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Nr. 392 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages

(3. Session der 11. Gesetzgebungsperiode)

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Vorlage der Landesregierung

G e s e t z

vom . . . . . . . , mit dem das Salzburger Behindertengesetz 1981 und das Salzburger Schulorganisations-Ausführungsgesetz 1995 geändert werden

Der Salzburger Landtag hat beschlossen:

Artikel I

Das Salzburger Behindertengesetz 1981, LGBl Nr 93, wird geändert wie folgt:

1. Im § 2 werden die Worte "ordentlichen Wohnsitz" jeweils durch das Wort "Hauptwohnsitz" ersetzt.

2. Im § 15 werden folgende Anderungen vorgenommen:

2.1. Im Abs 1 lautet die lit a:

"a) Dienste für die pflegerische Betreuung von schwerstbehinder­ten Kindern an öffentlichen Pflichtschulen;"

2.2. Nach Abs 2 wird angefügt:

"(3) Soziale Dienste gemäß Abs 1 lit a dürfen in Integra­tionsklassen erst dann erbracht werden, wenn zuvor die Finanzie­rung des Betreuungspersonals und allfällig notwendiger baulicher Maßnahmen im Einvernehmen mit der Landesregierung sichergestellt wurde."

3. Nach § 22 wird angefügt:

"Inkrafttreten novellierter Bestimmungen

und Übergangsbestimmungen hiezu

§ 23

Die §§ 2 sowie 15 Abs 1 und 3 in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr .../1996 treten mit 1. September 1996 in Kraft."

Artikel II

Das Salzburger Schulorganisations-Ausführungsgesetz 1995 - SchuOG 1995, LGBl Nr 64/1995, wird geändert wie folgt:

1. Im § 1 Abs 8 entfällt der dritte Satz.

2. Nach § 49 wird angefügt:

"Inkrafttreten novellierter Bestimmungen

und Übergangsbestimmungen hiezu

§ 50

§ 1. Abs 8 in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr .../1996 tritt mit 1. September 1996 in Kraft."

E r l ä u t e r u n g e n

1. Allgemeines:

Durch das Gesetzesvorhaben soll die pflegerische Betreuung von Schwerstbehinderten Kindern allgemein im Bereich der integra­tiven Pflichtschulen sichergestellt werden. Die geltende Fassung des Salzburger Behindertengesetzes 1981 sieht im § 15 Abs 1 vor, daß der Sozialhilfeträger unter Bedachtnahme auf die örtlichen und regionalen Bedürfnisse und Verhältnisse unter anderem soziale Dienste für pflegerische Tätigkeiten in S o n d e r s c h u l - k 1 a s s e n für schwerstbehinderte Kinder in wirtschaftlich vertretbarem Ausmaß sicherzustellen hat. Zum anderen ist derzeit gemäß § 1 Abs 8 dritter Satz des Salzburger Schulorganisations­Ausführungsgesetzes 1995 (SchuOG 1995) die dem Land auferlegte Verpflichtung, für die Betreuung Schwerstbehinderter Kinder das erforderliche qualifizierte Personal (ds Pfleger und sonstige Be­treuungspersonen, die zusätzlich zu den Lehrern und Erziehern er­forderlich sind) beizustellen, auf g a n z t ä g i g e Schul­formen beschränkt. Nicht geregelt ist damit, wer für dieses Per­sonal in anderen, nicht ganztägigen Pflichtschulen verantwortlich ist und daher die Kosten hiefür zu tragen hat. Die Verpflichtung, für die Leistung dieser besonderen Behindertenhilfe Sorge zu tra­gen, soll dem Land als Sozialhilfeträger im Rahmen der sozialen Dienste für Behinderte zukommen. Für die Kostentragung soll die allgemeine Aufteilung gemäß § 40 des Sozialhilfegesetzes (SHG), auf die im § 16 des Behindertengesetzes verwiesen wird, zum Tra­gen kommen. Auf diese Weise soll bis auf weiteres sichergestellt werden, daß ein integrativer Unterricht dieser Kinder nicht be­reits an der Finanzierung des erforderlichen zusätzlichen Pfle­gepersonals scheitert. Gleichzeitig wird zur Vermeidung unnot­wendiger Zweigleisigkeit die oben angeführte Bestimmung des § 1 Abs 8 dritter Satz SchuOG 1995 in das Behindertengesetz inte­griert.

