Brexit: Am 1. Jänner 2021 verlässt das Vereinigte Königreich den EU-Binnenmarkt

EU-Kommission informiert über Auswirkungen auf Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft.

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Am 9. Juli 2020 hat die Europäische Kommission eine Mitteilung vorgelegt, die sich mit dem Auslaufen der Brexit-Übergangs-periode zum 31. Dezember 2020 befasst.

Die 34 Seiten umfassende Mitteilung der Europäischen Kommission befasst sich mit den notwendigen Vorbereitungen in allen Bereichen von Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft. Sie wendet sich sowohl an Ämter und Behörden wie an betroffene Unternehmen und Einzelpersonen.

Beleuchtet werden darin die zum 1. Jänner 2021 notwendig werdenden Umstellungsmaßnahmen z. B. im Umgang mit Geschäftspartnern in Großbritannien und Nordirland. Die Änderungen betreffen dabei nicht nur die Zollvorschriften für den Import und Export von Waren und Gütern, sondern z. B. auch einzuhaltende Vorschriften für Herkunftsbezeichnungen sowie für Zulassungs- und Kennzeichnungsvorschriften.


Die Europäische Kommission weist darauf hin, dass ab 1. Jänner 2021 für diese (und andere Bereiche) zwei unterschiedliche Rechtssysteme (Vereinigtes Königreich und Binnenmarkt der Europäischen Union) beachtet werden müssen, da mit dem Auslaufen der Übergangsfrist (und bei einem fehlenden umfassenden bilateralen Handelsabkommen der EU  mit dem Vereinigten Königreich) die bisher geltenden gemeinsamen Standards nicht länger zum Zuge kommen.


Erfasst werden von den Vorbereitungsmaßnahmen auch der Dienstleistungssektor, betroffen sind insbesondere Finanzdienstleister, Dienstleister im Bereich Audio-visuelles und Verkehrs- bzw. Transportanbieter. Für alle Beteiligten gilt es, dass ab 1. Jänner 2021 eine neue Rechtslage im Handel mit Partnern in Großbritannien und Nordirland zu beachten ist.


Neue Reisebestimmungen gelten ab 1. Jänner 2021

Für die Dauer der Brexit-Übergangsperiode gelten für Staatsbürgerinnen und Staatsbürger des Vereinigten Königreichs die Reisebestimmungen für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger. Mit dem Auslaufen der Brexit-Übergangsperiode gelten dann ab 1. Jänner 2021 die Bestimmungen für Angehörige von Nicht-EU-Ländern (so genannten „Drittstaaten"). Das hat Auswirkungen auf die Visumpflicht, auf die Mitnahme von Haustieren, auf den Geltungsbereich von Führerscheinen (die gegenseitige Anerkennung erlischt), auf das Roaming für Mobilfunkanbieter (d. h. der Konsumentenschutz für den EU-Binnenmarkt für Mobilfunk gilt dann nicht länger für das Vereinigte Königreich), auf Fahrgastrechte (Schiene, Straße, Luft, Wasser) und auf Vorschriften für Barrierefreiheit für Passagiere (z. B. für Menschen mit Behinderungen). Diese Änderungen haben gleichermaßen Auswirkungen auf Reisende wie auf Reiseanbieter.


Änderungen bei Freizügigkeit und Sozialversicherungsrechten

Für die Dauer der Übergangsperiode werden die am EU-Binnenmarkt sichergestellte Freizügigkeit von Personen und die Übertragbarkeit von Sozialversicherungsrechten, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnsitzland im Laufe des Erwerbslebens erworben wurden, garantiert. Diese Kooperation wird auch nach dem Auslaufen der Brexit-Übergangsperiode zum 31. Dezember 2020 fortgeführt, ist jedoch an die (rechtzeitige) Beantragung des Status „settled" bzw. „pre-settled" für Unionsbürger, die im Vereinigten Königreich leben, gebunden.

Eine wichtige Änderung für Grenzgänger, die auf beiden Seiten des Ärmelkanals leben bzw. arbeiten, wird sein, dass die bisher für sie geltende Zusammenarbeit im Zuge der Koordination der Sozialversicherungssysteme der Mitgliedstaaten der Europäischen Union am 31. Dezember 2020 endet. Die künftigen Regelungen sind Gegenstand der Vertragsverhandlungen der Europäischen Union mit dem Vereinigten Königreich über die Gestaltung der bilateralen Beziehungen nach dem Auslaufen der Übergangsfrist am 31. Dezember 2020, deren Ausgang nach wie vor offen ist.


Auswirkungen auf den Geschäftssitz von Unternehmen und auf die Regelungen für die Gerichtszuständigkeit

Mit dem Auslaufen der Übergangsperiode endet auch die Teilnahme des Vereinigten Königreichs am EU-Binnenmarkt. Damit treten ab 1. Jänner 2021 für Unternehmen eine Reihe wichtiger Änderungen (z. B. im Hinblick auf den Geschäftssitz und die Frage der Gerichtszuständigkeit) in Kraft. Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich gelten dann als Unternehmen in einem Drittstaat (ggf. ohne EU-Handelsabkommen). Die dafür geltenden Vorschriften fallen in die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und können daher von Land zu Land variieren. Für Unternehmen wichtig sind auch die Änderungen bei Fragen der Gerichtszuständigkeit, da die gegenseitige Anerkennung von Gerichtsverfahren mit dem Auslaufen der Brexit-Übergangsperiode ebenfalls endet. Die Europäische Kommission rät Unternehmen, die Verträge mit Geschäftspartnern im Vereinigten Königreich schließen, daher dazu, eine entsprechende juristische Einschätzung notwendiger Vertragsklauseln nach internationalem Recht ins Auge zu fassen. Ein Ende der juristischen Zusammenarbeit geht auch einher mit einer potenziellen Verzögerung bei der Durchsetzung von Rechten im Streitfall bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen.


Änderungen im Urheberrecht und beim Datenschutz

Sobald das Vereinigte Königreich den EU-Binnenmarkt zum 31. Dezember 2020 endgültig verlässt, ergeben sich auch zahlreiche Änderungen im Urheberrecht und beim Datenschutz. Unternehmen, die davon betroffen sind, und die Geschäftspartner im Vereinigten Königreich haben, ruft die Europäische Kommission dazu auf, ihre Geschäftsvereinbarungen daraufhin rechtzeitig zu überprüfen.

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