EU-Aufbauinstrument NextGenerationEU: EU-Kommission ist startbereit

Eigenmittelbeschluss erfordert Ratifizierungsverfahren in den Mitgliedstaaten

Weitere COVID-19-Hilfen: Kommission schlägt Mehrwertsteuerbefreiung für Krisengüter vor.

Die Kommission hat am 14. April 2021 ihre Kapitalmarktstrategie vorgelegt, nach der Anleihen im Rahmen des bis 2023 (Umsetzung bis Ende 2026) befristeten Aufbauinstruments NextGenerationEU für die EU-Mitgliedstaaten aufgenommen werden sollen.
Wie staatliche Emittenten wird die Kommission dafür verschiedene Instrumente und Techniken einsetzen, um ab Juli 2021 bis Ende 2026 rund 800 Mrd. Euro zu mobilisieren. Dies wird zu einem Kreditvolumen von durchschnittlich rund 150 Mrd. Euro pro Jahr führen. Es ist vorgesehen, dass alle Anleihen bis 2058 zurückgezahlt werden.

Voraussetzung für das Anlaufen des EU-Aufbauprogramms NextGenerationEU ist die Ratifizierung des sogenannten Eigenmittelbeschlusses durch die Parlamente der Mitgliedstaaten. Mit dem Eigenmittelbeschluss ermächtigen die Mitgliedstaaten die Europäischen Kommission zur Kreditaufnahme für das befristete Aufbauinstrument.
In Österreich wurde das parlamentarische Verfahren für den Ratifizierungsbeschluss am 21. April 2021 im Nationalrat eingeleitet. Die Vorarbeiten werden im Budgetausschuss des Nationalrates federführend vorgenommen.
Die Europäische Kommission hat die Mitgliedstaaten zu „raschem“ Handeln aufgerufen, damit die EU-Aufbauhilfen schnell in den betroffenen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft ankommen und wirken können.
Für die Finanzierung der EU-Aufbauhilfe hat die Europäische Kommission unter der Federführung von EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn eine breit angelegte Finanzierungsstrategie erarbeitet, die
  • die Festlegung von Kreditvolumina,
  • die Verwendung Grüner Anleihen und
  • die transparente Koordinierung des Primärhändlernetzes (Banken)
miteinander kombinieren wird.

Der erste jährliche Anleihebeschluss und der entsprechende Finanzierungsbeschluss sowie der erste Finanzierungsplan von NextGenerationEU können eingeleitet werden, sobald das Einverständnis aller Parlamente in den Mitgliedstaaten der EU für den erneuerten Eigenmittelbeschluss der EU vorliegt.
Während EU-Beschlüsse normalerweise vom Europäischen Parlament und Rat gefasst werden (die Vorschläge dazu legt immer die Europäische Kommission vor), kommt bei der Mittelausstattung für den EU-Haushalt ein Verfahren zur Anwendung, bei dem die formelle Ratifizierung des Eigenmittelbeschlusses, über den die Staats- und Regierungschefs auf dem Europäischen Rat im Juni 2020 eine politische Einigung erzielt hatten, erst abgeschlossen werden kann, wenn alle nationalen Parlamente zugestimmt haben.
Sobald die Ermächtigung durch alle Mitgliedstaaten vorliegt, kann die Europäische Kommission mit der Aufnahme von Mitteln für die bis 2026 befristeten Aufbaumaßnahmen im Rahmen von NextGenerationEU beginnen. Generell sollen die Finanzierungspläne für das EU-Aufbauinstrument dann jeweils alle halben Jahre aktualisiert werden.
Es ist vorgesehen, dass alle Anleihen, die von der EU für die Finanzierung des EU-Aufbauinstrumentes, das bis Ende 2026 läuft, aufgenommen werden, bis 2058 zurückgezahlt werden.
Die Kommission hat zwar auch bisher bereits Anleihen zur Unterstützung von EU-Mitgliedstaaten und Drittländern aufgenommen, jedoch ist der Umfang bei NextGenerationEU weit höher als in der Vergangenheit.

