Kommission schlägt Erleichterungen für Vereine ohne Erwerbszweck vor

Erfasst werden insbesondere Vereine in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Sozialdienste, Kultur, Arbeitsvermittlung, Sport, Forschung und Entwicklung sowie Bildung

So genannte „Vereine ohne Erwerbszweck“ schaffen EU-weit einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wert und sind in Schlüsselbereichen wie
  • Gesundheit,
  • Pflege,
  • Sozialdienste,
  • Kultur,
  • Arbeitsvermittlung,
  • Sport,
  • Forschung und Entwicklung sowie
  • Bildung
tätig. In den EU-Mitgliedstaaten gibt es 3,8 Millionen Vereine ohne Erwerbszweck, die 2,9 % zum BIP der EU beitragen.

In Anerkennung der Notwendigkeit, dass für den gemeinnützigen Sektor günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, fußt sich der Vorschlag der Kommission auf einer Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 2022. Darin empfiehlt das Europäische Parlament der Kommission, ein Statut für länderübergreifende Europäische Vereine und Organisationen ohne Erwerbszweck vorzuschlagen.

Verbindung zu den Zielen des Aktionsplans für die Sozialwirtschaft

Der Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie dient der Umsetzung der Ziele des Aktionsplans für die Sozialwirtschaft. Hinzu kommen ein Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates zur Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft in den Mitgliedstaaten sowie zwei Arbeitsunterlagen der Kommissionsdienststellen: „Relevant taxation frameworks for Social Economy Entities“ und „Non-discriminatory taxation of charitable organisations and their donors: principles drawn from EU case-law“.

Der nun vorgelegte Vorschlag soll Vereinen ohne Erwerbszweck die Tätigkeit am EU-Binnenmarkt erleichtern. Dafür schlägt die Kommission rechtliche und administrative Erleichterungen für gemeinnützige Organisationen vor, sofern diese in mehr als einem Mitgliedstaat tätig sind oder tätig werden wollen.


Erleichterungen für Vereine ohne Erwerbszweck am Binnenmarkt angestrebt

Derzeit gilt für Vereine ohne Erwerbszweck, die in einem anderen Mitgliedstaat tätig sind, dass für die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit und -fähigkeit des Vereins in den Mitgliedstaaten uneinheitliche Regeln gelten. Diese fehlende Harmonisierung der 27 nationalen Regelungsrahmen am EU-Binnenmarkt führt für gemeinnützig ausgerichtete Organisationen dazu, dass bei einer grenzüberschreitenden Tätigkeit am EU-Binnenmarkt zusätzlicher bürokratischer Aufwand für zusätzliche Anerkennungsverfahren bzw. die Gründung eines zusätzlichen Rechtsträgers notwendig werden.

In der EU gibt es nach Schätzungen der Kommission ca. 310.000 Vereine ohne Erwerbszweck, die davon betroffen sind. Eine Harmonisierung des geltenden Rechts am EU-Binnenmarkt würde Organisationen ohne Erwerbszweck voraussichtlich um Verwaltungskosten in Höhe von bis zu 770 Mio. EUR pro Jahr entlasten.
Die vorgeschlagene Verwaltungsvereinfachung und die damit verbundene Kostenersparnis, so schätzt die Europäische Kommission, dürfte es künftig etwa 185.000 gemeinnützigen Vereinen ermöglichen, in der EU grenzübergreifend tätig zu werden. Den volkswirtschaftlichen Zusatznutzen für den EU-Binnenmarkt prognostiziert die Kommission über einen Zeitraum von 15 Jahren mit einem Mehrwert von bis zu 4,2 Mrd. EUR.

Kommission schlägt für Vereine ohne Erwerbszweck die Einrichtung einer neuen Rechtsform vor, die EU-weit gelten soll

Die Kommission schlägt vor, die zusätzliche Rechtsform eines europäischen grenzübergreifenden Vereins (ECBA) in die nationalen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten zu integrieren. Diese neue Vereinsform wäre speziell für grenzüberschreitende Zwecke konzipiert. Sobald ein ECBA in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist, würde dieser – bei In-Kraft-Treten der nun vorgeschlagenen Richtlinie -  automatisch anerkannt und könnte in allen EU-Mitgliedstaaten tätig werden.

Der Vorschlag der Kommission zielt darauf ab, dass Vereine ohne Erwerbszweck künftig ihr gesamtes gesellschaftliches und wirtschaftliches Potenzial für die EU entfalten. Die ECBA werden neben anderen Formen einzelstaatlicher Vereine auf Ebene der Mitgliedstaaten bestehen.

Steuerhoheit der Mitgliedstaaten bleibt unangetastet

Für Angelegenheiten, die nicht von der vorgeschlagenen Richtlinie abgedeckt werden, wie z. B. steuerliche Behandlung, bleiben die in den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften für Vereine ohne Erwerbszweck (einzelstaatlich oder ECBA) unangetastet. Die Traditionen der Mitgliedstaaten in diesem Bereich werden gewahrt und bestehende Vereine werden nicht berührt.


Nächste Schritte

Der Vorschlag der Kommission ist Gegenstand des Ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens der EU und wird als nächstes vom Europäischen Parlament und im Rat beraten. Sobald das Gesetzgebungsverfahrens abgeschlossen ist, wird der endgültige Gesetzestext, auf den sich die beiden Ko-Gesetzgeber der EU, das Europäische Parlament und die im Rat versammelten Mitgliedstaaten geeinigt haben, im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Im Anschluss daran haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in innerstaatliches Recht umzusetzen.

Über den Stand des Legislativverfahrens informiert die Legislative Beobachtungsstelle des Europäischen Parlamentes