Europa hat eine lebendige Tourismus-Branche. Reisen, Transport, Unterkunft, Verpflegung, Erholung oder Kultur tragen zu fast 10 % des BIP der EU bei und stellen in zahlreichen europäischen Regionen eine wichtige Beschäftigungs- und Einkommensquelle dar.
267 Millionen Europäerinnen und Europäer (entsprechend 62 % der EU-Bevölkerung) unternehmen mindestens eine private Freizeitreise pro Jahr, und 78 % der Europäerinnen und Europäer verbringen ihren Urlaub in ihrem Heimatland oder einem anderen EU-Land.
Die Tourismus-Branche ist von den starken Einschränkungen der Bewegungs- und Reisemöglichkeiten, die nach dem Ausbruch des COVID-19-Virus verhängt wurden, mit am stärksten betroffen.
Die Welttourismusorganisation (UNWTO) rechnet mit einem Einbruch der internationalen Ankünfte um 20 bis 30 %, was für die Reiseindustrie weltweit mit Verlusten zwischen 280 und 420 Milliarden Euro gleichzusetzen ist.
In Europa ist die Sommersaison besonders wichtig, sie bringt im Durchschnitt 150 Milliarden Euro ein.
Am
13. Mai 2020 hat die Europäische Kommission ein Maßnahmenpaket zur Wiederbelebung der Tourismusbranche in Europa im Rahmen der Bewältigung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie vorgelegt. Es folgt dem Weg, der durch den gemeinsamen europäischen Fahrplan vorgegeben ist, den die Kommission am 14. April 2020 in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Rat veröffentlicht hat. Der Fahrplan sieht ein
Phasenkonzept für die schrittweise Rücknahme der Eindämmungsmaßnahmen vor, die aufgrund des COVID-19-Ausbruchs eingeführt wurden:
In Phase 0 galten Reisebeschränkungen für nicht unbedingt erforderliche Reisen. Die Mitgliedstaaten sollten den Arbeitnehmern, insbesondere Transport-, Grenz-, Entsende- und Saisonarbeitern sowie Dienstleistungserbringern nach wie vor den Grenzübertritt und den ungehinderten Zugang zu ihrem Arbeitsplatz - vor allem für wesentliche Dienstleistungen und den Warentransport - gestatten.
In Phase 1 werden die Reisebeschränkungen und Grenzkontrollen in der gesamten EU schrittweise aufgehoben werden, beginnend zwischen Regionen, Gebieten und Mitgliedstaaten mit einer sich positiv entwickelnden und hinreichend ähnlichen epidemiologischen Situation. Während dieser Phase sollte der reibungslose Transit aus beruflichen und persönlichen Gründen sowie aus touristischen Gründen erleichtert werden.
In Phase 2 sollten alle Beschränkungen und Kontrollen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus an den Binnengrenzen aufgehoben werden, wobei die erforderlichen Gesundheitsmaßnahmen beibehalten werden sollten. Reisen für alle Zwecke sollten in der gesamten Union erlaubt sein.
Der Übergang zwischen den drei Phasen soll in flexibler Weise erfolgen, wobei erforderlichenfalls ein Schritt zurückgenommen werden kann, falls sich die epidemiologische Situation verschlechtert.
die die Mitgliedstaaten dabei unterstützen sollen, Reisebeschränkungen innerhalb der EU schrittweise und in koordinierter Weise abzubauen;
sobald es die Gesundheitssituation erlaubt, sollen soziale Kontakte zu Freunden und Angehörigen ermöglicht werden, und zwar sowohl in ihrem Wohnsitzland als auch in EU-Nachbarstaaten, d. h. auch grenzüberschreitend, unter Beachtung der dafür vorgesehenen Sicherheits- und Vorsichtsmaßnahmen;
Tourismusunternehmen soll die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes nach monatelangem Stillstand, unter Beachtung der notwendigen Gesundheitsvorkehrungen, ermöglicht werden;
dem Tourismussektor in Europa soll unter die Arme gegriffen werden, z. B. indem Unternehmen unterstützt werden können;
weiters soll an dem ausdrücklichen Politikziel der EU, dass Europa weltweit Reiseziel Nummer eins werden bzw. sein soll, festgehalten werden.
Das Vorschlagspaket im Überblick:
eine
Rahmenstrategie für die wirtschaftliche Wiederbelebung für die kommenden Jahre;
ein
gemeinsamer Ansatz für die Wiedereinführung der Freizügigkeit und für die graduelle und koordinierte Erleichterung der Einschränkungen an den EU-Binnengrenzen;
ein
Rahmenvorschlag für den Verkehrssektor unter Beachtung der Sicherheitsmaßnahmen für Fahrgäste und Personal;
eine
Empfehlung für die Einführung eines Gutscheinsystems als Alternative zu Rückerstattungen;
gemeinsame Kriterien für die graduelle und sichere Wiederaufnahme des Tourismusbetriebs und für die Erstellung eines gemeinsamen Verfahrenskatalogs für Herbergsbetriebe und Hotels.
