Ausblick auf EU-Initiativen 2020-2021

Konferenz zur Zukunft Europas soll mit dem Europatag am 9. Mai 2020 starten und allen Interessierten zwei Jahre lang die Möglichkeit zur Mitsprache über die Zukunft der EU eröffnen.

Die Europäische Kommission (EK) hat in ihrer Mitteilung vom 29. Jänner 2020 an das Europäische Parlament (EP), den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen ihr Arbeitsprogramm für das Jahr 2020 vorgestellt.

Im Anhang 1 zum Arbeitsprogramm 2020 werden 43 neue Initiativen vorgestellt und die zu ihrer Umsetzung bestimmten spezifischen Maßnahmen – darunter 29 Maßnahmen legislativer Natur und 67 Maßnahmen nicht-legislativer Natur - genannt. Im Anhang 2 schlägt die EK unter dem Themenkomplex REFIT vor, 44 Dossiers zu vereinfachen, mit dem Ziel, bestehende Rechtsvorschriften zu verbessern und die Zweckmäßigkeit der EU-Gesetzgebung zu wahren. Der Anhang 3 enthält insgesamt 126 vorrangige anhängige Vorschläge, 56 von diesen stehen im Zusammenhang mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR).
Auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission verfassen die Kommission, das Europäische Parlament und der Rat in den kommenden Wochen eine gemeinsame Erklärung zu den gesetzgeberischen Prioritäten der EU, um rasch tätig werden zu können.
Das Arbeitsprogramm ist schwerpunktmäßig auf die sechs übergreifenden Ziele aus den politischen Leitlinien von Präsidentin von der Leyen ausgerichtet und trägt den Hauptprioritäten des Europäischen Parlaments ebenso Rechnung wie den Kernzielen aus der strategischen Agenda des Europäischen Rates für den Zeitraum 2019-2024.


Grüner Deal rückt Nachhaltigkeit stärker in den Fokus

In Kombination zum Grünen Deal (vgl. dazu Europa Spezial Nr. 29 und Europa Spezial Nr. 30) führt das Arbeitsprogramm 2020 konkret aus, welche Umwelt- und Klima-Vorhaben die EU-Kommission verfolgt, darunter z. B.
  • Vorschlag für ein europäisches „Klimagesetz“ zur Verankerung des Ziels der Klimaneutralität bis 2050 (1. Quartal 2020)
  • Vorschlag für ein 8. Umweltaktionsprogramm (2. Quartal 2020)
  • Rechtsvorschriften für Batterien zur Unterstützung des Strategischen Aktionsplans für Batterien und der Kreislaufwirtschaft (4. Quartal 2020) sowie Vorschläge für Rechtsreformen im Bereich Abfallwirtschaft (ab 2020)
Für die Umstellung auf Kreislaufwirtschaft und Klimaneutralität kündigt die EU-Kommission weiters u. a. an:
  • eine Initiative für eine „Renovierungswelle“ im Bausektor (3. Quartal 2020)
  • eine neue EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel sowie Bewertung und Überprüfung der Verordnung über die transeuropäische Energieinfrastruktur (4. Quartal 2020)
Auch in Punkto Mobilität soll Nachhaltigkeit stärker in den Fokus gerückt werden, z. B. mithilfe:
  • einer Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität (4. Quartal 2020)
  • Stärkung der Schiene, u. a. soll ein überarbeiteter Vorschlag für eine Richtlinie über den kombinierten Güterverkehr vorgelegt werden (2021).
Für ländliche Gebiete und Betriebe in der Land- und Forstwirtschaft Wirkung entfalten werden u. a.:
  • die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ (Farm to Fork) (1. Quartal 2020)
  • Erneuerung der EU-Biodiversitätsstrategie bis 2030 (1. Quartal 2020) und der EU-Forststrategie (4. Quartal 2020)


Soziales und Beschäftigung

Für den Bereich Soziales und Beschäftigung hat die Europäische Kommission zudem am 14. Jänner 2020 einen separaten Fahrplan vorgelegt. Für die darin angekündigten Maßnahmenvorschläge holt die Europäische Kommission derzeit Rückmeldungen der unterschiedlichen Interessenträger ein. Der Maßnahmenkatalog kündigt u. a. Folgendes an:

