Im Fokus: Reformdebatte zur EU-Landwirtschaftspolitik ab 2021

Milchgipfel in Brüssel: Auswirkungen des Brexits auf Europas Milchbauern erwartet

Die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist für den bulgarischen Ratsvorsitz in der ersten Jahreshälfte 2018 das wichtigste Thema in der Ratsarbeitsgruppe für Landwirtschaft und Fischerei. Die 27 EU-Landwirtschaftsministerinnen und -minister werden dafür im Juni 2018 zu einer informellen Tagung in Bulgariens Hauptstadt Sofia zusammenkommen, um darüber zu beraten, wie die EU-Landwirtschaftspolitik GAP für die nächste EU-Förderperiode, die am 1. Jänner 2021 starten wird, modernisiert und vereinfacht werden kann. Für ihre Debatte werden sich die Ressortschefs aus den 27 EU-Mitgliedstaaten auf die Mitteilung der Kommission „Ernährung und Landwirtschaft der Zukunft" (KOM(2017) 713) stützen. Darin stellt die EK fest, dass Europas Landwirte nicht nur in der Lebensmittelerzeugung weltweit führend sind, sondern dass sie auch „die wichtigsten Manager der natürlich Umwelt", da sie auf 48 % (und Forstwirte auf weiteren 36 %) der Flächen in der EU die natürlichen Ressourcen Boden, Wasser, Luft und Artenvielfalt schützen. Die Reichweite der GAP veranschaulicht die EK in ihrer Mitteilung von Ende 2017 daran, dass in den ländlichen Gebieten Europas insgesamt 55 % der Bürgerinnen und Bürger der EU leben. Diese Gebiete sind eine wichtige Grundlage für Beschäftigung, Erholung und Fremdenverkehr.

Dass die EU-Landwirtschaftspolitik in der Bevölkerung weitgehend positiv wahrgenommen wird, zeigt auch die jüngste Umfrage der europäischen Statistikagentur Eurostat. Aus der am 22. Jänner 2018 veröffentlichten EU-weiten Bürgerbefragung geht hervor, dass die große Mehrheit der Menschen in der EU der Landwirtschaft für die Zukunft Europas eine wichtige Rolle zumisst. Auch sind 60 % der Befragten (EU-weit) der Ansicht, dass die gemeinsame EU-Agrarpolitik ihre Ziele im Großen und Ganzen erfüllt. Demgegenüber lag die Zustimmung zur EU-Agrarpolitik bei den in Österreich Befragten sogar bei 80 %. EU-Gütesiegel mit EU-Herkunftsbezeichnungen sehen 63 % der Österreicherinnen und Österreicher als „wertvoll" an (EU-gesamt 76 %). Bei der Produktwahl stehen für viele Konsumentinnen und Konsumenten die traditionelle Herstellung, das Know-how und die regionale Herkunft im Vordergrund.

Vor diesem Hintergrund erhält die Debatte um die Zukunft Europas und die Zukunft des EU-Haushaltes ab 2021 konkrete Züge im Hinblick auf die Frage, wie sich der Austritt Großbritanniens (Brexit), der am 29. März 2019 wirksam werden wird, z.B. auf Europas Milchbauern auswirken wird. Dieser Frage widmete sich der „Milchgipfel", der am 21. Februar 2018 in der Vertretung des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg in Brüssel ausgerichtet wurde. Thematisiert wurden die Auswirkungen des Ausscheidens Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt, wodurch Handelspartner im Vereinigten Königreich dann in einem Drittstaat (d.h. außerhalb des EU-Binnenmarktes) ansässig sein werden (z.B. belegte Großbritannien 2015 den 3. Platz als Importeur von Käse aus Europa und den 5. Platz als Exporteur von Käse in andere EU-Mitgliedstaaten).

Nach Einschätzung der EU-Kommission wird die europäische Milchwirtschaft den Brexit auf drei Ebenen spüren:
  • Budget: Der EU-Austritt von Großbritannien als Nettozahler reißt ein Loch in das EU-Haushaltsbudget, Kürzungen könnten (auch) im Budget für die gemeinsame Agrarpolitik notwendig werden.
  • Auswirkungen auf den Handel (innerhalb der EU und mit Drittstaaten): Die Intensität der Auswirkungen wird davon abhängen, wie sehr (oder wie wenig) das Ausscheiden Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt abgefedert werden wird („harter" oder „weicher" Brexit). So könnte Großbritannien künftig zu einem (neuen) ernstzunehmenden Konkurrenten am Milchmarkt werden, wodurch sich der Wettbewerbsdruck für Europas Milchbauern verschärfen würde.
  • Gesetzgebung: Je nachdem wie stark Großbritannien an den bestehenden Regulierungen der EU bezüglich Lebensmittelstandards festhalten würde, müsste auch hier gehandelt werden, betroffen wären beispielsweise die Handhabung und Zulassung für die Nutzung des EU-Bio-Labels.