Atelier in Teheran



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2012 wurde erstmals ein sechswöchiger Arbeitsaufenthalt in Teheran, der Hauptstadt des Irans angeboten. Gemeinsam mit der österreichischen Botschaft dort wird dieser Auslandsaufenthalt für eine/n Salzburger/in organisiert und finanziert.
Der Künstler oder die Künstlerin kann im Teehaus mit großem Vorgarten in der Residenz des österreichischen Botschafters in Teheran leben und arbeiten. Das Teehaus verfügt über ein nicht durch Mauern getrenntes Schlafzimmer mit Doppelcouch, ein Arbeitszimmer und Nassbereich (WC, Dusche, kleine Küche).
Das österreichische Kulturforum zahlt den Flug und hat noch ein kleines Budget für Reisen im Lande, welche sehr empfohlen werden.
Unsere Künstler werden vom österreichischen Botschafter und vom Kulturforum betreut.

Aus dem Bericht des ersten Salzburgers,
Christian Schöder, Herbst 2012:
Der Iran war für mich ein unbekanntes Gebiet, von negativen Medienmeldungen überschattet, durch seine Historie und Kultur beeindruckend und von iranischen Bekannten in Österreich gepriesen. Ein generelles Bild kann ich mir auch nach meinem 6-wöchigem Aufenthalt nicht machen. Mein Gefühl sagt mir dass ich mindestens 2 Länder/Kulturen bereist habe. Einerseits den Iran und seine Bevölkerung, die in ihrer Gastfreundschaft unübertroffen sind, herzlich, warm, offen, interessiert, neugierig und wissbegierig, und andererseits die Islamische Republik, die offen gesagt eine Diktatur ist, die ihre Anhänger verliert und auch schon vergessen hat. Besonders im Kulturbereich spürt man die Restriktionen ständig, was natürlich auch die Kunstproduktion und den Ausdruck der Kunst beeinflusst.
Aber auch im alltäglichen Leben und als Tourist bemerkt man die Zweideutigkeit, welche die Regierung hervorruft und erzwingt. Jede/r IranerIn die ich kennenlernte führt 2 Leben: eines in der Öffentlichkeit und ein privates. In Gesprächen mit Künstlern, Arbeitern, Studenten, Bauern, Taxifahrern, Architekten usw. kam immer wieder die Regierung vor, und davor meistens die Frage was man denn vom Iran halte.
Für einen naturverliebten Menschen wie mich bietet der Iran enorm viel: Wald bis Dschungel, Meer bis Wüste und wunderschöne Berge sind hier zu finden. Leider hatte ich mir in Teheran schnell zu viel aufgehalst: ein Konzert im Café 78 war der Auftakt, bei dem ich viele Bekanntschaften machte und eine Performance in der Residenz des Botschafters, mit 25 Mitwirkenden, nach 5 Tagen Probezeit, der Abschluss. Beides war ein voller Erfolg und ich hoffe meine Kontakte, besonders zu der Eastgallery, die mich zu zwei Ausstellungen eingeladen hat, bringen mich ein weiteres Mal in den Iran. Denn weiter südlich als bis Isfahan und der Wüste Kabir kam ich leider nicht. Zuvor reiste ich eine Woche ins Almut-tal mit den zerstörten Festungen von Hassan Sabah. Das Reisen im Iran war nicht ganz einfach, aber mit etwas Geduld und Gelassenheit funktioniert es eigentlich ganz gut, auch wenn die Englischkenntnisse ausserhalb von Teheran dürftig werden. Busse sind billig und fahren eigentlich ständig. Es fanden sich immer hilfsbereite Iraner, die ihr Englisch verbessern und ihr Wissen über Europa vergrössern wollen. Alles was man zum Reisen aber auch zum Campen benötigt findet man in jeder größeren Stadt. Als Vegetarier hat man es im Restaurant recht schwer, denn auch wenn die typischen Gerichte zuhause meist fleischlos sind - im Restaurant überwiegen die Lamm-, Huhn- und Rindgerichte. Die Angestellten werden alles in Bewegung setzen um den vegetarischen Gusto zu befriedigen und sind bestürzt, fast schon beschämt wenn man dann doch nur Beilagen isst.
Wenn man kaffeesüchtig ist, sollte man aufgrund der hohen Preise seinen eigenen aus Österreich mitnehmen.
Die Kunstszene in Teheran läuft ziemlich gut. Eigentlich sogar sehr gut, die meisten Galerien haben nach der Eröffnung 70-80 % der Werke verkauft, die Büros sind voll mit Arbeiten, die fertig verpackt zum Verschicken bereit sind. Von den ca. 50 Galerien habe ich ca. 15 besucht, einige davon haben tolle Räume und sind sehr europäisch orientiert. Jeden Freitag (der Sonntag im Islam) finden Eröffnungen statt, bei denen sich Galeristen, Künstler, Studenten, Kreative und Sammler treffen. Statt Wein gibt es Tee, anstelle der Brötchen Kekse und Obst, ansonsten sind die Unterschiede nicht sehr gravierend. Jedenfalls bei den Ausstellungen der Avantgarde. Denn der Kunstmarkt teilt sich in 2 Fraktionen: Einen Teil, der den Weg nach Europa sucht und in dieser Tradition arbeitet und den Teil, der zur Kunstmesse nach Dubai will und traditionelle Miniaturen und Kalligrafien produziert. Aber natürlich gibt es auch Arbeiten, die den Weg der Mitte beschreiten und diese 2 unterschiedlichen Positionen untersuchen.
Besonders interessant fand ich allerdings die Performanceszene, die erst seit kurzem "existiert" (in die Öffentlichkeit rückt) und grösstenteils aus dem Underground kommt. Eastgallery ist einer der Orte, der Performance, Soundinstallation und neue Medien einem Publikum zugänglich macht. Meine Zusammenarbeit mit dem ICCD (Invisible Center of Contemporary Dance) war sehr fruchtend und bot für den iranischen Künstlern die Möglichkeit, die Residenz des Botschafters als Freiraum zu nutzen.

