Europäische Kommission schlägt Einführung eines digitalen Führerscheins vor

Die Sicherheit im Straßenverkehr konnte in den Ländern der Europäischen Union während der letzten 20 Jahren deutlich erhöht werden. Obwohl sich die Zahl der Verkehrstoten im Untersuchungszeitraum um 61,5% verringert hat, starben im Jahr 2021 immer noch ca. 19.800 Menschen als Folge von Verkehrsunfällen. 

Auf Grund dieser dennoch sehr hohen Zahl haben die für Transport und Verkehrssicherheit zuständigen Ministerinnen und Minister der EU-Mitgliedsstaaten bei einem Treffen in Valletta am 29.3.2017  die Europäische Kommission ersucht, einen rechtlichen Rahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zu schaffen, der dazu beitragen soll, die Zahl der Unfallopfer im Straßenverkehr weiter deutlich zu verringern. 

Aufbauend auf den Zielsetzungen der Strategie A Strategic Action Plan on Road Safety“ veröffentlichte die Europäische Kommission im Juni 2019 konkretere Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, bekräftigte ihre „Vision Zero“ und kündigte im Dezember 2020 in ihrer „Strategie für nachhaltige Mobilität“ eine Überarbeitung der Führerschein-Richtlinie an.

Der aktuelle Vorschlag der Europäischen Union zur Überarbeitung der bestehenden Rechtsvorschriften für den Erwerb eines Führerscheins beruht auf diesen Strategien und umfasst mehrere Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, einerseits die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen und andererseits auch Maßnahmen zur Ausgestaltung effizienter länderübergreifender Verfahren sowie einen Vorschlag für einen grenzüberschreitend gültigen elektronischen Führerschein.
  • Der grenzüberschreitende Führerschein soll am Mobiltelefon oder anderen digitalen Geräten zugänglich sein und in allen EU-Staaten gelten.
  • Die Ausstellung, Erneuerung, der Ersatz oder Umtausch eines Führerscheins wird online ermöglicht und vor allem für Personen die Anerkennung und Ausstellung eines EU-Führerscheins ohne den Nachweis zusätzlicher Prüfungen erleichtern, die ihren Führerschein in einem Land außerhalb der EU erworben haben. Die Verwaltungsverfahren sollen damit auch vereinfacht und die Nachverfolgung grenzüberschreitender Delikte im Straßenverkehr erleichtert werden, die bislang zu ca. 40% straflos bleiben.
  • Der digitale Führerschein soll darüber hinaus für Personen, die auf Grund eines Verkehrsdelikts mit Strafen oder dem Entzug ihres Führerscheins konfrontiert werden, einen grenzüberschreitend gültigen Rechtsschutz sicherstellen.
  • Konkrete Maßnahmen zum Entzug eines Führerscheins sind aber Gegenstand einer gesonderten Richtlinie, weil der Entzug auf Grundlage geltender Vorschriften in den Mitgliedstaaten nicht EU-weit durchgesetzt werden kann.

Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit sieht die Europäische Kommission einige Änderungen in Bezug auf die Ausstellung eines Führerscheins und Überprüfung der Fahrtauglichkeit vor.
  • Der Erwerb eines Führerscheins soll ab 17 Jahren möglich sein, aber das Fahren ohne Begleitung durch Erwachsene erst ab 18 Jahren (mit Ausnahme jener Länder, in denen das alleinige Fahren ab 17 Jahren erlaubt ist).
  • Die Führerscheinprüfung wird an die neue Mobilität und Sprachenvielfalt angepasst, wie z.B. durch eine risikobewusste Interaktion mit neuen Verkehrsteilnehmerinnen bzw. Verkehrsteilnehmern der E-Mobilität, Radfahrerinnen und Radfahrern und Fußgängerinnen und Fußgängern oder das Ablegen der Prüfung in einem EU-Land, dessen Sprache von der Führerscheinbewerberin bzw. vom Führerscheinwerber beherrscht wird.
  • Für Fahranfängerinnen bzw. Fahranfänger gilt vor allem während einer Probezeit von mindestens zwei Jahren eine Nulltoleranzgrenze in Bezug auf Alkohol am Steuer.
  • Die Überprüfung der Fahrtauglichkeit wird sich mehr auf Krankheitsbilder fokussieren und weniger auf eine Altersgrenze, die z.B. von 50 auf 70 Jahren angehoben wird, ab der in Mitgliedstaaten die Häufigkeit medizinischer Untersuchungen zur Überprüfung der Fahrtauglichkeit erhöht werden kann. Im Gegenzug dazu erfolgt eine stärkere Fokussierung bei der Überprüfung besonderer Gesundheitsprobleme, wie Drogenmissbrauch, psychiatrische Störungen, Epilepsie, Diabetes, Herzerkrankungen und Schlafapnoe.

Die Einführung eines digitalen Führerscheins erfordert noch eine Abstimmung nationaler Rechtsvorschriften, die Prüfung der Integration von Daten in IT-Systeme der Mitgliedstaaten und eine Einigung über die technischen Voraussetzungen. Die Mindestanforderungen eines digitalen Führerscheins werden später festgelegt, voraussichtlich 18 Monate nach Annahme dieser Richtlinie. Es ist vorgesehen, dass vier Jahre nach Annahme dieser Richtlinie der digitale Führerschein in allen Mitgliedstaaten standardmäßig ausgestellt wird, wobei aber beide Optionen weiterhin angeboten werden, der digitale Führerschein oder ein „physischer“ Führerschein (in Scheckkartenformat) oder beides.

Weitere Informationen sind der Webseite der Europäischen Kommission  oder dem Factsheet zu entnehmen.

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