Autor:
Karin Gföllner,
Fotos:
Archiv der Salzburger Festspiele, Foto Ellinger, Clärchen Baus-Mattar, Matthias Baus, Matthias Horn, Günter Breitegger
,
-
Kultur

Von Moissi bis Moretti

„Jeeedermaaann!“ Als dieser Ruf zum ersten Mal über den Domplatz hallte, schrieb man den 22. August 1920. Alexander Moissi gab den reichen Mann, an seiner Seite genoss Johanna Terwin als Buhlschaft das Leben. Wenn heuer am 1. August 2020 Hofmannsthals Schauspiel mit Tobias Moretti und Caroline Peters in den Titelpartien Premiere hat, so ist dies schon die 711. Vorstellung.
 

​Dazwischen liegen 100 Jahre Salzburger Festspiele mit unzähligen Sternstunden der Musik und Schauspielkunst für Gäste aus aller Welt.

Markenzeichen seit 100 Jahren

Die Aufführungen vor der einzigartigen Kulisse gehörten von Anfang an zu Salzburg und stehen seither mit wenigen Ausnahmen in den 20er Jahren und während der NS-Zeit ununterbrochen auf dem Spielplan. Konzerte kamen erst ein Jahr später hinzu und die Opern dann 1922. Ab 1925 setzte sich das Gesamtkonzept von Schauspiel, Konzert und Musiktheater durch. Seither haben sich die Festspiele als weltweit bedeutendstes Festival der Musik und darstellenden Künste etabliert.

Nun hat er vollendet das Menschenlos, tritt vor den Richter nackt und bloß. Und seine Werke allein, die werden ihm Beistand und Fürsprech sein.
Der Glaube im "Jedermann"

18 Jedermänner - 35 Buhlschaften

Tobias Moretti ist übrigens der 17. Hauptdarsteller in der 100jährigen Salzburger Jedermann-Geschichte. Rechnet man Philipp Hochmair dazu, der 2018 kurzfristig an einem Abend eingesprungen ist, waren es 18. Demgegenüber weisen die Besetzungslisten bisher immerhin bereits 34 Schauspielerinnen auf, die als Buhlschaft auftraten. Caroline Peters wird heuer die 35. Akteurin sein.

Rekorde für Servaes und Simonischek

Am längsten verkörperte Dagny Servaes diese Rolle, nämlich von 1926 bis 1937 ununterbrochen. Die bisher jüngste Buhlschaft war Grete Zimmer: 23 Jahre alt und 1946 an der Seite von Ewald Balser. Walther Reyer brachte es zwar auf ganze neun Spielzeiten (1960 bis 1968) als Jedermann. Den Rekord hält aber Peter Simonischek mit 91 Vorstellungen zwischen 2002 und 2009. Er hatte vier verschiedene Buhlschaften, Tode und Teufel sowie drei Mütter an seiner Seite. Jüngster in der bisherigen Hauptdarsteller-Riege ist Nicholas Ofczarek, der 2010 bei seinem Debut 39 Jahre alt war.

Dauerbrenner und „Cashcow“

Mit rund 35.000 Besuchern zählt der Klassiker alljährlich zur bestbesuchten Produktion und ist auch „Cashcow“, da die Einnahmen andere (Opern)produktionen überhaupt erst möglich machen. Die Zuschauertribüne auf dem Domplatz ist für 2.544 Sitzplätze eingerichtet. Etwa 20 Arbeiter sind rund zwei Wochen mit dem Aufbau beschäftigt. Nicht weniger als 4.000 Schrauben und ebenso viele Muttern sind für die 59 Tonnen schwere Bühne nötig. Ausweichspielstätte bei Schlechtwetter ist das Große Festspielhaus.

Die Sonne führt Regie

Schon Max Reinhardt überließ vor 100 Jahren die Lichtregie der Sonne: Das Spiel begann um 17.00 Uhr, wenn der Großteil des Platzes noch in gleißender Helle lag. Beim Auftritt des Todes wurden die Schatten lang, wenn der Teufel kam war das Sonnenlicht verschwunden. Das ist auch 2020 noch so, zumindest bei sechs der 14 Vorstellungen. Seit 2002 gibt es auch Abendtermine, nicht nur, um die traumhafte Szenerie in neue Farben zu tauchen, sondern auch, um Jedermann & Co das Leben und Sterben etwas angenehmer zu gestalten, denn: Im Sommer 2018 wurden 75 Grad Celsius auf dem Boden der Bühne vor dem Salzbruger Dom gemessen. Und die Lufttemperatur soll auch schon bis auf 60 Grad geklettert sein. REP_200601_20 (kg/mel)

Kultur; Haslauer; Tourismus
Info

Jedermann 2020
14 Aufführungen von 1. bis 30. August

Peter Lohmeyer Stimme des Herrn / Tod / Der Spielansager
Tobias Moretti Jedermann
Edith Clever Jedermanns Mutter
Gregor Bloéb Jedermanns guter Gesell / Teufel
Markus Kofler Der Koch
Helmut Mooshammer Ein armer Nachbar
Michael Masula Ein Schuldknecht
Martina Stilp Des Schuldknechts Weib
Caroline Peters Buhlschaft
Björn Meyer Dicker Vetter
Tino Hillebrand Dünner Vetter
Christoph Franken Mammon
Mavie Hörbiger Werke
Falk Rockstroh Glaube

Michael Sturminger Regie
Renate Martin, Andreas Donhauser Bühne und Kostüme