Die Zusammenarbeit mit Botschafter Dr. Thomas Buchsbaum war grossartig. Sein Netzwerk mit Galerien und Künstlern in Teheran ist sehr gut und macht es für Artists in Residence einfach Kontakte zu knüpfen. Doch auch die Freiheit der Kunst wird von ihm nicht nur anerkannt, sondern ermutigt, was sich in der Gartenperformance "Private Open Garden" bestätigte. Das Teehaus bietet ein tolles Umfeld, das vielleicht nicht perfekt zum Arbeiten ist (kein explizites Studio und Internet nur auf der Veranda der Botschaftervilla) aber super zum Leben und Erholen von der Umweltverschmutzung und Geschwindigkeit der Stadt.
Die Mitarbeiter des Kulturforums in Teheran waren sehr nett und hilfsbereit. Das ÖKF ein guter und auch beliebter Ort, was auch durch den Bekanntheitsgrad des Forums bei Künstlern und Studenten unterstrichen wird.

Meine Tipps für weitere Aufenthalte Salzburger Künstler in Teheran sind folgende:
Die Dauer des Aufenthalts, 6 Wochen in dieser Riesenstadt und diesem Riesenland sind leider nur eine Eingewöhnungsphase, erst danach kann man anfangen ernsthaft zu arbeiten, denn ein Vorbereiten von Österreich aus gestaltet sich manchmal schwierig.
Zu empfehlen ist es, die neueste Ausgabe des Lonely Planet Iran und Gelsenstecker mitzunehmen.


Marlies Pöschl schreibt nach ihrem Aufenthalt im Mai 2013:

Nach meiner Rückkehr von Teheran nach Wien, war die erste Frage, die mir von allen Seiten gestellt wurde: Wie war es für dich als Frau dort? Und das war auch die Frage, die mich auf dem Weg dorthin am meisten beschäftigt hat. Daran, Kopftuch und Manteau (einen langärmligen knielangen Mantel) immer in der Öffentlichkeit zu tragen, gewöhnt man sich relativ schnell, auch wenn es unangenehm ist. Daneben gibt es natürlich im öffentlichen Leben noch eine Menge anderer Einschränkungen, die mehr oder weniger störend sind (Sport praktisch nur in geschlossenen Räumen, Rauchverbot für Frauen in der Öffentlichkeit, usw.). Im Großen und Ganzen muss ich aber sagen – als Europäerin hatte ich im Iran relativ viel Bewegungsfreiheit. Denn ich hatte ja immer den Status der Ausländerin, auf die die Regeln nicht so streng angewendet werden. Und das Kopftuch ist letztlich ein Symbol für die ungleichen Rechte von Frauen und Männern - die realen Einschränkungen und Benachteiligungen liegen versteckter und tiefer.

