COVID-19: wirtschaftspolitische Maßnahmen der EU

Europäische Kommission, Europäisches Parlament, Rat, Europäische Investitionsbank und Europäische Zentralbank setzen wirtschafts- und geldpolitische Stützungsmaßnahmen:

Der Wirtschaft wird eine Brücke gebaut - nach einem Abflachen der COVID-19-Krise soll ein möglichst reibungsloser Neubeginn möglich werden.

Nach dem Ausbruch der Corona-Krise hat sich zunächst gezeigt, dass die Maßnahmen zur Einleitung und Umsetzung des so genannten Social Distancing, d. h. der Verringerung der sozialen Kontakte, mit denen die Ausbreitung des Corona-Erregers COVID-19 eingedämmt werden soll, einer gewissen Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten bedürfen.

Das so genannte „Social Distancing“ – und die damit verbundenen Einschränkungen für die Personenfreizügigkeit und die Wirtschaftstätigkeit von Betrieben – hat zum Ziel, die Gesundheitssysteme in den Mitgliedstaaten so zu schützen, dass hohe Patientenzahlen bei schweren Krankheitsverläufen auf den Intensivabteilungen der Krankenhäuser weiterhin bewältigt werden können und so die Zahl der Todesopfer so gering wie möglich gehalten werden kann.

Jedoch stellen diese Maßnahmen Betriebe, Selbstständige und abhängig Beschäftigte vor enorme finanzielle Herausforderungen:
Durch den (plötzlichen) Wegfall von Aufträgen und Einnahmen werden Arbeitsplätze gefährdet. Für Betriebe, die weiter arbeiten dürfen, wird durch die Schließung von Zulieferer- bzw. von Abnehmerbranchen (z. B. Hotellerie als Abnehmerin für Produkte landwirtschaftlicher Betriebe) die Aufrechterhaltung - eigentlich gesunder - Unternehmen spürbar beeinträchtigt oder unmöglich.
Darum haben die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, der Rat, die Europäische Investitionsbank und die Europäische Zentralbank im März 2020 mehrere Maßnahmenbündel wirtschafts- und geldpolitischer Stützungsmaßnahmen verabschiedet, die der Wirtschaft eine Brücke bauen sollen, so dass nach einem Abflachen der COVID-19-Krise ein möglichst reibungsloser Neubeginn möglich wird.

Koordinierte wirtschaftspolitische Antwort für den EU-Binnenmarkt

​Um auf die wirtschaftlichen Herausforderungen, die durch die COVID-19-Krise verursacht werden, zu reagieren, hat die Europäische Kommission am 13. März 2020 eine koordinierte wirtschaftspolitische Antwort für den EU-Binnenmarkt vorgeschlagen, mit  der Maßnahmen für die Bewältigung der Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit am EU-Binnenmarkt, in den Mitgliedstaaten, ihren Regionen und schließlich in allen Städten und Gemeinden eingeleitet werden sollen.
  • Die Europäische Investitionsbank (EIB) hat dafür ein Sonderkreditprogramm für die COVID-19-Krise aufgelegt (Volumen bis zu 40 Mrd. EUR). Ermöglicht werden damit COVID-19-Kredite für Unternehmen, die in Schwierigkeiten geraten, Gesundheitszentren können auf diese Weise beim Bau von Notfallinfrastruktur unterstützt werden, Biotech- und Pharma-Unternehmen sollen bei der Entwicklung von Impfstoffen und Behandlungsoptionen unterstützt werden.
  • Die EU-Kommission hat den Mitgliedstaaten maximale Handlungsfreiheit für ihre Haushalte gegeben: Die Verschuldungsgrenze wurde im Einvernehmen mit dem Rat aufgehoben, die Beihilferegelungen für den EU-Binnenmarkt wurden zeitlich begrenzt gelockert.

Damit düften Betriebe ab sofort staatlich gestützt werden und können vergünstigte Kredite mithilfe einer Fazilität der EIB erhalten.


Erhöhte Beihilfen für Betriebe möglich

Der Beihilferahmen wurde am 19. März 2020 angenommen, damit wird der Rahmen für direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse oder Steuervorteile, die als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden und von den Mitgliedstaaten gewährt werden können, von 500.000 EUR auf 800.000 EUR je Unternehmen erhöht. Weiters sind nun auch Beihilfen in der Form von kurzfristigen Exportkreditversicherungen möglich. Für direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse oder Steuervorteile im Fischerei-, Aquakultur- und Landwirtschaftssektor gilt laut Beihilferahmen eine Ausnahme: Die Beihilfe darf je Unternehmen im Fischerei- und Aquakultursektor 120.000 EUR und je in der Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse tätigen Unternehmen 100.000 EUR nicht überschreiten.
Der temporäre Rahmen wird bis 31. Dezember 2020 gelten und wird rückwirkend auf jede Beihilfe angewendet, die seit 1. Februar 2020 gewährt wurde.
Der befristete Rahmen ergänzt die vielfältigen Möglichkeiten, die den Mitgliedstaaten bereits zur Verfügung stehen, um die sozioökonomischen Auswirkungen des Ausbruchs von COVID-19 im Einklang mit den EU-Beihilfevorschriften abzufedern.

