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Nr. 376 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages

(3. Session der 11. Gesetzgebungsperiode)

A n t r a g

der Abg. Ing. Griessner, Mag. Neureiter und Illmer betreffend dieVerminderung von Lebendviehexporten durch die Änderung der Förderungspraxis der Europäischen Union

Die Tiertransporte, die in den vergangenen Monaten immer wieder fürSchlagzeilen in den Medien sorgten und sorgen, bestehen fastausschließlich aus Schlachttieren, die zu Mittelmeerhäfen gebrachtwerden, von wo der Weitertransport per Schiff in moslemische LänderNordafrikas bzw. des Nahen Ostens erfolgt.

In praktisch allen europäischen Tierschutzvorschriften ist festgelegt,daß dem eigentlichen Schlachtvorgang, dh. der Durchtrennung dergroßen Gefäße im Halsbereich, eine Betäubung voranzugehenhat. Diese erfolgt bei Rindern mit dem Bolzenschußapparat, durch den esbei richtiger Anwendung zu einem sofortigen Bewußtseinsverlustkommt.

Im Gegensatz dazu hat sich in der islamischen Welt das Schächten alsbetäubungslose Schlachtmethode nach muslimischem Ritus als dasübliche Schlachtverfahren verbreitet. Eine zwingende Notwendigkeit diesertraditionsbegründeten Regel betäubungslosen Schlachtens dürfteheute von der Mehrheit der Muslime nicht mehr gesehen werden. Eine derartigeNotwendigkeit wurde nämlich auf verschiedenen Treffen der Liga derMuslimischen Welt ausdrücklich verneint.

Eine Betäubung der Schlachttiere mit Elektroschock wird hingegenprinzipiell als den heiligen Vorschriften des Korans gemäßangesehen, soweit nicht die Anwendung des Betäubungsverfahrens selbst dieSchlachttiere deutlichem Leiden oder Schmerzen aussetzt, zu nachhaltigerBeschädigung oder zum Tod der Schlachttiere führt oder dieBeschaffenheit der Fleischqualität nachteilig beeinflußt. DieElektrokurzzeitbetäubung stellt bei Rindern ein geeignetes Verfahren derkurzzeitigen, vollständigen Ausschaltung von Schmerzempfinden,Bewußtsein und Abwehrbewegungen bei Einhaltung der rituellen Bedingungendar. Eine Elektrobetäubung der Schlachttiere kann nach den religiösenVorschriften des Islam als vertretbar bezeichnet werden, wie ein Gutachten derAl Azhar-Universität in Kairo bestätigt, die in islamischenGlaubensfragen eine sehr hohe Instanz darstellt.

Seit Anfang 1989 wird in Berlin in Übereinstimmung mit der islamischenGlaubensgemeinde die Schlachtung von Schafen und Rindern nach muslimischemRitus unter vorheriger Anwendung der Elektrokurzzeitbetäubungdurchgeführt. Dieses Verfahren entspricht sowohl den Vorschriften desKoran als auch den europäischen Tierschutznormen. Nach Informationen derBerliner Senatsverwaltung für Gesundheit wird derart geschlachtetesFleisch sogar schon in den in Fragen des Glaubens sehr strengen Iranexportiert.

Die Europäische Union gewährt für Exporte von lebendenSchlachttieren bei einer Ausfuhr in Länder des Nahen und Mittleren Ostens90 ECU pro 100 kg Lebendgewicht an Förderung, damit eine Summe von 540 ECUbei 600 kg Lebendgewicht. Für das exportierte Fleisch von bereitsgeschlachteten ausgewachsenen Stieren in Länder des Nahen und MittlerenOstens werden dagegen 123 ECU pro 100 kg Nettogewicht erstattet, das entsprichtbei einem Ausschlachtungsprozentsatz von 56 % einer Exporterstattung von 413ECU bei 600 kg Lebendgewicht. (Der zuständige EU-Kommissar vertrat 1995auf Anfragen von Europaabgeordneten die Auffassung, daß die beidenErstattungen nicht in einem Verhältnis zueinander stehen, das die Ausfuhrlebender Rinder begünstigt.)

Die Metzger der Empfängerländer bevorzugen frisches Fleisch. Dochhat das Fleisch von transportbelasteten Tieren mit Sicherheit nicht jeneQualität, wie in Europa erschlachtetes und gekühlt transportiertesFleisch.

Das Problem der Schächtung nach muslimischem Ritus ist also durch dieElektrokurzzeitbetäubung lösbar, so daß einerseits deneuropäischen Tierschutzerfordernissen und andererseits den religiösenBedingungen des Islam entsprochen werden kann.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

A n t r a g ,

der Salzburger Landtag wolle beschließen:

1. Die Landesregierung wird ersucht, an die Bundesregierung mit demAnliegen heranzutreten, bei den zuständigen EU-Stellen auf eineÄnderung der Ausfuhrerstattung in der Weise hinzuwirken, daßkünftig Erstattungen eindeutig zugunsten von frischem Fleisch ausfallenund damit eine Verlagerung vom Export von Lebendtieren auf den Export vonFleisch erfolgt.

2. Der Antrag wird dem Europa- und Integrationsausschuß zur weiterenBeratung, Berichterstattung und Antragstellung zugewiesen.

Salzburg, am 15. Mai 1996

Ing. Griessner eh. Mag. Neureiter eh. Illmer eh.