EU-Gipfel und Brexit

Britisches Unterhaus genehmigt neu ausgehandeltes Abkommen, lehnt Gesetzgebungsverfahren im Eiltempo zur Vollziehung des Brexit bis 31. Oktober 2019 aber ab.

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Am 17. und 18. Oktober 2019 fand in Brüssel der Europäische Rat statt, in dem unter anderem das am 17. Oktober 2019 zwischen dem EU-Chefunterhändler Michel Barnier und der Regierung des britischen Premierministers Boris Johnson adaptierte Austrittsabkommen und eine überarbeitete politische Erklärung zum Rahmen der künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich von den Regierungschefs der EU-27 angenommen wurden.
Die Änderungen des ursprünglich mit der ehemaligen Premierministerin Theresa May ausgehandelten Abkommens beziehen sich insbesondere auf das früher als „Backstop“ bezeichnete Protokoll über Irland und Nordirland. Das überarbeitete Protokoll soll rechtlich durchführbare Möglichkeiten bieten, eine harte Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland zu verhindern, die Wirtschaft in der bisherigen Form weiter zu fördern, das Karfreitagsabkommen zu wahren und die Unverletzlichkeit des EU-Binnenmarktes aufrechtzuerhalten. Nordirland soll in Zukunft nach wie vor gewährleisten, dass eine begrenzte Zahl an Binnenmarktvorschriften eingehalten wird, um einer harten Grenze auf der irischen Insel vorzubeugen. Außerdem findet der Zollkodex der Union auf alle nach Nordirland verbrachten Waren Anwendung, wodurch Zollkontrollen vermieden werden. Waren, die aus dem Rest des Vereinigten Königreichs nach Irland verbracht werden, sollen den erforderlichen Kontrollen und Überprüfungen unterzogen werden, damit sichergestellt wird, dass die gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Kontrollen eingehalten werden. Des Weiteren sollen Zollkontrollen an Eingangsorten nach Nordirland durchgeführt werden, wenn die Möglichkeit besteht, dass Waren in den EU-Binnenmarkt gelangen. Allerdings bleibt Nordirland Teil des Zollgebietes des Vereinigten Königreichs, um in der Folge auch von künftigen Freihandelsabkommen profitieren zu können, die eventuell zwischen dem Vereinigten Königreich und Drittländern abgeschlossen werden. Außerdem soll vier Jahre nach Ablauf des bis zum 31. Dezember 2020 angesetzten Übergangszeitraumes, der im Falle einer Ratifizierung des Austrittsabkommens in Kraft treten würde, und anschließend alle weiteren vier Jahre die parlamentarische Versammlung Nordirlands aufgefordert werden, das Protokoll weiterhin zu billigen.
Nachdem das britische Unterhaus am 22. Oktober 2019 dem mit der EU überarbeiteten Austrittsvertrag mit 329 Für- und 299 Gegenstimmen erstmals zugestimmt hat, wurde einer Gesetzgebung im Eilverfahren eine Absage erteilt. Dadurch wurde ein geregelter Austritt mit 31. Oktober 2019 praktisch unmöglich und das Gesetzgebungsverfahren, welches die Umsetzung des Brexit-Vertrages in britisches Recht gießen soll, auf Eis gelegt. Am 28. Oktober 2019 genehmigten die EU-27 das Ansuchen Großbritanniens um eine Verlängerung der Austrittsfrist bis 31. Jänner 2020. Die Entscheidung muss in einem schriftlichen Verfahren noch formal abgesegnet werden.
Der britische Premier Boris Johnson hat mittlerweile eine Neuwahl für das britische Unterhaus für den 12. Dezember 2019 vorgeschlagen, die Entscheidung bedarf allerdings der Zustimmung des britischen Parlaments. Abhängig vom Wahlausgang könnte Johnson dadurch die Chance erhalten, den Deal mit einer komfortableren Mehrheit durch das britische Parlament zu bringen und einen geregelten Austritt des Vereinigten Königreichs zu ermöglichen.
Schlussendlich muss das von der EU und der britischen Regierung ausgehandelte Austrittsabkommen auch noch vom Europäischen Parlament gebilligt werden.
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