Mittel aus der „Coronavirus Response Investment Initiative“ der EU fließen ab 1. April 2020

Österreich erhält 19 Millionen Euro

Die Kommission hatte zuvor am 13. März 2020 eine Mitteilung über eine koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie angenommen‚ in der diese Möglichkeiten erläutert werden. So können die Mitgliedstaaten etwa allgemein geltende Änderungen zugunsten der Unternehmen vornehmen (z. B. Steueraufschub oder Subventionierung von Kurzarbeit in allen Wirtschaftszweigen), die nicht unter die Beihilfevorschriften fallen. Außerdem können Unternehmen für Verluste entschädigt werden, die diesen infolge des Ausbruchs von COVID-19 entstanden und unmittelbar auf den Ausbruch zurückzuführen sind. Auf diese Weise können besonders stark betroffene Sektoren wie Verkehr, Tourismus, Gastgewerbe oder Einzelhandel unterstützt werden.
Über den Eilantrag der Europäischen Kommission hat das Europäische Parlament am 26. März 2020 entschieden. Der Antrag auf die Gewährung von EU-Soforthilfen wurde in 1. Lesung mit einer überwältigenden Mehrheit aller EU-Abgeordneten angenommen.
Am 30. März 2020 hat dann der Rat der EU dem Kommissionsvorschlag für eine Coronavirus Response Investment Initiative der EU zugestimmt.

Die Coronavirus Response Investment Initiative umfasst EU-weit koordinierte Sofortmaßnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise. 37 Milliarden Euro sollen aus dem EU-Haushalt u.a. aus dem Bereich Kohäsionspolitik fließen, nach Österreich 19 Millionen Euro.

Angesichts der Dringlichkeit der Situation werden beide Rechtsakte am 31. März 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und treten am 1. April 2020 in Kraft.

EU-Binnenmarkt bleibt intakt

Weiters wurden von der Kommission am 16. März 2020 gemeinsame EU-Leitlinien für die Durchführung von Kontrollen an den EU-Binnengrenzen erlassen, mit denen einerseits COVID-19-Maßnahmen zur Beschränkung des Personenverkehrs vorgenommen werden können, und andererseits Berufspendlerinnen und ‑pendler in kritischen Berufen (in denen keine Telearbeit möglich ist, z. B. in der Pflege) weiter ihrer Tätigkeit nachgehen können. Schließlich soll der Warenstrom zwischen den Unternehmen am EU-Binnenmarkt so sichergestellt werden, dass die Versorgungsketten nicht abreißen.



EZB flankiert Wirtschaftsmaßnahmen mit koordinierter Geldpolitik

In ihrer Presseaussendung vom 19. März 2020 kündigt EZB-Chefin Lagarde umfassende Maßnahmen für den Schutz der Wirtschaftskraft in der Eurozone an. Anders als in den Jahren 2008-2009 sei der Schock diesmal universell: Er betrifft alle Länder und alle Teile der Gesellschaft. Das bedeutet im Grunde, dass ein Großteil der Wirtschaft vorübergehend lahmgelegt ist. Die aktuelle Situation bedeutet eine akute Belastung für die Cashflows der Unternehmen und der Beschäftigten. Die Geldpolitik muss den Finanzsektor mit Liquidität versorgen und für alle Bereiche der Wirtschaft günstige Finanzierungsbedingungen sicherstellen. Darum hat der EZB-Rat am 18. März 2020 ein neues Pandemie-Notfallankaufprogramm mit einem Gesamtumfang von 750 Mrd. EUR angekündigt, das bis zum Ende 2020 zur Verfügung steht und die 120 Mrd. EUR, die am 12. März 2020 beschlossen wurden, ergänzt. Das sind zusammen 7,3 % des BIP des Euroraums.

Des Weiteren hat die EZB beschlossen, Commercial Paper von hinreichender Bonität anzukaufen und die notenbankfähigen Sicherheiten im Rahmen von Refinanzierungsgeschäften auszuweiten. Dadurch sollen die Maßnahmen verstärkt werden, die die EZB zuvor zur Sicherung des Kreditflusses an Unternehmen und Haushalte ergriffen hat.

Die EZB stellt gegenwärtig Liquidität von bis zu 3 Billionen EUR durch ihre Refinanzierungsgeschäfte bereit, auch zum niedrigsten Zinssatz, den die EZB je angeboten hat: –0,75 %.

Die EZB will sicherstellen, dass alle Sektoren der Volkswirtschaft von den günstigen Finanzierungsbedingungen profitieren können, die es ihnen ermöglichen, diesen Schock zu verkraften. Lagarde kündigte an, dass die EZB alles innerhalb ihres Mandats Stehende tun werde,  um den Euroraum in dieser Krise zu unterstützen.



EU-Wettbewerbsregeln schützen europäische Unternehmen vor feindlichen Übernahmen

Zusätzlich hat die Europäische Kommission, die die Wettbewerbsregeln am EU-Binnenmarkt überwacht, am 26. März 2020 Leitlinien für die Mitgliedstaaten betreffend ausländische Direktinvestitionen, freien Kapitalverkehr aus Drittländern und Schutz der strategischen Vermögenswerte Europas im Vorfeld der Anwendung der Verordnung (EU) 2019/452 über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen beschlossen. Damit sollen derzeit geschwächte europäische Unternehmen vor feindlichen Übernahmen geschützt werden.

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