EU-Flash Nr. 174 vom 10. Mai 2021

AdR-Plenartagung: Lehren aus der COVID-19-Krise

Die EU-Erweiterung, die Erfahrungen der Regionen in der COVID-Krise, insbesondere im Hinblick auf den Aufbau einer EU-Gesundheitsunion, die Zukunft Europas und die Wiederbelebung der Reisebranche - diese wichtigen zukunftsweisenden Themen für die Regionen, Städte und Gemeinden in der EU standen auf der Tagesordnung der Mai-Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen.

Die 144. Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) fand von 5. bis 7.Mai 2021 im COVID-19-Format statt. Damit wurde AdR-Mitgliedern eine Teilnahme per Videokonferenz ermöglicht. Die Abstimmungen wurden im Online-Format gehalten. Das Land Salzburg wurde von Landeshauptmann a.D. Franz Schausberger vertreten.

EU-Erweiterung: Beitrittsperspektive für die Länder im Westbalkan wichtig

In der Debatte über die EU-Erweiterungspolitik zeigte sich, dass es hierbei um eine geostrategische Investition für Frieden, Stabilität, Sicherheit und Wirtschaftswachstum geht. Alle Länder des westlichen Balkans sollten EU-Mitglieder werden und ihr Beitritt wäre gut für diese Länder und auch für die EU, aber diese Länder müssen alle Kriterien für die Mitgliedschaft in der EU erfüllen. AdR-Berichterstatter Nikola Dobroslavić für das Erweiterungspaket 2020, Präsident von Dubrovnik-Neretva, führte aus, dass der Wirtschafts- und Investitionsplan für die westlichen Balkanstaaten, der EU-Hilfen für Investitionen in Höhe von 9 Mrd. EUR ankündigt, höchst willkommen sei und den Beitrittsprozess fördern kann.
AdR-Plenartagung mit Franz Schausberger. Im COVID-19-Format wird den AdR-Mitgliedern eine Teilnahme per Videokonferenz ermöglicht.© Landes-Europabüro Salzburg
Landeshauptmann a. D. Franz Schausberger begrüßte die klaren Positionen des Berichterstatters. Diese sollten „möglichst nicht aufgeweicht“ werden. Gut sei, dass in der AdR-Stellungnahme zum EU-Erweiterungspaket 2020 sehr deutlich auf die unzureichenden Reformfortschritte der einzelnen Kandidatenländer eingegangen und vor allem auf die Mängel in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, demokratische Institutionen und Korruptionsbekämpfung hingewiesen werde. Schausberger unterstrich: „Der deutliche Hinweis auf die unzureichenden Reformfortschritte der einzelnen Kandidatenländer, vor allem in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, demokratische Institutionen, Korruptionsbekämpfung, ist unerlässlich. Ebenso aber ist es dringend notwendig, dass alle EU-Mitgliedstaaten – unabhängig von ihren nationalen Detailinteressen – ernsthaft ihre Bereitschaft zum Beitrittsprozess für die Westbalkanstaaten bekunden. Dabei ist seitens der EU besonders darauf hinzuweisen, dass die notwendigen Reformen in der öffentlichen Verwaltung der Westbalkanstaaten ohne Dezentralisierung und Stärkung der Kapazitäten der regionalen und lokalen Selbstverwaltungen nicht funktionieren werden.“
Dennoch sei es dringend notwendig, dass alle EU-Mitgliedstaaten – unabhängig von ihren nationalen Detailinteressen – ernsthaft ihre Bereitschaft zum Beitrittsprozess für die Westbalkanstaaten bekunden. Schausberger mahnte: „Seitens der EU ist ein stärkeres Engagement dringend notwendig, weil sich sonst außereuropäische Kräfte im Westbalkan festsetzen.“

