EU-Kommission schlägt Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften vor

Sonderregelung für Kleinunternehmen am EU-Binnenmarkt soll gestärkt werden

Nachdem die Europäische Kommission im November 2017 bereits mehrere Vorschläge für die Vereinfachung von Vorschriften am EU-Binnenmarkt für kleine und mittelgroße Betriebe (KMU) vorgelegt hatte (vgl. Europa Spezial Nr. 11), hat die EK am 18. Jänner 2018 nun einen Vorschlag vorgelegt, mit dem auch das Mehrwertsteuersystem am gemeinsamen EU-Binnenmarkt vereinfacht werden soll. Mit ihrem Vorschlag will die EK den EU-Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Festlegung der Mehrwertsteuersätze einräumen und das steuerliche Umfeld für Kleinunternehmen verbessern.

Das Vorschlagspaket zur Mehrwertsteuerreform im Überblick

Angestrebt werden
  • die Schaffung eines einheitlichen EU-Mehrwertsteuerraums, der den Mehrwertsteuerbetrug in der EU (50 Mrd. Euro jährlich) drastisch verringern, die Unternehmen fördern und gleichzeitig die Staatseinnahmen sichern soll sowie
  • die Modernisierung der 1992 von allen Mitgliedstaaten vereinbarten gemeinsamen Mehrwertsteuervorschriften. Diese sind nach Einschätzung der EK nicht mehr zeitgemäß und zu restriktiv. Derzeit dürfen die Mitgliedstaaten ermäßigte Mehrwertsteuersätze lediglich in einigen Wirtschaftszweigen und bei einigen Gütern anwenden. Gleichzeitig stellen die Mehrwertsteuersätze für die Mitgliedstaaten ein nützliches Steuerungsinstrument dar.
Mit den nun vorgelegten Vorschlägen löst die EU-Kommission ihre Zusage, für die Mitgliedstaaten mehr Spielraum bei den Mehrwertsteuersätzen zu schaffen, ein. Bei einigen bestehenden Ausnahmen von den Vorschriften, den sogenannten Mehrwertsteuer-Ausnahmeregelungen, sollen die Mitgliedstaaten mehr Kompetenzen erhalten.

Die Kommission geht auch das Problem kleinerer Unternehmen an, die mit unverhältnismäßig hohen Mehrwertsteuer-Befolgungskosten zu kämpfen haben. Die Befolgungskosten grenzüberschreitend tätiger Unternehmen sind 11 Prozent höher als die nur im Inland tätiger Unternehmen, wobei die kleinsten Unternehmen am stärksten betroffen sind. Dies erweist sich als ein reales Hindernis für das Wachstum am EU-Binnenmarkt, da in der EU 98 Prozent der Unternehmen Kleinunternehmen sind.

Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist für den EU-Binnenmarkt sehr wichtig: Die Mehrwertsteuer ist eine bedeutende und wachsende Einnahmequelle in der EU. Im Jahr 2015 betrugen die Mehrwertsteuereinnahmen mehr als 1 Billion Euro (d.h. 7 % des BIP der EU). Darüber hinaus fließt ein Anteil der Mehrwertsteuer als so genannte Eigenmittelquelle in die Mittelausstattung des gemeinsamen EU-Haushalts.

Die EU-Legislativvorschläge zur Mehrwertsteuerreform sind Gegenstand des sogenannten Anhörungsverfahrens (CNS), d.h. dass als nächstes das Europäische Parlament und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss zu dem Vorschlag der EK gehört werden. Die Positionen des EP und des EWSA werden anschließend dem Rat der Europäischen Union vorgelegt, der über die Annahme des EK-Vorschlags entscheidet.
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