Im Bereich Bildung und Jugend
  • Aktualisierung Europäische Agenda für Kompetenzen (von 2016) und Vorschlag für Empfehlung zur europäischen beruflichen Aus- und Weiterbildung unterbreiten (1. Quartal 2020)
  • Vorschläge zur Stärkung der Jugendgarantie (von 2013) (2. Quartal 2020)
  • Aktualisierung des Aktionsplans für digitale Bildung (von 2018) (2. Quartal 2020)
  • Weiterentwicklung Ziele des Europäischen Bildungsraums (von 2017) und gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die Schaffung eines neuen Rahmens für Zusammenarbeit im Bereich allgemeine und berufliche Bildung (3. Quartal 2020)
Im Bereich Unternehmen und Beschäftigung
  • Erneuerung der Industriepolitischen Strategie (von 2017) (1. Quartal 2020)
  • Strategie für KMU (1. Quartal 2020)
  • Europäische Datenstrategie (1. Quartal 2020)
  • neuer Rechtsakt über digitale Dienstleistungen (2. Halbjahr 2020) - dieser soll Haftungs- und Sicherheitsvorschriften für digitale Plattformen, Dienstleistungen und Produkte verbessern und den digitalen Binnenmarkt vollenden.
Im Bereich Gesundheit, Soziales und Integration/Inklusion
  • Bericht über die Auswirkungen des demografischen Wandels (1. Quartal 2020)
  • Grünbuch über das Altern (4. Quartal 2020)
  • Europäischer Plan für den Kampf gegen den Krebs (derzeitige Konsultation, vgl. Ihre Stimme) (4. Quartal 2020)
  • eine pharmazeutische Strategie für Europa (4. Quartal 2020)
  • Folgeinitiative zur Strategie für Gleichstellung und Inklusion der Roma (4. Quartal 2020)
Weiters werden eine Kindergarantie (2021) sowie Leitlinien zum Umgang mit Energiearmut (2020), eine Strategie für den Umgang mit Gesundheitsdaten und eine Strategie für mentale Gesundheit erwartet.



Konferenz zur Zukunft Europas soll den Bürgerinnen und Bürgern mehr Gehör verschaffen

Am 22. Jänner 2020 hat die Europäische Kommission zusätzlich ihre Ideen zur Gestaltung der Konferenz zur Zukunft Europas präsentiert. Sie soll am Europatag, also am 9. Mai 2020‚ beginnen und zwei Jahre laufen. Ziel der Konferenz ist es, sicherzustellen, dass die Stimme der Europäerinnen und Europäer im institutionellen Alltag der EU besser gehört wird.
Die Konferenz wird auf den Erfahrungen, die zum Beispiel mit Bürgerdialogen gesammelt wurden, aufbauen. Um den Menschen bessere Möglichkeiten zur Mitgestaltung künftiger EU-Maßnahmen zu bieten, sollen aber auch vielfältige neue Elemente eingeführt werden.

Die Europäische Kommission schlägt zwei parallele Themenbereiche für die Debatten vor:
  • Beim ersten liegt der Schwerpunkt auf den Prioritäten und anzustrebenden Zielen der EU. Dazu gehören der Kampf gegen den Klimawandel, soziale Gerechtigkeit und Gleichheit, der digitale Wandel Europas, die Förderung europäischer Werte, die Stärkung der Stimme der EU in der Welt sowie die Festigung der demokratischen Grundlagen.
  • Beim zweiten Themenbereich liegt der Schwerpunkt auf Fragen mit besonderer Bedeutung für demokratische Prozesse und institutionellen Themen. Beispiele sind das Spitzenkandidaten-System und länderübergreifende Listen für die Wahlen zum Europäischen Parlament.

Das Europäische Parlament hat sich in einer Entschließung vom 15. Jänner 2020 zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission geäußert und plädiert dafür, einige nicht als erschöpfend anzusehende politische Prioritäten vorab festzulegen, wie z. B.

  • europäische Werte, Grundrechte und Grundfreiheiten,
  • demokratische und institutionelle Aspekte der EU,
  • ökologische Herausforderungen und die Klimakrise,
  • soziale Gerechtigkeit und Gleichstellung,
  • wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Fragen einschließlich Besteuerung, digitaler Wandel
  • Sicherheit und die Rolle der EU in der Welt;

Auch die Arbeiten zu Themen wie dem Spitzenkandidaten-System und länderübergreifenden Listen sollen im Verlauf der Konferenz berücksichtigt werden.

Auch der Ausschuss der Regionen (AdR) hat sich in seiner 138. Plenartagung am 11./12. Februar 2020 in einer Entschließung zur Konferenz zur Zukunft Europas des Themas angenommen. Darin plädieren die EU-Vertreterinnen und Vertreter der Regionen, Städte und Gemeinden dafür, künftig Debatten über EU-Themen in Regionalparlamenten und Gemeinderäten zu fördern, damit Mandatsträger der lokalen und regionalen Ebene in der EU an der EU-Politik mitwirken und gleichzeitig die EU den Bürgern näherbringen. Deshalb unterstützt der AdR auch die Idee, große Teile der Konferenz zu dezentralisieren, um so auch Gebiete und Menschen außerhalb Brüssels und der Hauptstädte der Mitgliedstaaten direkt und aktiv einzubeziehen. Der AdR wird seine Mitglieder dafür bei der Organisation lokaler Veranstaltungen zu den Themen der Konferenz unterstützen und die Ergebnisse und Anregungen aus diesen Debatten mit hierfür zu entwickelnden Instrumenten sammeln und der Konferenz übermitteln.


Das endgültige Konzept, die Struktur, der Gegenstand und der Zeitplan der Konferenz werden in einer Gemeinsamen Erklärung festgelegt, die das Europäische Parlament, der Rat und die Europäische Kommission als gleichberechtigte Partner unterzeichnen. Dieser Gemeinsamen Erklärung sollten sich nach Auffassung der Kommission später auch andere Unterzeichner, darunter weitere Institutionen, Organisationen und sonstige Interessenträger, anschließen können, die sich damit zur Einhaltung der Ziele und Modalitäten der Konferenz verpflichten würden.

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