Nr. 97 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages
(3. Session der 11. Gesetzgebungsperiode)
Dieses Dokument wurde automationsunterstützt erfasst. Dabei können Fehler im Text und der Formatierung auftreten. Das authentische Dokument erhalten Sie in der Landtagskanzlei: 43 (0) 662/8042-3250, landtag@salzburg.gv.at
Vorlage der Landesregierung
G e s e t z
vom . . . . . . . . , mit dem das Bautechnikgesetz geändert wird
Der Salzburger Landtag hat beschlossen:
Das Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 75/1976, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 12/1995, wird geändert wie folgt:
1. § 9 Abs. 2 lautet:
"(2) Tragende Wände aus Holz (Holzriegelwände, Blockwände u.dgl.) sind als Außenwände nur bei Bauten mit bis zu drei Vollgeschoßen zulässig."
2. Im § 11 Abs. 6 wird angefügt: "Bauten in geschlossener Bauweise, deren Außenwände aus Holz errichtet werden, sind jedenfalls durch als Brandwände ausgebildete Trennwände in derartige Brandabschnitte zu unterteilen."
3. Im § 41 wird die Verweisung "im Sinne des § 11 Abs. 4 des Bebauungsgrundlagengesetzes" durch den Klammerausdruck "(Kirchtürme, Funk- und Fernsehtürme, Industrieschornsteine u.dgl.)" ersetzt.
4. Im § 50 Abs. 1 lautet der zweite Satz: "In diesem Rahmen kann für die Errichtung und Änderung solcher Bauten die Verwendung von Bauprodukten unter Vorschreibung der erforderlichen Auflagen auch ohne eine sonst notwendige Zulassung oder unter Abweichung von den bei der Zulassung festgelegten Bedingungen gestaltet werden."
5. Im § 61 werden folgende Änderungen vorgenommen:
5.1. Die Abs. 3 bis 5 erhalten die Bezeichnung "(4)" bis "(6)" und wird eingefügt:
"(3) Die Baubehörde kann bei Wohnbauten bis zu drei Vollgeschoßen in folgendem Rahmen Ausnahmen von den Anforderungen der Brandbeständigkeit gewähren und die Verwendung brennbarer Baustoffe gestatten:
a) in offener Bauweise für die Ausführung von Brandwänden (§ 11 Abs. 1), ausgenommen in den Fällen des § 11 Abs. 2;
b) für die Ausführung von Wänden von Hauptstiegen (§ 10 Abs. 5 erster Satz), Decken (§ 12 Abs. 4) und Stiegen (§ 14 Abs. 1)."
5.2. Im Abs. 5 (neu) wird die Verweisung "gemäß Abs. 1 oder 2" durch die Verweisung "gemäß Abs. 1, 2 oder 3" ersetzt.
E r l ä u t e r u n g e n
1. Allgemeines:
Der Vorschlag eines Gesetzes, mit dem das Bautechnikgesetz geändert wird, verfolgt das Ziel, im Bundesland Salzburg mehrgeschoßigen Wohnbau in Holzsystembauweise zu ermöglichen. Dies geht auf eine Initiative der Wirtschaftskammer Salzburg zurück, die mit diesem Wunsch an das Land herangetreten ist. In der Folge wurde im Amt der Landesregierung eine Arbeitsgruppe mit dem Auftrag eingesetzt, die bestehende Gesetzeslage zu untersuchen und die rechtlichen Hindernisse des mehrgeschoßigen Wohnbaus in Holzsystembauweise zu beseitigen. Dabei wurde festgestellt, daß das Bautechnikgesetz zwar diverse Erleichterungen für das Bauen mit Holz kennt: So sind bei Bauten in offener Bauweise bis zu
drei Vollgeschoßen und für Bauten in Reihenhausbauweise (offengekuppelte Bauweise) mit bis zu zwei Vollgeschoßen Außenwände aus Holz bereits zulässig. Weiters ist die Verwendung von Holzdecken in Bauten bis zu drei Vollgeschoßen sowie in Dachgeschoßen grundsätzlich erlaubt. Bei Kleinwohnhäusern können auch Stiegenhäuser und Hauptgänge aus Holz errichtet werden. In Einfamilienhäusern sind außerdem Holzstiegen ohne entsprechende brandhemmende Verkleidung zulässig. Anders die Situation bei geschlossener Bauweise: Hier ist die Verwendung von Holz für Außenwände direkt ausgeschlossen. Ansonsten ergibt sich die Beschränkung durch die Übernahme des Begriffes "brandbeständig" aus der ÖNORM B 3800: Der Begriff der Brandbeständigkeit läßt keine brennbaren Baustoffe zu, wobei Holz an sich als brennbarer Baustoff gilt, unabhängig davon, welche Brandwiderstandsdauer es gewährleistet. Brandbeständig müssen nach geltendem Recht Brandwände und außerdem grundsätzlich Wände von Hauptgängen und –stiegen sowie die Hauptstiegen sein.
