Ausschuss der Regionen fordert: Alle EU-Programme müssen ländliche Regionen stärker mit einbeziehen

Schausberger: Ländlicher Raum ist Zukunftsraum. Wir müssen überall Perspektiven für junge Menschen am Land bieten.

Die Unterstützung der EU für die Wiederbelebung des ländlichen Raums, die Umsetzung der EU-Regionalpolitik, der Europäische Green Deal und die Konferenz über die Zukunft Europas, so können die wichtigsten Themen der Jänner-Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) am 26. und 27. Jänner 2022 kurz umrissen werden.
Für die zweitägige AdR-Plenartagung versammelten sich die Vertreterinnen und Vertreter der 280 Regionen in den 27 EU-Mitgliedstaaten. Mit Rücksicht auf die COVID-19-Infektionslage wurde die Plenartagung im Online-Format gehalten. Das Land Salzburg wurde von Landeshauptmann a.D. Franz Schausberger vertreten, der von Salzburg aus an der Plenartagung teilnahm.

Am 26. Jänner 2022 stand insbesondere die Debatte über die EU-Strategie für den ländlichen Raum bis 2040 im Zentrum. Mit der „Langfristigen Vision für den ländlichen Raum“ wird vielen in der Vergangenheit vom AdR aufgestellten Forderungen entsprochen, u. a. wird ein EU-Aktionsplan vorgelegt und für alle künftigen politischen und legislativen Initiativen der Europäischen Kommission eine Prüfung der Auswirkungen auf den ländlichen Raum durchgeführt. Die Europäische Kommission schlägt als Steuerungsmechanismus für die Verwirklichung der Vision für die ländlichen Gebiete der EU einen Pakt für den ländlichen Raum vor. Ins Leben gerufen wurde dieser Pakt im Dezember 2021 mit einem offenen Brief, in dem die Interessenträger zur Beteiligung an diesem Prozess aufgefordert wurden. Eine EU-weite Auftaktveranstaltung in Brüssel wird für Juni/Juli 2022 angekündigt.

Schausberger: Ländlicher Raum muss für Maßnahmen im Rahmen des EU-Aufbauplans nach COVID-19 stärker berücksichtigt werden

In Zuge der Debatte über die Zukunftsvision für den ländlichen Raum zeigten sich die AdR-Mitglieder einig, dass nicht nur die Wahrnehmung des ländlichen Raumes neu bewertet werden müsse. Wichtig sei auch eine stärkere Akzentuierung der EU-Maßnahmen und EU-Förderungen auf die Zukunftschancen im ländlichen Raum. Allgemein bedauert wurde, dass der Vorschlag der EU-Kommission für eine langfristige Strategie erst nach der Einigung über die EU-Förderperiode 2021-2027 vorgelegt worden sei, denn die finanzielle Unterfütterung des Aktionsplans für den ländlichen Raum sei so schwieriger umzusetzen. Dafür reiche es nicht, sich nur auf den EU-Agrarfonds und die Mittel aus den EU-Mitteln für ländliche Entwicklung zu stützen. Auch andere EU-Programme müssten hinzugezogen werden können.


Allgemein steigt das Bewusstsein für das Potenzial des ländlichen Raums

Franz Schausberger konstatierte: „Während der Corona-Pandemie ist der Stellenwert der ländlichen Regionen bei vielen Menschen gestiegen. Hatten wir es vor der Pandemie eindeutig mit dem bedauerlichen Phänomen der Landflucht zu tun, so kam es während der Pandemie teilweise geradezu zu einer Stadtflucht, vor allem in die ländlichen Gemeinden im Nahbereich der Metropolen. Durch die neuen Möglichkeiten des Homeoffice, durch das Wiederentdecken der eigenen ländlichen Regionen als Naherholungsgebiete und Tourismusziele in Zeiten der geschlossenen Grenzen, wegen der gesunden Umwelt und der biologischen Nahrungsmittel stieg die Attraktivität der ländlichen Gebiete enorm. Daraus müssen die richtigen Lehren für eine langfristige Vision gezogen werden. Das gilt vor allem für die Digitalisierung, für die Bereiche Gesundheit, Bildung, Kultur und Soziales und für die Verkehrsinfrastruktur. Das trifft auch die ländlichen Regionen der Beitrittsländer des Westbalkan, aus denen jährlich zigtausende junge Menschen in andere EU-Länder auswandern. Sie gehen einer demographischen Katastrophe entgegen. Sie rinnen aus.

Für die Bewältigung der COVID-19-Folgen in den ländlichen Regionen forderte Franz Schausberger eine angemessene Anwendung der EU-Mittel: „Zur Lösung all dieser Probleme müssen die Kohäsionspolitik der EU und der Europäische Corona-Aufbauplan NextGenerationEU in geeigneter Weise eingesetzt werden.


Wolfsmanagement EU-weit koordinieren

Auch das Thema Wolfsmanagement sei für den ländlichen Raum wichtig. Franz Schausberger zeigte sich zufrieden mit der Forderung des AdR nach einem gemeinsamen europäischen Management für Wölfe und große Raubtiere, denn es ermöglicht die Entwicklung bestimmter Raubtierpopulationen rascher anzupassen. „Dies entspricht einer alten Forderung Salzburgs. Es muss möglich sein, den Schutzstatus nach Land oder Region zu lockern oder zu verschärfen, wenn dies aufgrund einer positiven bzw. negativen Entwicklung der Populationen der geschützten Raubtiere und der Bedrohung der Weidewirtschaft auf den Almen gerechtfertigt ist, unterstreicht Franz Schausberger. Die Europäische Kommission wird daher aufgefordert, die europäischen Rechtsvorschriften an die Gegebenheiten vor Ort so anzupassen, dass die Raubtierpopulationen besser gesteuert werden können.


Regionen, Städte und Gemeinden sind Europas Demokratiemotoren

Die AdR-Mitglieder erörterten auch den Entwurf für eine Entschließung zur Rolle der lokalen und regionalen Ebene im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas, in dem die Notwendigkeit einer stärkeren Beteiligung und eines stärkeren Engagements der Bürgerinnen und Bürger in der EU-Politik durch eine stärkere Vertretung bei Wahlen auf allen Regierungsebenen, einschließlich der lokalen und regionalen Ebene, betont wird.
Der AdR empfiehlt, die Grundsätze der Multi-Level-Governance und der Partnerschaft auszuweiten und in die Rechts- und Verwaltungsvorschriften aller EU-Politiken mit regionalen oder lokalen Auswirkungen aufzunehmen.
Die EU-Bürgerdialoge auf der lokalen und regionalen Ebene sollten auch künftig angeboten werden, um so direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt zu treten und zu EU-Themen anzuhören.
In der Entschließung wird weiters gefordert, dass der AdR aufgewertet wird. Derzeit wird das EU-Gremium der Regionen, Städte und Gemeinden in beratender Funktion für EU-Gesetzgebungsverfahren angehört. In der Entschließung sprechen sich die AdR-Mitglieder für eine Aufwertung des AdR hin zu einem mitentscheidenden Organ der Europäischen Union aus, und zwar in jenen Politikbereichen, die mit besonderen Auswirkungen auf Regionen, Städte und Gemeinden einhergehen. 
Landeshauptmann a.D. Franz Schausberger vertritt Salzburg bei der 148. AdR-Plenartagung am 26. und 27. Jänner 2022.© Institut der Regionen Europas

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