2. Verfassungsrechtliche Grundlage:

Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg 8831 besteht für den Landesgesetzgeber die Zuständigkeit, im Rahmen seiner Generalkompetenz (Art 15 Abs 1 B-VG) Maßnahmen der Behin-

dertenhilfe dann vorzusehen, wenn sie nicht (vornehmlich) auf Ge­sichtspunkte zurückzuführen sind, die sich aus einem dem Bund zur Regelung vorbehaltenen Sachgebiet ergeben. Zur Frage der kompe­tenzrechtlichen Einordnung des personenbezogenen Hilfspersonals an Sonderschulen sowie bei der integrativen Beschulung von schwerstbehinderten Kindern wird davon ausgegangen, daß Beistel­lung und Tätigkeit dieses Personals im Rahmen des Anstaltsbetrie­bes der Schulen eine Angelegenheit der äußeren Schulorganisation darstellen und daher an öffentlichen Pflichtschulen in der Aus­führungsgesetzgebung und Vollziehung gemäß Art 14 Abs 3 lit b B-VG Landessache sind (siehe auch die Stellungnahme des Bundes­kanzleramtes vom 17. September 1994, GZ 601.587/1-V/6-94). Ent­sprechende Regelungen sind entweder in den Ausführungsgesetzen zum Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz oder im Sinne der Ge­sichtspunktetheorie in den Behinderten- bzw Sozialhilfegesetzen zu treffen. (Teilweise wird dagegen von einigen Ländern unter Berufung auf die Generalklausel des Art 14 Abs 1 B-VG für die Angelegenheiten des personenbezogenen Nichtlehrerpersonals eine ausschließliche Bundeszuständigkeit gesehen.)

3. Übereinstimmung mit EU-Recht:

Der Gesetzentwurf steht nicht im Widerspruch zu gemein­schaftsrechtlichen Bestimmungen.

4. Kosten:

Mit Stand Oktober 1995 erfüllten 288 schwerstbehinderte Kinder an Sonderschulen und. 37 schwerstbehinderte Kinder an einer (normalen) Volks- oder Hauptschule ihre Schulpflicht. Von diesen

37 schwestbehinderten Kindern hatten zehn Kinder einen Bedarf an Diensten für pflegerische Tätigkeiten. Ausgehend von einem pfle­gerischen Betreuungsbedarf für zusammen zehn Kindern an acht ver­schiedenen Schulen hat die mit dem Sozial- und Wohlfahrtswesen betraute Abteilung des Amtes der Landesregierung für 1996 eine Gesamtkostenbelastung in Höhe von 1 Mio S errechnet. Nicht berücksichtigt ist bei dieser Kalkulation eine zu erwartende Erhöhung der Zahl, der integrativ beschulten schwerstbehinderten Kinder ab dem Schuljahr 1996/97. Für die Zukunft ist jedenfalls da­von auszugehen, daß die Kosten für die pflegerische Betreuung pro Kind mit etwa 100.000 S zu veranschlagen sind. Hiebei handelt es sich um echte Zusatzkosten, die in der weiteren Folge nach dem geltenden Aufteilungsschlüssel (§ 40 SHG) zur Hälfte auf die Gemeinden und zur Hälfte auf das Land verteilt werden. Da die Nachfrage nach integrativen Lösungen in den kommenden Schuljahren stark steigen wird, muß in den nächsten Jahren mit einem eben­solchen Ansteigen der Kosten gerechnet werden. Ein Kostenberech­nungsmodell der für das Behindertenwesen zuständigen Abteilung nimmt als Obergrenze an betreuungsbedürftigen Schwerstbehinderten 43 Kinder an. Bei Kosten je Kind von 100.000 S errechnen sich daraus Gesamtkosten von 4,3 Mio S und ein Landesanteil von 2,15 Mio S, ausgehend von 150.000 S je Kind 6,45 Mio S gesamt und 3,225 Mio S für das Land. Ein zusätzlicher Personalbedarf im Amt der Landesregierung wird nicht erwartet. Die Bestimmung des 1. Abschnittes Abs 1 des Landeshaushaltsgesetzes 1996 ist be­achtet. Der Gesetzesvorschlag sieht in diesem Zusammenhang im § 15 Abs 3 (neu) eine Bestimmung vor, die kostendämpfend wirken soll.

5. Ergebnis des Begutachtungsverfahrens:

Der Gesetzentwurf stieß im Begutachtungsverfahren grund­sätzlich auf Zustimmung. Von mehreren Seiten wurde allerdings darauf hingewiesen, daß sich die mit 1 Mio S veranschlagten Kosten infolge der Zunahme der Zahl der integrativ betreuten Kinder bereits ab dem Schuljahr 1996/97 bedeutend erhöhen werden. Die Finanzabteilung des Amtes der Landesregierung stellte in diesem Zusammenhang fest, daß ohne einen adäquaten Bedeckungs­vorschlag dem Gesetzesvorhaben keinesfalls zugestimmt werden könne. Die Abteilung 2 des Amtes der Landesregierung sprach sich in ihrer Stellungnahme dafür aus, die Bestimmung des § 1 Abs 8 dritter Satz SchuOG 1995 zur Vermeidung einer Zweigleisigkeit in das Behindertengesetz zu überstellen. Damit würde sich auch das Problem einer unterschiedlichen Interpretation dieser Bestimmung durch das Land einerseits und den Österreichischen Städtebund, Landesgruppe Salzburg, bzw den Salzburger Gemeindeverband an­dererseits erübrigen.