Zur Ermöglichung des mehrgeschoßigen Wohnbaus in Holzsystembauweise wird es nun aus brandschutztechnischer Sicht für vertretbar gehalten, tragende Wände aus Holz als Außenwände auch bei Bauten in geschlossener Bauweise zuzulassen, wenn durch Brandwände Brandabschnitte gebildet werden. Es bestehen weiters keine brandschutztechnischen Bedenken, wenn zur Ermöglichung des mehrgeschoßigen Wohnbaus in Holzsystembauweise auch in geschlossener Bauweise Ausnahmen von den Erfordernissen der brandbeständigen Ausführung einzelner Bauteile (Wände von Hauptgängen und -stiegen etc.) gewährt werden.
Die vorgesehenen weiteren Erleichterungen für das Bauen mit Holz müssen zu keiner Verringerung des Sicherheitsstandards führen: Die Gewährung der Ausnahmen ist von vornherein auf den Wohnbau bis zu drei Vollgeschoßen eingeschränkt und steht im Ermessen der Behörde. Die Behörde darf die Ausnahmen nur dann gewähren, wenn sichergestellt ist, daß die allgemeinen bautechnischen Sicherheitsanforderungen insbesondere in bezug auf Festigkeit und Brandschutz noch in ausreichender Weise erfüllt werden.
2. Verfassungsrechtliche Grundlage:
Das im Entwurf vorliegende Gesetz beruht auf Art. 15 Abs. 1 B-VG.
3. Übereinstimmung mit dem EU-Recht:
Gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen stehen den Änderungen durch dieses Gesetz nicht entgegen.
4. Kosten:
Die Errichtung mehrgeschossiger Wohnbauten in Holzsystembauweise wird sich auf eher wenige Fälle beschränken. Mit dem Gesetzwerden des Vorschlages werden daher voraussichtlich keine wesentlichen Mehrkosten für das Land und die Gemeinden durch umfangreichere Begutachtungen erwartet.
5. Ergebnis des Begutachtungsverfahrens:
Gegen einen die gleiche Zielsetzung verfolgenden Gesetzentwurf, der jedoch die Zulassung der Verwendung von brennbaren Baustoffen in einem weitergehenden Ausmaß vorsah, indem diese vor allem nicht auf Ausnahmefälle beschränkt war und damit auch ein Rechtsanspruch bestand, wurden von der Landesgruppe Salzburg des Österreichischen Städtebundes massive Einwände geäußert; auch der Salzburger Gemeindeverband und die Kammer für Arbeiter und Angestellte standen dem Vorhaben ablehnend gegenüber. Die Abteilung 1 des Amtes der Landesregierung, die Wirtschaftskammer Salzburg, die Kammer für Architekten und Ingenieurkonsulenten für Oberösterreich und Salzburg sowie die Salzburger Landesstelle für Brandverhütung äußerten sich hingegen zustimmend.
Die einzelnen Bedenken wurden in einer Besprechung erörtert, an der amtsintern Vertreter der Abteilungen 1 und 6, extern der Landesgruppe Salzburg des Österreichischen Städtebundes, der Wirtschaftskammer und der Kammer für Architekten und Ingenieurkonsulenten teilgenommen haben. Dabei wurde von Sachverständigenseite einhellig die Auffassung vertreten, daß weitere Erleichterungen für das Bauen mit Holz zwar vorstellbar sind, aber es nicht verantwortlich wäre, wenn nicht ein gewisser brandschutztechnischen Mindeststandard, vor allem in bezug auf die geschlossene Bauweise, gewährleistet bleibt. Der zur Begutachtung gebrachte Gesetzentwurf gewährleistet diesen Standard nicht unbedingt, wenn darin in all jenen Bestimmungen, die eine brandbeständige Ausführung von einzelnen Bauteilen verlangen (so auch bei Brandwänden und Decken über Fluchtwegen), für Bauten bis zu drei Vollgeschoßen (auch in geschlossener Bauweise) eine gesetzliche Fiktion der Brandbeständigkeit bei Verwendung von (auch an sich brennbaren) Baustoffen wie Holz vorgesehen wird, die ua eine Brandwiderstandsdauer von 90 Minuten erreichen. (Dies entspräche auf Grund der ÖNORM B 3800 maximal der Brandwiderstandsklasse F 60 hochbrandhemmend, wie einer von der Wirtschaftskammer vorgelegten Stellungnahme des Institutes für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung in Linz zu entnehmen ist.) Einzelne Probekörper erfüllen derartige Eigenschaften, doch gibt dies keinen Aufschluß über das Brandverhalten der Gesamtkonstruktion. Die Gesamtkonstruktion selbst kann nicht überprüft werden. Dadurch ist insbesonders das Erfordernis der Festigkeit nicht mehr gewährleistet, was dazu führen kann, daß Fluchtwege im Ernstfall nicht benützt werden können.
