Brexit: Ratifizierungsverfahren erfordert Zustimmung des Europäi-schen Parlaments

Europäisches Parlament stimmt am 29. Jänner 2020 ab

EU-Parlament erreicht Zugeständnisse für die Wahrung der Bürgerrechte.
Brexit-Übergangsphase von 1. Februar bis 31. Dezember 2020 geplant.

Am 29. Jänner 2020 steht das Ratifizierungsverfahren für den Austritt des Vereinigten Königreichs (Brexit) auf der Tagesordnung des Europäischen Parlaments (EP).
Damit das Austrittsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich am 1. Februar 2020 in Kraft treten kann, muss es vom Europäischen Parlament vor dem 31. Jänner 2020 mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gebilligt werden (Artikel 50 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union).  In den vergangenen Wochen wurde dafür von allen beteiligten Institutionen intensive Vorarbeit geleistet.
  • So befasste sich das Europäische Parlament (EP) am 14. Jänner 2020 mit den Problemen, von denen sowohl EU-Bürgerinnen und EU-Bürger mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich als auch britische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der EU im Falle eines Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU betroffen sein könnten.
  • Am 15. Jänner 2020 verabschiedete das Europäische Parlament dann eine Entschließung, in der hervorgehoben wird, dass das Austrittsabkommen faire und ausgewogene Bestimmungen zum Schutz der Bürgerrechte während und nach der Übergangszeit enthält. Das Europäische Parlament fordert darin eine gründliche Umsetzung der Bestimmungen des Brexit-Abkommens. Dies ist nach Auffassung der EU-Abgeordneten von wesentlicher Bedeutung, um für vom Brexit betroffene Personen und ihre Familien den Schutz von erworbenen Rechten (u.a. Sozialversicherungsrechte) auch nach einem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs auf lange Sicht zu gewähren.
  • Am 23. Jänner 2020 tagte der EP-Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO) zum Stand des Brexit-Verfahrens und sprach für die EU-Abgeordneten die Empfehlung aus, das Austrittsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich anzunehmen. Mit dem Abkommen wird der Austritt Großbritanniens nach 47 Jahren Mitgliedschaft (Beitritt am 1. Jänner 1973) in einer geregelten Form und mit Übergangsbestimmungen für die Beziehungen der EU mit dem  Vereinigten Königreich in der Zeit bis zum 31. Dezember 2020 ermöglicht.
  • Vorbedingung für die Empfehlung des AFCO-Ausschusses im EP war, dass der Ratifizierungsprozess im Vereinigten Königreich in den Tagen zuvor abgeschlossen werden musste. Dafür wurden im Vereinigten Königreich zunächst die Zustimmungen von Unterhaus (House of Commons) und Oberhaus (House of Lords) eingeholt; abgeschlossen wurde das Ratifizierungsverfahren im Vereinigten Königreich schließlich am Vortag der AFCO-Sitzung im EP durch die Erteilung der Zustimmung der Queen (Queen's Consent) am 22. Jänner 2020.


EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen regt Verlängerung der Übergangsphase an

Sobald die Zustimmung des Europäischen Parlaments vorliegt, wird das Ratifizierungsverfahren auf EU-Seite vom Rat formell bestätigt. Im Anschluss kann das Brexit-Abkommen in Kraft treten. Damit gilt auf britischer und auf EU-Seite ab dem 1. Februar 2020 eine so genannte „Übergangsphase“ für die Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Die Übergangsphase läuft bis 31. Dezember 2020 und sieht vor, dass der neue Drittstaat, d.i. das Vereinigte Königreich, bis 31. Dezember 2020 wie ein EU-Mitgliedstaat behandelt wird.

Die Übergangsphase bietet der EU und dem Vereinigten Königreich eine Zeitreserve, um über die nun notwendig werdenden Drittstaatenabkommen zu verhandeln: So müssen die EU und das Vereinigte Königreich beispielsweise ein EU-Außenhandelsabkommen aushandeln; regelungsbedürftig sind aber auch Mechanismen für die Wahrung von Sozialversicherungsansprüchen (wie z.B. Pensionsansprüche) für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger und für britische Staatsangehörige, die im EU-Ausland erwerbstätig waren bzw. sind.

Da ansonsten unsicher sei, dass jeder Aspekt der künftigen Partnerschaft zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ausreichend vereinbart werden könne, sprach sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 8. Jänner 2020 für eine Verlängerung der „Übergangsphase“ über den 31. Dezember 2020 hinaus aus. Weiters hat die Europäische Kommission angekündigt, dass das Kommissionskollegium von EK-Präsidentin von Leyen am 3. Februar 2020 einen umfassenden Entwurf der Verhandlungsrichtlinien formell annehmen wird. Dieses Verhandlungsmandat über die künftigen Beziehungen der EU27 mit dem Vereinigten Königreich wird anschließend im Rahmen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ gebilligt. Sobald das Mandat durch die im Rat versammelten EU-Mitgliedstaaten beschlossen wurde, werden von der Europäischen Kommission förmliche Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich eingeleitet.




Änderungen im EU-Parlament

Die institutionellen Vorbereitungen für die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU laufen bereits. Die Vorkehrungen für die geänderte Zusammensetzung des Europäischen Parlaments ab 1. Februar 2020 wurden bereits getroffen. So wird die Zahl der EU-Parlamentarierinnen und EU-Parlamentarier nach dem Brexit von derzeit 751 auf 705 sinken. Von den derzeit 73 britischen Sitzen werden 27 auf andere Länder – darunter Österreich – aufgeteilt und 46 für künftige EU-Erweiterungen in Reserve gehalten. Mit Vollzug des Brexits am 31. Jänner 2020 erhält Österreich daher ab 1. Februar 2020 einen weiteren Sitz im Europäischen Parlament und ist damit künftig mit 19 Abgeordneten (derzeit 18) im EP vertreten (vgl. auch Europa Spezial Nr. 12).


Brexit-Informationen auf den Europa-Seiten des Landes

Die Brexit-Informationen auf den Europa-Seiten des Landes bieten einen Überblick darüber, wie sich der Austritt auf das alltägliche Leben und die Unternehmen auswirkt und wo man sich bei Spezialfragen informieren kann, s.a. Salzburger Landeskorrespondenz vom 27. Jänner 2020.