Zentrales Element von NextGenerationEU ist die Aufbau- und Resilienzfazilität – ein Instrument, mit dem Zuschüsse und Darlehen zur Unterstützung von Reformen und Investitionen in den EU-Mitgliedstaaten im Gesamtwert von 723,8 Milliarden Euro (zu jeweiligen Preisen) angeboten werden.
Für Österreich stehen in diesem Rahmen 3,5 Milliarden Euro an Zuschüssen bereit. Für die Verwendung der Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität legen die EU-Mitgliedstaaten in nationalen Aufbau- und Resilienzplänen dar, wie die EU-Mittel daheim eingesetzt werden sollen.
Die Mittel aus dem Aufbauinstrument ergänzen die bereits laufenden Hilfen der EU für COVID-19-Abfederungsmaßnahmen in den Mitgliedstaaten. So erhalten Österreich und die Niederlande als erste Mitgliedsländer der EU Hilfen aus der REACT-EU-Aufbauhilfe (2021-2022).

Am 6. April 2021 hat die Kommission dafür die Änderung der Umsetzungsprogramme für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) 2014-2020 in den Niederlanden und Österreich genehmigt. Die für Investitionen verfügbaren Finanzmittel werden in beiden Ländern damit um annähernd 262 Mio. EUR aus REACT-EU aufgestockt. In Österreich werden mit der Änderung des EFRE-Operationellen Programms für Wachstum und Beschäftigung Forschungs- und Innovationskapazitäten gefördert, Investitionshilfen für Unternehmen bereitgestellt (wobei innovative, grüne und digitale Projekte einen großen Anteil haben werden) und eine weitere Steigerung der Energieeffizienz und des Einsatzes erneuerbarer Energiequellen unterstützt.

Als Teil von NextGenerationEU wird mit REACT-EU eine Aufstockung der EU-weiten kohäsionspolitischen Programme (EFRE, ESF und Kohäsionsfonds) in den Jahren 2021 und 2022 um 47,5 Mrd. EUR (2018er Preise) bereitgestellt. Die Maßnahmen sollen in erster Linie der Förderung von widerstandsfähigeren Arbeitsmärkten, Beschäftigung, KMU und einkommensschwachen Familien dienen und zur Schaffung einer zukunftsfähigen Grundlage für den grünen und den digitalen Wandel und zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Erholung beitragen.
Diese zusätzlichen Mittel sollten für Projekte zur Förderung von Krisenbewältigungskapazitäten im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise sowie für Investitionen in Maßnahmen verwendet werden, die zur Vorbereitung einer grünen, digitalen und stabilen Erholung der Wirtschaft beitragen.
REACT-EU trat am 24. Dezember 2020 in Kraft und kann rückwirkend zur Finanzierung von Ausgaben in Anspruch genommen werden, die zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 31. Dezember 2023 getätigt werden.

Kommission schlägt Mehrwertsteuerbefreiung für Krisengüter vor

Am 12. April 2021 hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, Güter und Dienstleistungen, welche die Europäische Kommission und andere EU-Stellen und -Agenturen den EU-Mitgliedstaaten sowie der Bevölkerung in Krisenzeiten bereitstellen, von der Mehrwertsteuer zu befreien. 
Damit reagiert die Kommission auf die Erfahrungen während der COVID-19-Pandemie. Diese haben unter anderem gezeigt, dass die auf einige Umsätze erhobene Mehrwertsteuer ein Kostenfaktor bei Beschaffungsvorgängen ist, der begrenzte Budgets belastet.
Die Initiative soll dazu beitragen, die EU-Mittel, die im öffentlichen Interesse zur Bekämpfung von Krisen wie Naturkatastrophen und Notlagen im Bereich der öffentlichen Gesundheit eingesetzt werden, möglichst effizient zu nutzen.
Der Vorschlag für eine Richtlinie des Rates ist Gegenstand des EU-Anhörungsverfahrens und muss vom Rat - nach Anhörung des Europäischen Parlamentes - beschlossen werden.