Der ursprüngliche Gesetzentwurf wurde in diesem Sinn überarbeitet und nochmals jenen Stellen, die im (ersten) Begutachtungsverfahren Stellung bezogen haben, zur allfälligen Äußerung mitgeteilt.
Der erst zum überarbeiteten Entwurf erhobenen Forderung der Wirtschaftskammer Salzburg nach Änderung der vorgeschriebenen Höhe von Balkon- und Stiegengeländern (mindestens 1 m, ab dem
5. Vollgeschoß 1,10 m) konnte im kurzen Weg wurde nicht Rechnung getragen werden. Die Forderung bedarf einer eingehenden Überprüfung aus sicherheitstechnischer Sicht. Ihre allfällige Umsetzung muß einer späteren Novellierung vorbehalten bleiben.
6. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen:
Zu Z. 1:
Nach geltendem Recht sind tragende Wände aus Holz als Außenwände grundsätzlich nur bei Bauten in offener Bauweise zulässig. Es wird als vertretbar angesehen, tragende Außenwände aus Holz auch in geschlossener Bauweise bis zu drei Vollgeschoßen zuzulassen (s. Z. 2). Der neugefaßte § 9 Abs. 2 gilt für alle Bauweisen nach § 34 ROG 1992.
Zu Z. 2:
Um tragende Wände aus Holz als Außenwände auch in geschlossener Bauweise zulassen zu können, muß gewährleistet sein, daß in diesem Fall der Bau durch Brandwände in Brandabschnitte unterteilt wird. Obwohl ein derartiger Bau in Holzbauweise bereits vom ersten Satz erfaßt wäre ("ihrer Art... nach eine besondere Brandbelastung erwarten lassen") soll die Anforderung ausdrücklich normiert werden. Dies erfolgt in restriktiver Weise, indem ausschließlich Brandwände (und keine Brandschürzen) zulässig sind.
Zu Z. 3:
Die Verwendung auf § 11 Abs. 4 BGG geht nach dessen Aufhebung ins Leere. Sie wird durch einen zur Nachfolgebestimmung des § 33 Abs. 4 Z. 2 ROG 1992 inhaltsgleichen Klammerausdruck ersetzt.
Zu Z. 4:
Es werden die Begriffe Baustoffe, bauchemische Mittel, Bauteile und technische Bauweisen durch den Begriff Bauprodukte ersetzt (vgl. die §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 des Salzburger Bauproduktegesetzes).
Zu Z. 5:
Die Gewährung der Ausnahmen soll grundsätzlich auf Wohnbauten mit bis zu drei Vollgeschoßen beschränkt werden. Auf die
Gewährung der Ausnahmen besteht wie im Fall des Abs. 2 kein Rechtsanspruch. Es liegt im Ermessen der Baubehörde, die Ausnahme zu gewähren. Die geltenden Abs. 3 bis 6 finden bei Gewährung derartiger Ausnahmen Anwendung. Die Anwendung des Abs. 3 (Abs. 4 neu) bedeutet hier konkret, daß die Baubehörde erst dann vom Ermessen Gebrauch machen darf, wenn bei Erteilung der Ausnahme die Anforderungen der Festigkeit und des Brandschutzes (vgl. § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2) noch ausreichend erfüllt werden. Dies ist durch Sachverständigengutachten festzustellen. Erforderlichenfalls sind Auflagen vorzuschreiben. Bei einer nicht brandbeständigen Ausführung von Stiegen kann der Brandschutz z.B. dann noch ausreichend gewährleistet sein, wenn mehrere Stiegen errichtet werden; jede einzelne Stiege muß von jeder Wohnung aus erreicht werden können.
Bei Bauten in geschlossener Bauweise ist die Gewährung einer Ausnahme von der brandbeständigen Ausführung von Brandwänden auszuschließen (vgl. Z. 2). Bei Reihenhäusern und bei Bauten, die an die Bauplatzgrenze herangebaut werden, soll aber das Erfordernis der Ausbildung von Brandwänden zwingend bestehen.
Die Landesregierung stellt sohin den
A n t r a g ,
der Salzburger Landtag wolle beschließen:
1. Das vorstehende Gesetz wird zum Beschluß erhoben.
2. Die Landesregierung wird zur Vornahme formeller Änderungen im Sinne des § 58 der Geschäftsordnung des Salzburger Landtages ermächtigt.
3. Die Gesetzesvorlage wird dem Verfassungs- und Verwaltungsausschuß zur Beratung, Berichterstattung und Antragstellung zugewiesen.