Sichere Wiederaufnahme des Tourismusbetriebes
Die Kommission legt einen gemeinsamen
Kriterienkatalog für die sichere und schrittweise Wiederherstellung von Tourismusaktivitäten, für die Entwicklung von Gesundheitsprotokollen für Hotels sowie für alle Übernachtungsbetriebe fest, die dem Schutz der Gesundheit von Gästen und Angestellten gelten. Dazu gehören
epidemiologische Daten;
ausreichende Kapazität des Gesundheitssystems für Einheimische und Touristen;
robuste Überwachungs- und Kontroll- und Testkapazitäten sowie die Möglichkeit zur Nachverfolgung von Kontakten (sog. Contact Tracing).
Die Leitlinien sollen Gästen einen sicheren Aufenthalt in Hotels, auf Campingplätzen, in Pensionen und anderen Ferienunterkünften ermöglichen. Ebenso erfasst werden Restaurants, Bars und Cafés sowie Strände und andere Freizeitbereiche im Freien.
Einführung eines Gutscheinsystems als Alternative zu Rückerstattungen
Nach den EU-Bestimmungen haben Reisende das Recht, zwischen Gutscheinen oder einer Barerstattung für stornierte Individualreisen (Flugzeug, Zug, Bus und Fähren) oder Pauschalreisen zu wählen.
Während dieses Recht bekräftigt wird, soll die Empfehlung der Kommission für die Einführung eines
Gutscheinsystems sicherstellen, dass Gutscheine vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie, die auch die Reiseveranstalter finanziell stark belastet hat, zu einer praktikablen und attraktiven Alternative für die normalerweise übliche Rückerstattungspraxis werden.
Freiwillige Gutscheine sollen eine Mindestgültigkeitsdauer von 12 Monaten erhalten und vor der Insolvenz des Ausstellers geschützt werden. Gutscheine, die nicht eingelöst werden, sollen innerhalb dieser Frist rückerstattet werden können.
Entsprechende Gutscheine sollten den Passagieren zugleich ausreichend Flexibilität bieten, sodass Passagiere z. B. auf der gleichen Strecke unter den gleichen Dienstleistungsbedingungen reisen können oder ein Pauschalreisevertrag mit der gleichen Art von Dienstleistungen oder von gleichwertiger Qualität gebucht werden kann. Weiters sollten die Gutscheine auch auf einen anderen Reisenden übertragbar sein.
Schutz vor Liquiditätsengpässen für Tourismusbetriebe, mit einem besonderen Augenmerk auf kleine und mittelgroße Betriebe
Mit der Flexibilisierung der Vorschriften für staatliche
Beihilfen wird es den Mitgliedstaaten erlaubt, Regelungen wie Garantieregelungen für Gutscheine und weitere Liquiditätsregelungen einzuführen, um Unternehmen im Transport- und Reisesektor zu unterstützen und sicherzustellen, dass die durch die COVID-19-Pandemie verursachten Erstattungsansprüche erfüllt werden. Die Regelungen für Gutscheine können von der Kommission sehr schnell genehmigt werden, sobald eine entsprechende Mitteilung aus einem Mitgliedstaat einlangt.
EU-Finanzierung
Die EU stellt Unternehmen, die von der Krise betroffen sind, weiterhin unmittelbare Liquidität zur Verfügung, und zwar im Rahmen der COVID-19 Response Instrument Initiative, die gemeinsam mit den Mitgliedstaaten verwaltet wird. Darüber hinaus hat die Kommission über den
Europäischen Investitionsfonds bis zu 8 Milliarden Euro an Finanzmitteln für 100.000 von der Krise betroffene Kleinunternehmen bereitgestellt. Für COVID-19-Maßnahmen hat die EIB eine zentrale Webseite eingerichtet:
Imagekampagnen für lokale Tourismusangebote & Europa als sicheres Reiseziel fördern
Die Kommission wird mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um ein Gutschein-System zu fördern, mit dem Kunden ihre Lieblingshotels oder -restaurants unterstützen können. Die Kommission will weiters europaweite Imagekampagnen fördern, die Europa als Reiseziel Nummer eins darstellen.
Im Zuge einer europäischem Tourismuskonferenz mit allen EU-Institutionen, mit der Industrie, den Regionen, Städten und allen relevanten Interessengruppen will die Europäische Kommission Beiträge, Anregungen und Meinungen zum Aufbau eines eines nachhaltigen, innovativen und widerstandsfähigen europäischen Tourismus-Ökosystems einholen, die in eine „Europäische Agenda für Tourismus 2050“
einfließen sollen.