Salzburger in Brüssel

Steckbriefe von Hannah Vaplon, Volontärin im EU-Verbindungsbüro Brüssel von 18. März bis 10. Mai 2019, und von Michael Bayrhammer, Volontär im EU-Verbindungsbüro Brüssel von 11. März bis 5. April 2019

Steckbrief Hannah Vaplon, Volontärin im EU-Verbindungsbüro Brüssel von 18. März bis 10. Mai 2019

Foto: © privat
Als ich vor ein paar Jahren der Stadt Brüssel einen kurzen Besuch abstattete, empfand ich alles als grau und regnerisch. Obwohl ich mit Begeisterung das EU-Viertel erkundete, hinterließ Belgiens Hauptstadt keinen bleibenden Eindruck. Dieses Mal ist es aber anders. Ich beginne die Vielseitigkeit zu erkennen, die diese Stadt so einzigartig macht. In den öffentlichen Verkehrsmitteln hört man von jeder Seite eine andere Sprache. An jeder Ecke findet man kleine Geschäfte aus den unterschiedlichsten Ländern. Zweisprachige Straßenschilder und Busdurchsagen prägen das öffentliche Leben. Die Vielfalt der Sprachen spiegelt sich auch in der Architektur wider, da in der Stadt neben dem modernen EU-Viertel auch alte kleine Gässchen einen Platz finden. Diese Diversität macht für mich das Brüsseler Leben aus.
Während meines Studiums der Kultur- und Sozialanthropologie bemerkte ich, dass sich meine Interessen stark auf internationale Beziehungen sowie Migrations- und konfliktregelnde Themen konzentrierten. Vor allem meine Bachelorarbeit zum Thema der bilateralen Vereine zeigte mir die Relevanz der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit. Diese Arbeit weckte meine Begeisterung für politische Beziehungen gerade auf europäischer Ebene. Dadurch wählte ich ein Wahlmodul im Bereich der Politikwissenschaft, das mir zeigte wie komplex und zugleich spannend die Europäische Union agiert. Die Kommunikation, die zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten und den europäischen Institutionen stattfindet, also das Zusammenspiel aus Regional-, National- und EU-Politik, empfinde ich als äußerst interessant und wesentlich. Dadurch ist die EU nicht nur eine „übergeordnete" Institution, sondern ein zugänglicher und transparenter Partner Österreichs. Da Österreich als föderal organisierter Staat viele seiner Kompetenzen an die Bundesländer abgibt, wollte ich wissen, wie sehr die Regionen in den europäischen Prozess eingebunden werden, welche Themen sie interessieren und wie Europa mit all seinen Regionen, die unterschiedliche Standpunkte und Bedürfnisse vertreten, als Ganzes funktioniert. Auf diese Fragen war ich sehr gespannt, wodurch mir ein Volontariat im Verbindungsbüro des Landes Salzburg im Herzen Europas als die geeignete Wahl vorkam, um Antworten zu finden.
Nun genieße ich hier in Brüssel eine intensive und spannende Zeit. Die inhaltlichen Aufgaben umfassen eine Vielzahl von Themenbereichen, die von Umwelt, Landwirtschaft und Katastrophenschutz bis hin zum EU-Binnenmarkt nach dem Brexit reichen. Durch die vielfältige inhaltliche Tätigkeit und wegen der äußerst herzlichen Aufnahme im Team bereitet mir die Arbeit viel Freude. Ich konnte bisher so vieles in Erfahrung bringen, das mir an der Universität in diesem Ausmaß nicht vermittelt werden konnte. Ich habe Institutionen und Menschen kennengelernt, die sonst vermutlich nie auf meinem Radar gelandet wären.
Das Volontariat ermöglicht mir, das in der Theorie gelernte Wissen in selbstständigen Arbeiten anzuwenden und umzusetzen und damit meinen Beitrag leisten zu können. Zudem bietet es mir die Chance, meinem Interesse im Zuge von diversen Veranstaltungsbesuchen weiter nachzugehen. Die Arbeit im Verbindungsbüro des Landes Salzburg gibt mir wichtige Impulse für meine Zukunft auf beruflicher Ebene.
Die EU als supranationale Organisation bietet zum einen Zusammenhalt, gibt aber dabei zugleich jedem die Chance, seine eigene Individualität ausfalten zu können. Und ich habe begriffen, zugleich Salzburgerin, Österreicherin und Europäerin sein zu können, ohne darin einen Widerspruch zu sehen.


