Helfen die künftigen EU-Regelungen Europas Milchbauern?

„Milchgipfel“ in Brüssel beleuchtet neue EU-Vorschriften gegen unlautere Handelspraktiken

Helfen die neuen EU-Regelungen Europas Milchlandwirtinnen und -landwirten? So lautete die zentrale Frage eines EU-weiten „Milchgipfels" am 21. Februar 2019 in Brüssel.
Geprüft wurde die Frage, inwieweit die im Dezember 2018 gegen Ende der österreichischen Ratspräsidentschaft erzielte politische Einigung über eine künftige EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken am EU-Binnenmarkt für Lebensmittel Europas Milchbauern hilft.
Mit der künftigen EU-Richtlinie sollen die Verhandlungspositionen von Landwirten und der kleinen und mittleren Lebensmittelunternehmen gegenüber ihren Geschäftspartnern in der Lebenmittelversorgungskette gestärkt werden. Im Hinblick auf die neue EU-Regelung gegen unlautere Handelspraktiken am EU-Lebensmittelmarkt hatte der Verband der deutschen Milchindustrie (MIV) am 21. Februar 2019 zu einem EU-weiten Milchgipfel in die Vertretung des deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union eingeladen.
Zufrieden mit den künftigen EU-Regelungen gegen unlautere Handelspraktiken für die Milchbauern äußerte sich der Deutsche Bauernverband. Rudolf Mögele, stv. Generaldirektor der Generaldirektion Landwirtschaft in der Europäischen Kommission, wertete das künftige Regelwerk als „innovativ". Man komme damit weg von der einseitigen Fixierung auf Beihilfen; am EU-Binnenmarkt werde eine „Mindestharmonisierung" erreicht. Der derzeitige Flickenteppich, bei dem es einerseits Mitgliedstaaten gebe, die keine Regelungen zu unerlaubten Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette hätten, und andererseits Mitgliedstaaten (darunter Österreich), die bereits jetzt in diesem Bereich strengere Vorgaben machten, werde damit überwunden. In der Debatte wurde deutlich, dass die meisten EU-Mitgliedstaaten zwar bereits ähnliche nationale Regelungen wie Österreich haben, es bei der Durchsetzung der Vorschriften jedoch noch Nachbesserungsbedarf gibt.
Mit der künftigen UTP-Richtlinie soll in der Lebensmittelkette EU-weit für Wettbewerbsgleichheit gesorgt werden.
Gelobt wurden unter anderem die künftigen „Durchsetzungsmechanismen", mit denen schwächere Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer in die Lage versetzt werden, ihre Interessen ausreichend zu schützen. Für die Durchsetzung der neuen Vorschriften müssen die EU-Mitgliedstaaten eine zuständige Behörde benennen (Österreich: Bundeswettbewerbsbehörde).
Während sich die Interessenvertretung der Milchlandwirtinnen und -landwirte mit der neuen EU-Richtlinie relativ zufrieden zeigten, äußerten Vertreter des Großhandels am EU-Binnenmarkt an der bevorstehenden EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktikten deutliche Kritik, denn die neue EU-Richtlinie belaste ihrer Einschätzung nach einseitig den Handel. Besorgnisse, dass sich die Richtlinie gegen den Einzelhandel richtet, wurden seitens der Kommission jedoch verneint. Vielmehr solle es mit der neuen UTP-Regelung auf EU-Ebene Milchbetrieben ermöglicht werden, 1 bis 2 Cent pro Liter Milch mehr zu verdienen.
Die derzeit praktizierten unlauteren Handelspraktiken wurden von der EU-Kommission verurteilt. Sie hätten die landwirtschaftlichen Betriebe viel Geld gekostet. Die UTP-Richtlinie werde hier Abhilfe schaffen. Die Vertreter der Milchlandwirtinnen und -landwirte begrüßten die künftige UTP-Regelung. Speziell in Ländern, die bisher über keine Regelungen gegen die Ausnutzung der Marktstellung verfügen, sei sie ein Schritt hin zu mehr Fairness.
Die Interessenvertretung der Milchbauern setzte sich zudem für eine Kontinuität der EU-Unterstützung für Milchviehbetriebe ein. Diese unterliegen am EU-Binnenmarkt kostenintensiven Anforderungen. Das Geld für die Erwirtschaftung dieser Kosten könne am EU-Binnenmarkt nicht ohne weiteres erwirtschaftet werden.
Die formelle Verabschiedung der neuen EU-Richtlinie wird für Mitte März 2019 erwartet. Die UTP-Richtlinie wird dann im Amtsblatt der EU veröffentlicht und muss im Anschluss daran innhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden.
Anwendungsbereich: Nach der Umsetzung in nationales Recht wird die Richtlinie bestimmte unlautere Handelspraktiken im Zusammenhang mit dem Verkauf von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen und – bis zu einem gewissen Grad – von Dienstleistungen in der Agrar- und Lebensmittelkette abdecken. Geschützt werden Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 350 Mio. EUR. Um diesen Schutz zu erweitern, wird die Richtlinie sowohl für in der Union niedergelassene als auch für in Drittländern niedergelassene Käufer gelten.
Liste unlauterer Handelspraktiken: Die unlauteren Handelspraktiken, die vollständig verboten werden, sind z. B. verspätete Zahlungen für verderbliche Erzeugnisse, kurzfristige Stornierungen von Bestellungen, einseitige oder rückwirkende Änderungen von Lieferverträgen, der Missbrauch vertraulicher Informationen und Vergeltungsmaßnahmen gegen Lieferanten oder deren Androhung.
Die Mitgliedstaaten haben nach Inkrafttreten der Richtlinie 24 Monate Zeit, um sie in nationales Recht umzusetzen, und sechs weitere Monate, um ihre Bestimmungen anzuwenden.
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