Die im Begutachtungsverfahren eingelangten Stellungnahmen wurden unter der Federführung des Legislativ- und Verfassungs-

dienstes mit Vertretern der Abteilungen 2, 3, 8 und 11 des Amtes der Landesregierung erörtert. Die einvernehmlichen Ergebnisse dieser Besprechung sind in den Gesetzesvorschlag eingearbeitet. Einvernehmen bestand dabei auch darüber, daß ein gewisser Pro­zentsatz des Pflegegeldes für die pflegerische Betreuung von Schwerstbehinderten Kindern an öffentlichen Pflichtschulen ein­gesetzt werden soll. Dazu ist das Pflegegeldgesetz zu ändern.

6. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen:


Zu Art I Z 1:

In Entsprechung der Bestimmung des Art 151 Abs 9 B-VG wird der Begriff "ordentlicher Wohnsitz" durch den Begriff "Hauptwohn­sitz" ersetzt.

Zu Art II Z 2.1:

Erfaßt werden die notwendigen Pflegedienstleistungen für schwerstbehinderte Kinder sowohl in Sonderschulklassen als auch in Integrationsklassen der Volks- und Hauptschulen sowie Poly­technischen Lehrgänge. Eingeschlossen sind dabei durch den Ent­fall des dritten Satzes im § 1 Abs 8 SchuOG 1995 auch die ganz­tägigen Schulformen.

Derzeit sind schulpflichtige Kinder mit sonderpädagogi­schem Förderbedarf berechtigt, die allgemeine Schulpflicht ent­weder in einer Sonderschule oder (unter bestimmten Voraussetzun­gen) in einer den sonderpädagogischen Förderbedarf erfüllenden Volksschule zu erfüllen (§ 8a Abs 1 Schulpflichtgesetz 1985). Die Beurteilung des Behinderungsgrades obliegt der Schulbehörde, die festzustellen hat, ob ein Kind vom Umfang seines sonderpädago­gischen Förderbedarfes her im Rahmen der Bildungsaufgaben einer Sonderschule für schwerstbehinderte Kinder zu fördern bzw zu unterrichten ist (§ 8 Abs 1 Schulpflichtgesetz 1985). Auch die Entscheidung über die Beschulung eines Schwerstbehinderten Kindes in einer Regelschule liegt in der Zuständigkeit der Schulbehörde. Spricht sich die Schulbehörde für eine integrative Beschulung aus, bedarf es in der weiteren Folge auch des Einvernehmens mit dem Schulerhalter (Gemeinde). Die Aufgabenstellung der Behindertenhilfe beschränkt sich im Fall der Entscheidung für eine inte­grative Beschulung darauf, daß die notwendigen Pflegeleistungen zur Verfügung stehen und das Personal dafür bezahlt wird.

Zu Art I Z 2.2:

Mit dieser Bestimmung soll erreicht werden, daß die Ent­scheidung der Schulbehörde auf integrative Beschulung eines schwerstbehinderten Kindes erst dann ergeht, wenn vorher die Finanzierung des Betreungspersonals und allfälliger baulicher Erfordernisse (zB Einbau einer behindertengerechten Naßzelle) sichergestellt ist. Bei der gemäß § 15 Abs 1 des Behindertenge­setzes 1981 zu erfolgenden Bedachtnahme "auf ein wirtschaftlich vertretbares Ausmaß" ist von der Landesregierung in diesem Zu­sammenhang vor allem auch zu prüfen, ob die Bedeckung im Landes­haushalt gegeben ist.

Zu Art II:

Durch die Herausnahme des dritten Satzes aus der Bestim­mung des § 1 Abs 8 SchuOG 1995 werden auch die ganztägigen Schul­formen von der (novellierten) Bestimmung des § 15 Abs 1 lit a des Behindertengesetzes erfaßt. Anzumerken ist, daß derzeit an den ganztägigen öffentlichen Pflichtschulen im Land Salzburg kein schwerstbehinderten Kind integrativ beschult wird.

Die Landesregierung stellt sohin den

A n t r a g ,

der Salzburger Landtag wolle beschließen:

l. Das vorstehende Gesetz wird zum Beschluß erhoben.

2. Die Landesregierung wird zur Vornahme formeller Änderungen im Sinne des § 58 der Geschäftsordnung des Salzburger Landtages ermächtigt.

3. Die Gesetzesvorlage wird dem Verfassungs- und Verwaltungsaus­schuß zur Beratung, Berichterstattung und Antragstellung zuge­wiesen.