Schon nach einem Tag in Teheran wird klar, dass das Leben ziemlich anders ist, als man es man es sich Medienberichten, Filmen und Büchern zufolge vorgestellt hat. Die IranerInnen sind, obwohl sie derzeit mit der extrem schwierigen wirtschaftlichen Lage zu kämpfen haben, außerordentlich gastfreundlich, offen, lebenslustig und großzügig. Fast alle IranerInnen, die ich getroffen habe, können sich nicht mit der Politik der Regierung identifizieren, hängen aber mit einer überwältigenden Liebe an ihrem Land. Und sie sind sehr bemüht, BesucherInnen nur die besten und schönsten Seiten dieses Landes zu zeigen. Das hat den Aufenthalt für mich zu einer sehr bereichernden und produktiven Zeit gemacht.

Die Betreuung durch den österreichischen Botschafter, Dr. Thomas Buchsbaum war wunderbar. Er hat sich viel Zeit genommen, um mir die Teheraner Kunstszene näherzubringen. Da er sehr gut vernetzt ist, habe ich schnell Anschluss an interessante Teheraner KünstlerInnen und FilmemacherInnen gefunden. Auch für die Realisierung meines Projektes hat er großzügiger Weise den Pool in seiner Residenz als Drehort zur Verfügung gestellt.

Das ÖKF erscheint mit seinem kleinen Garten wie eine Oase in dieser hektischen Stadt und ist ein sehr lebhafter, vielfältiger Ort, an dem viele interessante Veranstaltungen stattfinden. Es genießt eine gute Wahrnehmung in der Teheraner Öffentlichkeit und besonders die Filmworkshops wurden von einigen meiner neuen Freunde sehr geschätzt. Frau Saalabian und ihre MitarbeiterInnen sind ausgesprochen engagiert und haben mich nicht nur bei der Veranstaltung meines Screenings, sondern auch bei der Realisierung meiner neuen Arbeiten tatkräftig und kompetent unterstützt.

Bei der Planung meines Aufenthaltes orientierte ich mich an der Empfehlung Christian Schröders, mindestens 6 Wochen im Iran zu bleiben. In Rücksprache mit Herrn Dr. Buchsbaum blieb ich also im April in Teheran und nutzte anschließend 10 Tage im Mai für Reisen im Land. Und im Nachhinein betrachtet kann ich nur zustimmen: Man braucht mindestens 6 Wochen, um sich in Teheran zurecht zu finden, möglichst viele Eindrücke und Material zu sammeln und die einmalige Chance zu nützen, dieses schöne, riesige und kontrastreiche Land zu bereisen. Den April als Zeitraum für die Residency kann ich nur wärmstens empfehlen – die Orangenbäume und der Flieder blühen, es ist warm und die Luftverschmutzung ist verhältnismäßig gering.

Das Teehaus ist ein bezaubernder Ort, an dem man – abseits von der Hektik Teherans - ungestört arbeiten kann. Vorausgesetzt man hat eine Praxis, die nicht wirklich materialintensiv ist – denn für Skulpturen beispielsweise ist der Arbeitsplatz eher wenig geeignet. Die Internetverbindung ist leider, obwohl es mittlerweile schon ein eigenes WLan Modem für das Teehaus gibt, immer noch ziemlich dürftig. Anfang April sind die Nächte im Teehaus noch relativ kühl - da die Heizung im Arbeitsraum steht, braucht man zum Schlafen mindestens einen sehr warmen Pyjama.

Alleine zu reisen fand ich auch als Frau sehr unproblematisch – zumindest in größeren Städten wie Isfahan, Yazd und Shiraz. Es sind dort relativ viele Backpackerinnen unterwegs und die meisten konnten nur Positives berichten. Man kann sich überall gut durchschlagen, auch wenn der Großteil der IranerInnen kein Englisch spricht, denn diejenigen, die es können, sind dafür extrem hilfsbereit und begleiten einen sogar den ganzen Weg bis zum nächsten Museum.

     













Fotos von Christian Schröder, Herbst 2012

Biild Arbeitsbereich Christian Schröder

Bild Blick in den Garten Christian Schroeder

Bild Schreibtisch Christian Schröder

Bild Teehaus Atelierwohnung Christian Schröder



Aufenthalt im Jahr Künstlerin / Künstler lebt in
2012 Christian Konrad Schröder    Radstadt, Wien
2013 Marlies Pöschl Wien
2014 Jakob Buchner Wien
2015 Lavinia Lanner Wien
​2016​Beate Terfloth​Salzburg
​2017​Nadine Weixler​Wien
​2018​Anja Ronacher​Wien
​2019​Klaus Taschler