Die 144.
Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) fand von
5. bis 7.Mai 2021 im COVID-19-Format statt. Damit wurde AdR-Mitgliedern eine Teilnahme
per Videokonferenz ermöglicht. Die Abstimmungen wurden im Online-Format
gehalten. Das Land Salzburg wurde von Landeshauptmann a.D. Franz Schausberger
vertreten.
EU-Erweiterung: Beitrittsperspektive für die Länder im Westbalkan wichtig
In der
Debatte über die EU-Erweiterungspolitik zeigte sich, dass es hierbei um eine
geostrategische Investition für Frieden, Stabilität, Sicherheit und
Wirtschaftswachstum geht. Alle Länder des westlichen Balkans sollten
EU-Mitglieder werden und ihr Beitritt wäre gut für diese Länder und auch für
die EU, aber diese Länder müssen alle Kriterien für die Mitgliedschaft in der
EU erfüllen. AdR-Berichterstatter Nikola Dobroslavić für das Erweiterungspaket
2020, Präsident von Dubrovnik-Neretva, führte aus, dass der Wirtschafts- und
Investitionsplan für die westlichen Balkanstaaten, der EU-Hilfen für
Investitionen in Höhe von 9 Mrd. EUR ankündigt, höchst willkommen sei und den
Beitrittsprozess fördern kann.
AdR-Plenartagung mit Franz Schausberger. Im COVID-19-Format wird den AdR-Mitgliedern eine Teilnahme per Videokonferenz ermöglicht.© Landes-Europabüro SalzburgLandeshauptmann
a. D. Franz Schausberger begrüßte die klaren Positionen des Berichterstatters. Diese
sollten „möglichst nicht aufgeweicht“ werden. Gut sei, dass in der
AdR-Stellungnahme zum EU-Erweiterungspaket 2020 sehr deutlich auf die
unzureichenden Reformfortschritte der einzelnen Kandidatenländer eingegangen
und vor allem auf die Mängel in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit,
demokratische Institutionen und Korruptionsbekämpfung hingewiesen werde.
Schausberger unterstrich: „Der deutliche Hinweis auf die unzureichenden
Reformfortschritte der einzelnen Kandidatenländer, vor allem in den Bereichen
Rechtsstaatlichkeit, demokratische Institutionen, Korruptionsbekämpfung, ist
unerlässlich. Ebenso aber ist es dringend notwendig, dass alle
EU-Mitgliedstaaten – unabhängig von ihren nationalen Detailinteressen –
ernsthaft ihre Bereitschaft zum Beitrittsprozess für die Westbalkanstaaten
bekunden. Dabei ist seitens der EU besonders darauf hinzuweisen, dass die
notwendigen Reformen in der öffentlichen Verwaltung der Westbalkanstaaten ohne
Dezentralisierung und Stärkung der Kapazitäten der regionalen und lokalen
Selbstverwaltungen nicht funktionieren werden.“
Dennoch
sei es dringend notwendig, dass alle EU-Mitgliedstaaten – unabhängig von ihren
nationalen Detailinteressen – ernsthaft ihre Bereitschaft zum Beitrittsprozess
für die Westbalkanstaaten bekunden. Schausberger mahnte: „Seitens der EU ist ein
stärkeres Engagement dringend notwendig, weil sich sonst außereuropäische
Kräfte im Westbalkan festsetzen.“
Lehren aus COVID-19 im Bereich Gesundheit
Im
Mittelpunkt des zweiten Tages der dreitägigen AdR-Plenartagung standen die
Erfahrungen der Regionen, Städte und Gemeinden mit den Folgen der
COVID-19-Krise, denn auch wenn es sehr große regionale Unterschiede in den
Gesundheitssystemen der Mitgliedstaaten gibt, haben die Regionen und Kommunen
überall einen großen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Pandemie zu leisten.
„Es wird notwendig sein, die Frage der Zuständigkeiten im Gesundheitsbereich
auch im Rahmen der Konferenz zur Zukunft der EU zu diskutieren und ebenso die
Rolle der verschiedenen Ebenen im Sinne der Multi-level-Governance während der
Krise genau zu evaluieren“, zeigte sich Schausberger überzeugt und ergänzte:
„Aus meiner Beobachtung gab es nicht nur auf europäischer Ebene und auf
nationaler Ebene, sondern auch auf der Ebene der Regionen und Kommunen Probleme
bei der Koordination und der sinnvollen Zusammenarbeit.“
Ländliche Regionen gewinnen an Bedeutung
Auch auf
die Situation in den ländlichen Regionen wurde eingegangen. Hier sei es durch
COVID-19 zu neuen Herausforderungen gekommen, wie Schausberger unterstrich:
„Haben wir es in den letzten Jahren mit einer starken Landflucht in die Städte
zu tun gehabt, so hat sich in vielen Bereichen durch Corona eine gewisse Umkehr
ergeben. Viele ländliche Regionen sind für die städtische Bevölkerung wieder
attraktiver geworden. Dazu ist es aber notwendig, die Digitalisierung dieser
Regionen voranzutreiben durch bessere Breitbandversorgung, bessere
Bildungseinrichtungen, bessere Verkehrsverbindungen, Telearbeitsplätze usw.
Dazu zählt auch die Versorgung mit regionalen Produkten. Dazu sollten auch
Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufonds eingesetzt werden, womit aus der Krise auch
eine Chance für die Stärkung der ländlichen Regionen werden könnte.“
Die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit sowohl der ländlichen Regionen wie auch der
urbanen Räume bleibt ein wichtiges verbindendes Element in Europa. Franz Schausberger
ergänzte die Salzburger Perspektive in der Debatte und unterstrich, dass alle
Regionen bei der Bekämpfung der Pandemie eine wichtige Rolle zu spielen haben.
„Die Pandemie kann nicht allein auf europäischer oder nationaler Ebene behandelt werden“,
führte Schausberger aus. Er betonte die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit auf
regionaler Ebene zu prüfen. Schausberger sagte, dass einige vor der Pandemie
die ländlichen Regionen verlassen hatten und einige zurückkehrten, als sich die
Krise entwickelte. „Das beweist, dass wir mehr in Bildung, Verkehr und
Digitalisierung investieren müssen und dass das EU-Aufbauinstrument für
stärkere Chancen des ländlichen Raums sorgen muss.“
Zukunftsdebatte: Jugend ans Wort
Mit
Herman Van Rompuy, dem Vorsitzenden der Hochrangigen Gruppe „Europäische
Demokratie“ des AdR, ging es um die Stimme der Regionen, Städte und Gemeinden im
Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas. Es sei wichtig, dass die Konferenz in
die Regionen und Städte hinausgehe, dort müsse man „vor allem mit den
Jugendlichen diskutieren“, so Schausberger, der sich sehr erfreut zeigte, „dass der
Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich in alle Regionen kommt und
dort öffentliche Diskussionen mit jungen Menschen abhält.“ Schausberger gab
seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Ergebnisse auch ernsthafte Resonanz auf
europäischer Ebene finden, „damit wir die jungen Leute nicht enttäuschen.“ Auch
für die Erweiterungsländer des Westbalkans sei es wichtig, in die Diskussion in
geeigneter Weise einbezogen zu werden. Schausberger warnte: „Auch in diesen
Ländern müssen wir auf die regionale und lokale Ebene gehen. Dort kommt nämlich
sonst niemand hin, um über Europa zu diskutieren. Es ist für uns wichtig, zu
hören, was man in den künftigen Mitgliedsländern über das gemeinsame Europa
denkt.“
© Europäische Union / AdR