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Nr. 499 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages

(4. Session der 12. Gesetzgebungsperiode)


Bericht

des Verfassungs- und Verwaltungsausschusses zum Antrag der Abg. Schwaighofer, Mag. Thaler, Mag. Neureiter und Dr. Schnell (Nr. 434 der Beilagen) betreffend die Verankerung der Achtung der Tiere als Mitgeschöpfe und zum Antrag der Abg. Naderer, Dr. Schnell und Dr. Schöppl (Nr. 319 der Beilagen) betreffend die Aufnahme einer Staatszielbestimmung in die Salzburger Landesverfassung


Der Verfassungs- und Verwaltungsausschuss hat sich in seiner Sitzung vom 26. Februar 2002 in Anwesenheit des ressortzuständigen Landesrates Eisl und der Experten HR Ing. Dr. Mayr (4), Landesveterinärdirektor Dr. Schöchl (4/04), Frau Mag. Drechsel (13/01), Kammeramtsdirektor DI Mag. Lienbacher, Tierzuchtdirektor Dr. Lederer, Dr. Moser (LwK), Herr Aufhauser (Gut Aiderbichl, Privatstiftung für Tierrechte) sowie Dr. Schauer (Tierrechtsexperte) mit den beiden zitierten Anträgen geschäftsordnungsgemäß befasst.

Die Ausschussmitglieder kamen überein, die beiden zitierten Anträge in einem zu verhandeln und auch in der beschlussmäßigen Erledigung zusammenzuführen.

Beide Anträge zielen darauf ab, zum Schutze der Tiere eine weiteres Staatsziel zu formulieren. Diese sollen als Mitgeschöpfe des Menschen angesehen und nicht nur als Ware des Menschen behandelt und "genutzt" werden.

Auf die den Anträgen zu Grunde liegenden Präambeln und die Anträge selbst, besonders zu Nr. 434 der Beilagen, wird verwiesen.

Die während der Ausschussberatungen als Vier-Parteien-Antrag eingebrachte Bestimmung, welche in Art. 9 der Landesverfassung angefügt werden soll, lautet wie folgt:

"- Achtung der Tiere als Mitgeschöpfe und ihr Schutz im Rahmen der Gesetze vor vermeidbaren Leiden und Schäden."

Eingangs der Debatte erklärt Klubobmann Abg. Roßmann (ÖVP), dass dessen Landtagspartei selbstverständlich mit dem Ziel, jedoch nicht mit der Präambel einverstanden sei. Hinsichtlich der Formulierung der Verfassungsbestimmung ersucht Klubobmann Abg. Roßmann (ÖVP) Hofrat Dr. Faber um eine Stellungnahme. Mit der Aufnahme dieser Bestimmung in das Landes-Verfassungsgesetz werde ein Ziel formuliert, das Landwirte und Jäger bereits jetzt tagtäglich in ihrer Arbeit leben. Zu betonen sei, dass der Mensch im Vordergrund jeder Handlung stehen müsse. Dies sei, da dem Menschen angeboren, mit der Natur in Einklang zu leben.

Abg. Naderer (FPÖ) betont, es spräche nichts dagegen, die Wahrung der Würde der Tiere als ein weiteres Staatsziel in die Landesverfassung miteinzubeziehen. Die Formulierung des Gesetzestextes solle jedenfalls möglichst einfach sein, damit nicht durch eine unklare Ausdrucksweise Missverständnisse entstehen könnten.

Abg. Dr. Reiter (Grüne) begrüßt, dass Salzburg das erste Bundesland in Österreich sei, das sich zu dieser Verfassungsänderung bekenne. Der Tierschutz sei nicht als nachgeordnetes Rechtsgut unterlegen. Der Salzburger Landtag habe bereits ein vorbildliches Tierschutzgesetz und das Nutztierschutzgesetz erlassen. Nunmehr werde in der Verfassung vollzogen, was einfachgesetzlich bereits verwirklicht worden ist. Die Formulierung „Achtung der Tiere als Mitgeschöpfe" sei zu wenig, da der Handlungsauftrag nicht eindeutig zur Geltung käme. Man solle den Schutzgedanken in die neue Formulierung aufnehmen.

Klubvorsitzender Abg. Mag Thaler (SPÖ) betont, dass sich auch die SPÖ sofort bereit erklärt habe, dieses Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen. Man müsse jedoch bedenken, dass man dem Freiheitsrecht der Menschen nicht etwas Gleiches entgegensetzen dürfe. Es wäre ansonsten theoretisch möglich, dass Tierschützer einklagen, Pferde, die in einer Koppel gehalten werden, würden in ihren Freiheitsrechten verletzt sein. Der Klubvorsitzende weist darauf hin, bei Beschlüssen dieser Art vorsichtig zu sein, um nicht über das Ziel zu schießen.