Lehren aus COVID-19 im Bereich Gesundheit

Im Mittelpunkt des zweiten Tages der dreitägigen AdR-Plenartagung standen die Erfahrungen der Regionen, Städte und Gemeinden mit den Folgen der COVID-19-Krise, denn auch wenn es sehr große regionale Unterschiede in den Gesundheitssystemen der Mitgliedstaaten gibt, haben die Regionen und Kommunen überall einen großen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu leisten. „Es wird notwendig sein, die Frage der Zuständigkeiten im Gesundheitsbereich auch im Rahmen der Konferenz zur Zukunft der EU zu diskutieren und ebenso die Rolle der verschiedenen Ebenen im Sinne der Multi-level-Governance während der Krise genau zu evaluieren“, zeigte sich Schausberger überzeugt und ergänzte: „Aus meiner Beobachtung gab es nicht nur auf europäischer Ebene und auf nationaler Ebene, sondern auch auf der Ebene der Regionen und Kommunen Probleme bei der Koordination und der sinnvollen Zusammenarbeit.“

Ländliche Regionen gewinnen an Bedeutung

Auch auf die Situation in den ländlichen Regionen wurde eingegangen. Hier sei es durch COVID-19 zu neuen Herausforderungen gekommen, wie Schausberger unterstrich: „Haben wir es in den letzten Jahren mit einer starken Landflucht in die Städte zu tun gehabt, so hat sich in vielen Bereichen durch Corona eine gewisse Umkehr ergeben. Viele ländliche Regionen sind für die städtische Bevölkerung wieder attraktiver geworden. Dazu ist es aber notwendig, die Digitalisierung dieser Regionen voranzutreiben durch bessere Breitbandversorgung, bessere Bildungseinrichtungen, bessere Verkehrsverbindungen, Telearbeitsplätze usw. Dazu zählt auch die Versorgung mit regionalen Produkten. Dazu sollten auch Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufonds eingesetzt werden, womit aus der Krise auch eine Chance für die Stärkung der ländlichen Regionen werden könnte.“

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sowohl der ländlichen Regionen wie auch der urbanen Räume bleibt ein wichtiges verbindendes Element in Europa. Franz Schausberger ergänzte die Salzburger Perspektive in der Debatte und unterstrich, dass alle Regionen bei der Bekämpfung der Pandemie eine wichtige Rolle zu spielen haben. „Die Pandemie kann nicht allein auf europäischer oder nationaler Ebene behandelt werden“, führte Schausberger aus. Er betonte die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene zu prüfen. Schausberger sagte, dass einige vor der Pandemie die ländlichen Regionen verlassen hatten und einige zurückkehrten, als sich die Krise entwickelte. Das beweist, dass wir mehr in Bildung, Verkehr und Digitalisierung investieren müssen und dass das EU-Aufbauinstrument für stärkere Chancen des ländlichen Raums sorgen muss.“

Zukunftsdebatte: Jugend ans Wort

Zum Abschluss der AdR-Plenartagung standen am 3. Tag die Fortschritte beim digitalen grünen Zertifikat für Reiseerleichterungen in der EU, die Wiederbelebung der Reisebranche sowie des Hotel- und Gaststättengewerbes und die Konferenz zur Zukunft Europas am Programm.
Mit Herman Van Rompuy, dem Vorsitzenden der Hochrangigen Gruppe „Europäische Demokratie“ des AdR, ging es um die Stimme der Regionen, Städte und Gemeinden im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas. Es sei wichtig, dass die Konferenz in die Regionen und Städte hinausgehe, dort müsse man „vor allem mit den Jugendlichen diskutieren“, so Schausberger, der sich sehr erfreut zeigte, „dass der Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich in alle Regionen kommt und dort öffentliche Diskussionen mit jungen Menschen abhält.“ Schausberger gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Ergebnisse auch ernsthafte Resonanz auf europäischer Ebene finden, „damit wir die jungen Leute nicht enttäuschen.“ Auch für die Erweiterungsländer des Westbalkans sei es wichtig, in die Diskussion in geeigneter Weise einbezogen zu werden. Schausberger warnte: „Auch in diesen Ländern müssen wir auf die regionale und lokale Ebene gehen. Dort kommt nämlich sonst niemand hin, um über Europa zu diskutieren. Es ist für uns wichtig, zu hören, was man in den künftigen Mitgliedsländern über das gemeinsame Europa denkt.“
© Europäische Union / AdR

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