Sport im Nationalsozialismus

Der "Anschluss" und die Etablierung des NS-Sports

Das nationalsozialistische Herrschaftssystem benutzte den Sport als ein zentrales Betätigungsfeld, um Machtansprüche öffentlichkeitswirksam zu inszenieren.

Salzburgs Gauleiter und oberster Sportführer der "Ostmark", Friedrich Rainer, beim "Opfertag des deutschen Sports" auf dem SAK-Sportplatz im Nonntal.© Salzburger Landesarchiv
Der "Anschluss" im Frühjahr 1938 führte auch in Salzburg zu einschneidenden Veränderungen auf sportlicher und sportpolitischer Ebene. Zahlreiche Vereine wurden entweder aufgelöst oder zwangsweise in die Einheitsorganisation, dem „NS-Reichsbund für Leibesübungen“, eingegliedert und nach dem Führerprinzip unter die Kontrolle von Partei und Staat gestellt. Anstelle der Obmänner betraten nun von der nationalsozialistischen Sportführung ernannte regimekonforme Vereinsführer die Bühne. Die Gleichschaltung des Vereinssports bedeutete eine politische Neuausrichtung im Sinne der NS-Herrschaft. Das Sportkonzept der Nationalsozialisten zielte bewusst auf die Ertüchtigung der Masse ab – individuelle Sportausübung trat in den Hintergrund. Der gesteigerte Sportbetrieb erleichterte den Nationalsozialisten einerseits den Zugriff auf große Teile der Bevölkerung und andererseits sollte er von den verbrecherischen Zielen des Regimes gleichsam ablenken. Über den staatlich organisierten Jugendsport, der durch HJ und BDM betrieben wurde, den Schulsport und den Betriebssport wurde auch dieser Bereich des Alltags immer stärker von der NS-Ideologie beeinflusst. Sogenannte Volksskitage und Volksläufe prägten den alljährlichen Sportkalender, täuschten Normalität vor und lenkten von Krieg und Vernichtung ab. Mit den SS-Sportgemeinschaften förderte das NS-Unrechtsregime die Herausbildung einer sportlichen Elite in ihrem Sinn, die sich auch im Kampf gegen innere und äußere Feinde der NS-Diktatur zu beweisen hatte. Eine zentrale und mit großer Machtfülle ausgestattete Figur im Salzburger Sportgeschehen während der NS-Zeit war der Salzburger Gauleiter Friedrich Rainer, gleichzeitig auch oberster Sportführer der „Ostmark“. Er initiierte während seiner Amtszeit 1938 bis 1941 nicht nur große infrastrukturelle Pläne, um seine Machtansprüche weiterauszubauen, sondern nutzte Sportveranstaltungen für groß angelegte Inszenierungen im Sinn des NS-Regimes.

Reichswettkämpfe im Eisschnelllauf in Zell am See.© Stadtarchiv Salzburg, Fotoarchiv Franz Krieger
Betroffen von dieser Entwicklung war auch die Presse. Die Gleichschaltung des Pressewesens führte zur „Bereinigung“ der Redaktionen von politischen Gegnern und jüdischen Journalisten. Mit der Bestellung „kommissarischer Hauptschriftleiter und Verlagsleiter“ in den Redaktionen erfolgte die Instrumentalisierung der Presse für die Machtinteressen des NS-Regimes. Während die allgemeine Presse in den folgenden Jahren aufgrund der nationalsozialistischen, restriktiven Politik massive organisatorische und inhaltliche Veränderungen und Anpassungen durchführen musste, erfuhr die Sportberichterstattung in dieser Zeit eine erhebliche Aufwertung. So kam es zu einer Ausdehnung der Anzahl an Sportseiten, einer vielfältigen Thematisierung vieler Sportarten und zu einer selektiven Verwendung von (oft großformatigen) Bildern, die Gruppen, Sportlern in Uniformen und Personen beider Geschlechter „idealtypisch“ präsentierten. Auch Sportveranstaltungen und Sportfeste fanden einen herausragenden Niederschlag in den zeitgenössischen Medien. Dabei konzentrierte sich der Sportjournalismus nicht nur auf die Beschreibung des Wettkampfes, sondern vermehrt auf die Persönlichkeit des deutschen Sportakteurs, die organisatorischen Rahmenbedingungen, die anwesenden Gäste und auf die emotionsgeladenen Schilderungen von Ritualen (z.B. Preisverleihung, Empfang und Ehrung des Siegers). Gerade die aktive Einbeziehung der so genannten archaischen Medien - wie z.B. das (Sport-)Fest - zählte zu den charakteristischen Merkmalen der NS-Propaganda. Der daraus entstandene, narrative Rahmen ermöglichte selektive Personalisierungen, Visualisierungen, Sensationalisierungen, Melodramatisierungen und Simplifizierungen, die als journalistische Inhalte zur wirksamen Strategie der NS-Ideologie zwecks Machtinszenierung und Selbstrepräsentation avancierten.

Sportvorführung des BDM auf dem SAK-Sportplatz im Nonntal© Stadtarchiv Salzburg, Fotoarchiv Franz Krieger

Dass sich Sport im Nationalsozialismus nicht nur an die männliche Bevölkerung wandte, sondern über die Organisationen der NSDAP und durch die gleichgeschalteten Vereine auch an Frauen, zeigte sich öffentlichkeitswirksam an den groß angelegten Turn- und Gymnastikaufführungen des BDM, aber bei Betriebssportapellen. In gemeinsam mit der HJ veranstalteten Turnieren und Wettbewerben hatte auch die weibliche Jugend ihre Leistungsfähigkeit im NS-Sport zu beweisen. Im Skilauf fuhren Salzburgerinnen um Titel und Rekorde für das nationalsozialistische Dritte Reich. Im Salzburger Handball formierte sich ab Mai 1941 eine eigene Frauenabteilung mit mehreren Teams, die regelmäßig ihre Spiele austrug. Das Frauenbild der Nationalsozialisten unterschied sich auch im Sport vom soldatisch-männlich dominierten Rollenbild. Sie mussten anderen Attributen gerecht werden und schwankten zwischen dem Ideal der deutschen Mutter, konservativen Vorstellungen von Weiblichkeit, und den Ansprüchen an eine Wettkämpferin. Im Laufe des Krieges und dem damit verbundenen Arbeitskräftemangel trat hier eine Änderung ein. Frauen mussten in vielen bislang männlich dominierten Beruf- und Betätigungsfelder "ihren Mann stellen". Wie weit dies auf den Alltag im Sport Auswirkungen zeigte, wird zu untersuchen sein.