Steckbrief Michael Bayrhammer, Volontär im EU-Verbindungsbüro Brüssel von 11. März bis 5. April 2019

Foto: © privat
Mehrere Jahre sind vergangen, seit ich 2014 mit dem neu eingesetzten Salzburger Erzbischof Franz Lackner und einer Gruppe junger Salzburgerinnen und Salzburger eine Reise nach Brüssel unternahm. Referatsleiterin Michaela Petz-Michez, die das Landes-Europabüro Salzburg / EU-Verbindungsbüro Brüssel leitet, hat uns damals bei Vorbereitungstreffen und auch während unserer Reise im politischen Herzen Europas begleitet. Eine Reise in die Stadt, in der viele der großen und auch kleinen Dinge beschlossen werden, die sich in der Folge auf das individuelle Leben von rund 500 Millionen Menschen auswirken. Schon damals habe ich darüber nachgedacht, das politische System der Europäischen Union nicht nur als Besucher, sondern als Mitarbeiter zu erleben.
Fünf Jahre sind seither vergangen. Nach meiner Ausbildung im Musischen Gymnasium und in der HTL Salzburg leistete ich meinen Zivildienst beim Salzburger Samariterbund am Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015/2016. In dieser Zeit habe ich mit vielen meiner Kollegen ehrenamtlich Nächte an der Grenze verbracht, um den dort durchreisenden Menschen eine medizinische Grundversorgung bieten zu können. Ich habe erlebt, wie eine gemeinsame Herausforderung die Helfer und Helferinnen dazu bringen kann, über sich hinauszuwachsen. Aber ich habe auch erlebt, wie die Rettungsdienste an ihre Grenzen kamen und wie sich nach und nach immer mehr Ehrenamtliche von „denen da oben" im Stich gelassen fühlten.
Zur gleichen Zeit habe ich an anderer Stelle sehr positive Erfahrungen gemacht. Ab dem Jahr 2014 leitete ich die Entwicklung eines Forschungsprojektes, das Sehnenforschung auf völlig neuem Niveau ermöglicht und damit den langwierigen Heilungsprozess nach Sehnenverletzungen drastisch verkürzt. Erst Investitionen der Europäischen Kommission und des Österreichischen Wissenschaftsministeriums in Höhe von über 160.000 EUR haben die Umsetzung ermöglicht. Nach Abschluss der Entwicklungsphase wurde das Projekt im Jahr 2016 zu Forschungszwecken an die Paracelsus Medizinische Privatuniversität übergeben.
Ich habe also erlebt, welchen massiven Einfluss politische Entscheidungen auf das Leben einzelner Menschen haben können – positiv wie negativ. Und mir wurde bewusst, dass sich derartige Entscheidungen nicht einfach in „Schwarz" oder „Weiß", in „Gut" oder „Schlecht" einteilen lassen.
Im Wintersemester 2016 habe ich ein Rechtswissenschaftliches Studium aufgenommen. Erst die Kontinuität meines Studiums am Wiener Juridicum hat mir ermöglicht, mich um ein Volontariat im Salzburger EU-Verbindungsbüro in Brüssel zu bemühen. In den vergangenen vier Wochen habe ich gesehen: Auch die Europäische Union ist in der aktuellen Verfasstheit alles andere als perfekt. Sie ist eine ewige Baustelle. Allerdings eine Baustelle, die nachhaltig den Frieden in Europa sichert und deren Entwicklung wir bei den kommenden Wahlen am 26. Mai 2019 mitbestimmen können.
Das Volontariat im Salzburger EU-Verbindungsbüro in Brüssel war für mich eine Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen der EU-Institutionen zu werfen und zu sehen, wie in einem jahrelangen Prozess unter Berücksichtigung verschiedenster Interessen Richtlinien und Verordnungen geformt werden und wie man dabei auch der Stimme des Bundeslandes Salzburg Gehör verschaffen kann.

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