Was ist eigentlich Asbest?
Als Asbest werden verschiedene in Gesteinen vorkommende faserförmige kristallisierte Silikat-Minerale bezeichnet, die je nach Verarbeitung des Rohmaterials technisch verwendbare Fasern unterschiedlicher Länge ergeben und miteinander verwoben werden. Aufgrund der hohen Belastbarkeit, Feuer- und Hitzebeständigkeit (Schmelzpunkt bei 1.500° C) sowie der hohen Elastizität und Zugfestigkeit von Asbest, wurde die Naturfaser über viele Jahrzehnte in unterschiedlichen Industriesparten verwendet, z.B. in der Bauindustrie zur Wärmedämmung oder in der textilen Industrie zur Herstellung von hitzebeständiger Kleidung. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde festgestellt, dass die Verwendung von Asbest zu Asbestose und Lungenkrebs führen kann. Bei unsachgemäßem Umgang mit Asbest und bei Bearbeitung asbesthaltiger Materialien werden Asbestfasern freigesetzt, die beim Einatmen in die Alveolen der Lunge gelangen, aber von den Makrophagen nicht immer vollständig umschlossen und abtransportiert werden können. Das Risiko, in weiterer Folge an Lungenkrebs, Krebs des Bauch- und Rippenfells oder an Kehlkopfkrebs zu erkranken, wird dadurch und insbesondere auch bei Raucherinnen und Rauchern um ein Vielfaches erhöht. Im Jahr 2019 wurden innerhalb der EU mehr als 70.000 Todesfälle registriert, deren Ursache auf eine hohe Exposition am Arbeitsplatz mit Asbest zurückzuführen ist. Allerdings liegen zwischen Exposition und Erkrankung oft 30 Jahre.
Verbindung zur Strategie für eine Renovierungswelle in der EU
Es wird davon ausgegangen, dass in den älteren Gebäuden (ca. 220 Millionen) Asbest verbaut wurde und in Folge von Renovierungsarbeiten freigesetzt werden kann. Auf der Grundlage der
Strategie für eine Renovierungswelle, die Teil des Grünen Deals ist, soll bis 2030 die Quote energetischer Renovierungsmaßnahmen an Gebäuden verdoppelt werden. Im Zuge dieser Renovierungsarbeiten ist aber vor allem für Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter ein erhöhtes Risiko einer Exposition mit Asbest zu erwarten.
Eine Frage des Gesundheitsschutzes
Die Europäische Kommission hat daher Maßnahmen zur Einschränkung der Verwendung von Asbest getroffen. 1988 wurde die Verwendung von Asbest eingeschränkt und 1999 vollständig verboten. Seit 2005 ist innerhalb der EU auch die Herstellung sowie der Import von asbesthaltigen Produkten verboten. Eine wichtige Grundlage für den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bildet die Richtlinie
2009/148/EG über Asbest am Arbeitsplatz, mit Verpflichtungen für Arbeitgeber in Bezug auf Schutz, Planung und Unterweisung und einem strengeren Grenzwert im Umgang mit Asbestprodukten.
Kommissionsvorschlag für eine Novelle der Richtlinie
Um die Asbestexpositionen am Arbeitsplatz weiter zu verringern und die Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu erhöhen, war eine Überarbeitung der Richtlinie erforderlich. Von der Europäischen Kommission wurde daher – unter Berücksichtigung der Präventionsmaßnahmen des
europäischen Plans zur Krebsbekämpfung am
28. September 2022 ein umfassendes Konzept für einen besseren Schutz von Mensch und Umwelt vor Asbest vorgelegt:
- Mitteilung über den Weg hin zu einer asbestfreien Zukunft
- Vorschlag zur Änderung der Richtlinie über Asbest am Arbeitsplatz, verbunden mit einer Senkung des Grenzwertes für die Asbestexposition
Zustimmung des Europäischen Parlaments liegt vor
Am
3. Oktober 2023 hat das Europäische Parlament den mit dem Rat ausverhandelten Text zugestimmt und das Ko-Gesetzgebungsverfahren im Europäischen Parlament somit offiziell abgeschlossen.
Zuvor hatte der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) des Europäischen Parlaments am
7. September 2023 einer politischen Einigung mit dem Rat über den Vorschlag der Kommission grünes Licht gegeben.
Nächste Schritte
Nun wird noch der formelle Beschluss des
Rates benötigt. Sobald auch dieser vorliegt, wird die Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie tritt anschließend innerhalb der im endgültigen Richtlinientext genannten Frist in Kraft und muss in den Mitgliedstaaten in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.