Arbeitsprogramm der EU-Kommission 2021 setzt strategische Ziele der EU um

Bewältigung der Folgen von COVID-19 und des Klimawandels stehen im Mittelpunkt

© EU/ Europäische Kommmission
Am 19. Oktober 2020 hat die Europäische Kommission (EK) ihr Arbeitsprogramm für 2021 vorgestellt. Mit ihrer Mitteilung Eine vitale Union in einer fragilen Welt richtet sich die EK an das Europäische Parlament (EP), den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen und tritt mit den EU-Ko-Gesetzgebern so in den formalen Dialog über das Arbeitsprogramm der EU-Institutionen für das Jahr 2021.

Im Anhang 1 zum Arbeitsprogramm 2021 werden 44 neue Initiativen und 86 für die Umsetzung der Initiativen bestimmte spezifische Maßnahmen – darunter 59 Maßnahmen legislativer Natur und 27 Maßnahmen nicht-legislativer Natur - genannt. Im Anhang 2 schlägt die EK vor,  41 Dossiers zu vereinfachen, mit dem Ziel, bestehende Rechtsvorschriften zu verbessern und die Zweckmäßigkeit der EU-Gesetzgebung zu wahren (REFIT). Der Anhang 3 enthält insgesamt 50 vorrangige anhängige Vorschläge. In Anhang 4 gibt die EK insgesamt 14 Maßnahmenvorschläge bekannt, die sie in den kommenden sechs Monaten plant zurückzuziehen; vor einer effektiven Rücknahme wird die EK allerdings noch das Europäische Parlament und den Rat konsultieren.

Auf der Grundlage des nun vorliegenden Arbeitsprogramms verfassen die Kommission, das Europäische Parlament und der Rat in den kommenden Wochen eine gemeinsame Erklärung zu den gesetzgeberischen Prioritäten der EU, um 2021 richtungsweisende Schritte bei der Bewältigung der Folgen von COVID-19 und des Klimawandels zu setzen.
Initiativen für konkrete Umsetzungsmaßnahmen kündigt die Kommission insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Klimawandel und Energie, Digitaler Wandel, Außenbeziehungen, Stärkung der Finanzierung des EU-Haushaltes sowie Migration und Integration an.


Gesundheit

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie kündigt die EU-Kommission für 2021 Vorschläge für die Schaffung einer EU-Gesundheitsunion an. Die Kommission mahnt, dass das EU-Gesundheitsprogramm 2021-2027 EU4Health eine ausreichende Mittelausstattung erhalten sollte.

Die EU-Gesundheitsagenturen EMA (EU-Arzneimittelagentur) und ECDC (Europäisches Zentrum zur Prävention und Kontrolle übertragbarer Krankheiten) sollen nach den Vorstellungen der EK mehr Kompetenzen erhalten und dafür personell gestärkt werden.

Weiters will die EK 2021 die Errichtung einer Agentur für Biomedizin vorschlagen, um gemeinsam besser auf künftige grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohungen reagieren zu können und die ausreichende Versorgung mit medizinischen Gütern sicherzustellen.

Generell regt die EK zusätzliche Kompetenzen der EU im Gesundheitsbereich an. Die Frage der dafür notwendigen Abwägung der Kompetenzverteilung soll im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas behandelt werden.

Wirtschaft und Beschäftigung

Die Europäische Kommission spricht sich für „Arbeiten in Würde" aus, d. h. für Beschäftigungsverhältnisse, die es ermöglichen, den Lebensunterhalt sicherzustellen. Dies könne durch Tarifpartner sichergestellt werden oder – wo dies nicht möglich ist – mithilfe eines Mindestlohns: Die Kommission lanciert daher eine EU-Initiative für Mindestlöhne.

Durch COVID-19 bedingt schwächelt die Konjunktur nach wie vor: Die EK spricht sich daher dafür aus, die finanziellen Stützungsmaßnahmen und Steuererleichterungen am EU-Binnenmarkt vorläufig weiterzuführen.

Binnenmarkt und Schengenraum: Die EK unterstreicht, dass die Märkte in Europa eng miteinander verwoben sind. Der EU-Binnenmarkt ist chancenreich, für Konsumentinnen und Konsumenten wie für Unternehmen. Der gemeinsame Binnenmarkt ist für die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft ebenso wichtig wie für Freiheit und für Stabilität in Europa. Die noch vorhandenen Hemmnisse am Binnenmarkt und die neu errichteten Hindernisse im Schengenraum sollen ebenfalls abgebaut werden.

Industriestrategie: Die Europäische Kommission hat zwar erst kürzlich (im März 2020) eine Industriestrategie vorgelegt, diese wurde jedoch vor COVID-19 erstellt. Die darin geschilderten Vorhaben werden nun beschleunigt in Angriff genommen. In der ersten Hälfte 2021 will die EK die Strategie aktualisieren und an die neuen Gegebenheiten nach Corona anpassen.