Der für den Schutz von Pflanzen, Tieren und Lebensräumen ressortzuständige Landesrat Eisl weist darauf hin, dass diese Zielbestimmung nicht nur für Nutztiere, sondern für alle Tiere gelten müsse. Der Verantwortung für einen Teil der Schöpfung kämen die Salzburger Bauern seit Jahrhunderten nach.

Auf Anfrage von Abg. Naderer (FPÖ) in Bezug auf die Intention des Antrages, erklärt Herr Aufhauser vom Gut Aiderbichl, dass bereits die Anerkennung des Tieres als Mitgeschöpf des Menschen große moralische Effekte bewirken könne. In baldiger Zukunft werde es so sein, dass Produkte aus einem Land, in welchem der Umgang mit den Tieren stimme, hoch geschätzt werden würden.

Der Kammeramtsdirektor der Landwirtschaftskammer, DI Mag. Lienbacher, unterstreicht, dass durch die bereits geltenden Staatsziele in der Landwirtschaft eine große Verantwortung gegenüber der Umwelt, den Tieren und Pflanzen bestehe. Wenn nun auch die Anerkennung der Tiere besonders hervorgehoben werden würde, sei der Schutz von Tieren inkludiert. Die Landwirtschaftskammer sei folglich diesem neuen Staatsziel positiv gegenüber eingestellt.

Abg. Mag. Strebl (SPÖ) erklärt, sie könne der Aussage, Anerkennung würde bereits Schutz inkludieren, nicht zustimmen. Kinder können zwar ihre Tiere lieben, der Schutz sei ihnen aber nicht bewusst. Sie stimme deshalb dafür, dass im Landesverfassungsgesetz unbedingt die Achtung und der Schutz der Tiere festgelegt wären.

Hofrat Dr. Faber erläutert eingehend den vorgeschlagenen Gesetzestext. Seiner Ansicht nach könnte die Wortfolge "im Rahmen der Gesetze" zu erheblichen Interpretationsschwierigkeiten führen. Keine der in der Landesverfassung enthaltenen Staats-Ziel-Bestimmungen enthalte einen Hinweis auf ein gültiges Landesgesetz. Hinsichtlich der Wortfolge "Leiden und Schäden" bemerkt Hofrat Dr. Faber, dass man Schäden Kraftfahrzeugen – also Sachen – zufüge, nicht jedoch Menschen und Tieren. In diesem Zusammenhang sei von Verletzung zu sprechen. Aufgrund seiner Ausführungen schlägt Hofrat
Dr. Faber folgenden Gesetzestext zur Beschlussfassung vor:

„- die Achtung und der Schutz der Tiere als Mitgeschöpfe des Menschen aus seiner Verantwortung gegenüber den Lebewesen;"

Hinsichtlich der Einreihung in den bestehenden Staats-Ziel-Katalog des Art. 9 L-VG schlägt Hofrat Dr. Faber vor, diese Bestimmung als Punkt 4. einzufügen.

In abschließenden Stellungnahmen wird die von Hofrat Dr. Faber vorgeschlagene Formulierung von allen Landtagsparteien einhellig begrüßt.

Die Mitglieder des Verfassungs- und Verwaltungsausschusses kommen einstimmig zu der Auffassung, den modifizierten Antrag dem Landtag zur Beschlussfassung zu empfehlen.

Der Verfassungs- und Verwaltungsausschuss stellt mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ – sohin einstimmig – den

Antrag,

der Salzburger Landtag wolle beschließen:

Das beiliegende Landes-Verfassungsgesetz wird zum Beschluss erhoben.


Salzburg, am 26. Februar 2002

Der Vorsitzende: Die Berichterstatterin:
Lindenthaler eh. Dr. Reiter eh.


Beschluss des Salzburger Landtages vom 20. März 2002:
Der Antrag wurde einstimmig zum Beschluss erhoben.

Landesverfassungsgesetz

vom ................................, mit dem das Landes-Verfassungsgesetz 1999 geändert wird


Der Salzburger Landtag hat beschlossen:

Das Landes-Verfassungsgesetz 1999, LGBl Nr 25, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl Nr ..../2002, wird geändert wie folgt:

1. Im Art 9 wird nach dem 4. Teilstrich eingefügt:
„ – die Achtung und der Schutz der Tiere als Mitgeschöpfe des Menschen aus seiner Verantwortung gegenüber den Lebewesen;"

2. Im Art 57 wird angefügt:
„(3) Art 9 in der Fassung des Landesverfassungsgesetzes LGBl Nr ..../2002 tritt mit 1. Juli 2002 in Kraft."