Crowdfunding in der EU wird erleichtert

FinTech-Aktionsplan: neue EU-Vorschriften zur Förderung von Crowdfunding vereinbart

Am 19. Dezember 2019 haben die beiden EU-Kogesetzgeber, Rat und Europäisches Parlament, eine Einigung über den Vorschlag der Europäischen Kommission für die Stärkung von Crowdfunding in der EU erzielt. Mit dem FinTech-Aktionsplan sollen die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit des europäischen Finanzsektors durch die optimale Nutzung neuer Finanztechnologien („FinTech“) verbessert werden.

© Europäische Union / EK
Generell ist Crowdfunding ein Instrument zur Kapitalbeschaffung über Internetplattformen. Start-Ups oder expandierende Unternehmen haben auf spezialisierten Websites die Möglichkeit, ihre Produkte oder Projekte vorzustellen und zu deren Finanzierung Gelder einzuwerben. Anders als bei herkömmlicher Finanzierung riskiert beim Crowdfunding nicht ein einzelner Investor eine große Summe, sondern das gesammelte Kapital setzt sich aus zahlreichen kleinen Summen zusammen, die von den Mitgliedern der „Crowd“ in eine Idee investiert wurden.
Crowdfunding“ wird als Überbegriff für zahlreiche unterschiedliche Online-Finanzierungsmodelle benützt. Zumeist wird zwischen vier Grundformen des Crowdfundings unterschieden: Donation-Based Crowdfunding, Rewards-Based Crowdfunding, Peer-to-Peer-Lending und Equity-Based Crowdfunding:
  • Donation-Based Crowdfunding wird häufig dazu verwendet, Projekte aus der Kunst- und Kulturszene zu finanzieren. Dabei gilt dasselbe Prinzip wie bei Spenden: Einzelpersonen investieren kleinere Beträge und erhalten dafür zumeist keine oder nur eine geringe Gegenleistung.
  • Anders ist dies beim Rewards-Based Crowdfunding. In diesem Fall erhalten die Geldgeberinnen und Geldgeber für ihren investierten Betrag eine nicht-finanzielle Gegenleistung. Bei der Finanzierung von neuen Produkten kann das beispielsweise ein Vorverkaufsrecht oder ein Exemplar des Produkts sein. Meistens ist die „Belohnung“ bei dieser Form des Crowdfundings von der Höhe des investierten Betrags abhängig.
  • Peer-to-Peer-Lending bedeutet, dass die einzelnen Investoren aus der „Crowd“ ihr Geld mit Zinsen wieder zurückerhalten. Auf den meisten Plattformen gilt allerdings ein „Alles-oder-Nichts“-Prinzip. Das heißt, dass das gesammelte Geld nur dann ausgezahlt wird, wenn das Finanzierungsziel des Projekts erreicht oder sogar überschritten wird. Ansonsten erhalten die einzelnen Investorinnen und Investoren ihr Geld ohne Zinsen wieder zurück.
  • Eine weitere wichtige Art der Finanzierung über eine Online-Community ist Equity-Based Crowdfunding. Dabei erwerben die Mitglieder der „Crowd“ mit ihrer Investition eine Beteiligung am Unternehmen. Diese Finanzierungsform ähnelt der Aufnahme von Risikokapital oder dem Kauf oder Verkauf von Stammaktien.
Auch in Österreich gewinnt Crowdfunding zunehmend an Popularität: Seit September 2015 sind Peer-to-Peer-Lending und Equity-Based-Crowdfunding durch das Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) geregelt, was eine breitere Etablierung dieser Finanzierungsinstrumente ermöglichte.
Laut WKÖ erreichte das österreichische Crowdinvesting-Volumen im Jahr 2016 bereits 22,8 Mio. EUR und hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr 2015 mehr als verdoppelt. Um dem großen Potenzial derartiger Finanzierungsformen gerecht zu werden, erfolgte im August 2018 eine Novellierung des AltFG.

Mit der nun erzielten Einigung über den Vorschlag der Kommission wird eine Harmonisierung des Rechtsrahmens für Crowdfunding am EU-Binnenmarkt ermöglicht. Durch die Einführung einer in der gesamten EU gültigen Zulassung für Crowdfunding-Anbieter sollen künftig grenzüberschreitende Operationen der Plattformen erleichtert werden. Darüber hinaus ist eine Verstärkung des Anlegerschutzes geplant. Diese Maßnahmen ermöglichen europäischen Unternehmen und Start-ups, künftig mit Investorinnen und Investoren aus ganz Europa über Crowdfunding-Plattformen in Kontakt zu treten.
Konkret geht es dabei um Angebote bis zu 5 Mio EUR über einen Zeitraum von 12 Monaten pro Projektinhaber. Um damit auch kleinen UnternehmerInnen und Start-ups die Möglichkeit einer Crowdfinanzierung zu bieten, wurden die auf den Kapitalmärkten frei übertragbaren Anteile bestimmter privater Gesellschaften mit beschränkter Haftung in den Geltungsbereich der Rechtsvorschriften aufgenommen.

Die politische Einigung zwischen Europäischem Parlament und Rat muss nun noch von den beiden EU-Kogesetzgebern formell beschlossen werden. Anschließend wird die Verordnung in ihrer endgültigen Fassung im Amtsblatt der EU veröffentlicht und kann EU-weit in Kraft treten.

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