Ländliche Gebiete: Die Vorarbeiten für eine langfristige Vision für den ländlichen Raum haben begonnen. Die öffentliche Konsultation dazu läuft noch bis 30. November 2020 (vgl. EU-Flash Nr. 139).


Klimawandel und Energie

Der Grüne Deal ist das Drehbuch für den Umgang mit dem Klimawandel. Den Status quo fortzuführen ist angesichts der bereits spürbaren Folgen laut Einschätzungen der Kommission keine Option, somit müsse der Wandel jetzt in Angriff genommen werden: Anhebung des Ziels der Treibhausgasreduktion auf mindestens 55 %. Im globalen Kontext übernimmt die EU eine Vorreiterrolle für das Ziel, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Da die globalen Partner noch nicht so weit sind, soll ein CO2-Grenzmechanismus (der als neue Quelle für Eigenmittel der EU diskutiert wird) eingeführt werden. Regionen in der EU, die durch den Grünen Deal mit einem verstärkten Strukturwandel konfrontiert werden, werden bei ihren Bestrebungen mit dem Just Transition Fund unterstützt.
  • Überprüfung aller EU-Vorschriften in den Bereichen Klima und Energie;
  • Gebäudebestand-Renovierung: 40 % der Emissionen kommen von Gebäuden. Der Bausektor kann jedoch zu einem CO2-Speicher umgewandelt werden, wenn der Baustoff Holz und Künstliche Intelligenz verstärkt zum Einsatz kommen (vgl. EU-Flash Nr. 138).
  • Ein Europäisches Bauhaus soll etabliert werden. Dem – durch COVID-19 ausgelösten - „systemischen" Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft soll eine eigene Ästhetik verliehen werden.

Digitaler Wandel

Die Beschleunigung des Digitalen Wandels hat mit COVID-19 einen deutlichen Schub erhalten. Für den Digitalen Wandel sollen Ziele bis 2030 formuliert werden. Dafür werden klare Prinzipien benötigt (darunter freier Datenfluss, freie Meinungsäußerung, Cybersicherheit).

Industriedaten: Hier ist Europa derzeit in Führung. Diese Daten sind besonders wertvoll für die Entwicklung neuer Dienstleistungen und neuer Güter. Der Großteil dieser Daten wird jedoch derzeit nicht genutzt.
Es werden gemeinsame Datenräume z. B. im Energie- und Gesundheitswesen gebraucht, die eine Kooperation zugunsten der Innovation in diesem Bereich ermöglichen.
Im Rahmen von NextGenerationEU soll eine europäische Cloud – auf der Grundlage von GAIA-X-Infrastruktur – aufgebaut werden.

Regeln: Algorithmen dürfen keine Blackbox sein. Die EK will dazu 2021 einen Regulierungsvorschlag für Algorithmen vorlegen, so dass auch persönliche Daten geschützt werden. Die EK will zudem eine sichere europäische digitale Identität (eID) vorschlagen.

Infrastruktur: Ein „Europa derselben Startchancen" bedeutet, dass es nicht länger sein kann, dass 40 % der Menschen in ländlichen Gebieten keine Anbindung ans schnelle Internet haben. Die flächendeckende Anbindung des ländlichen Raums ans schnelle Internet bietet große Chancen für die Revitalisierung der ländlichen Räume, die so Menschen und Investitionen anziehen können. Hier bietet der Investitionsschub durch NextGenerationEU eine einmalige Chance, um den Ausbau des schnellen Internets „bis in letzte Dorf" voranzutreiben (5G, 6G und Glasfaser).

Außenbeziehungen

COVID-19-Impfstoff. Die EU hat erfolgreich eine Allianz mit über 40 Staaten gebildet, die die Forschung für einen Impfstoff finanziell unterstützen.

USA und Großbritannien: Die Kommission steht bereit, eine neue transatlantische Agenda zu erarbeiten (USA). Desgleichen, um die Beziehungen auf beiden Seiten des Ärmelkanals (erneut) zu stärken (Brexit).

Westbalkan: Die Zukunft der ganzen Region liegt in der EU. Die Kommission wird ein „Economic Recovery Programme" für den Westbalkan vorlegen.

Eigenmittel/EU-Haushalt

Für 2021 kündigt die Europäische Kommission Vorschläge für eine gemeinsame Digitalsteuer und für einen CO2-Grenzmechanismus an. Diese gemeinsamen Einnahmen könnten künftig dem EU-Haushalt zugutekommen und diesen für die Bewältigung der COVID-19-Folgen stärken.

Migration/Integration

Am 23. September 2020 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für ein neues Migrations- und Asylpaket vorgelegt. 2021 sollen hierfür Folgemaßnahmen vorgeschlagen werden. Für 2021 kündigt die Kommission zudem eine Initiative an, mit der die Verbrechensliste der EU um alle Formen von durch Hass motivierte Straftaten und Hetze erweitert werden soll, weiters kündigt die EK eine Strategie zum Ausbau der LGTBQI-Rechte in der EU an.

vorheriger Artikel/nächster Artikel

Impressum - Europa Spezial abonnieren- Europa-Seiten des Landes