsmanagement geben, nationale und regionale Behörden entlasten und den Schutz vor dem Wolf erleichtern.

Nächste Schritte

Die Kommission begründet ihr Vorhaben mit den geänderten Rahmenbedingungen, die nun eine entsprechende rechtliche Anpassung erfordern. Der Schutzstatus des Wolfs im Berner Übereinkommen wurde auf Grundlage des damaligen Wissenstands festgelegt, welcher die zunehmenden Konflikte des Wolfs mit menschlichen Aktivitäten unzureichend berücksichtigte. Um den Wolfsstatus auf EU-Ebene auch tatsächlich anzupassen, muss er allerdings auch im Rahmen des Berner Übereinkommens geändert werden. Daher müssen nun zunächst die EU-Mitgliedstaaten über den Vorschlag entscheiden. Sollte der Vorschlag angenommen werden, wird er dem Ständigen Ausschuss des Berner Übereinkommens vorgelegt. Je nachdem, wie der Rat der EU und der Ständige Ausschuss entscheiden, könnte die Kommission im Anschluss vorschlagen, den Schutzstatus des Wolfs in der EU herunterzustufen.


Bestehende Möglichkeiten nutzen

In der Zwischenzeit fordert die Kommission die nationalen und lokalen Behörden dazu auf, die bestehenden Mittel zur Förderung der friedlichen Koexistenz von Mensch und Wolf umzusetzen. In einigen Mitgliedstaaten gibt es bereits bewährte Verfahren, die Nutztierrisse durch Wölfe erheblich zu verringern. Um dieses Wissen zu teilen und eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich des Wolfsmanagements zu erleichtern, wurde bereits ein EU-Portal für EU-weite und regionale Plattformen eingerichtet. Betroffene Mitgliedstaaten können ebenso finanzielle Förderung für Investitionen in Präventions- und Ausgleichsmaßnahmen von der EU beantragen.


Relevanz für Salzburg

Die Erfolge im Bereich des Wolfsmanagements auf EU-Ebene wurden auch maßgeblich von Salzburger Politikerinnen und Politikern vorangetrieben. Mit 45 Nutztierrissen im Land Salzburg im vergangenen Jahr ist das Thema ein bedeutendes regionales Anliegen. Salzburger Vertreterinnen und Vertreter hatten sich daher wiederholt in Brüssel dafür eingesetzt, dass der Schutzstatus des Wolfs herabgestuft wird. Zuletzt sprach Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek, zuständig für Natur- und Umweltschutz, während eines Arbeitsbesuchs in Brüssel im November 2023 mit der Generaldirektion Umwelt in der Europäischen Kommission.