Nr. 418 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages
(6. Session der 12. Gesetzgebungsperiode)
Vorlage der Landesregierung
Gesetz
vom ................................................. , mit dem das Salzburger Landesrechnungshofgesetz 1993 geändert wird
Der Salzburger Landtag hat beschlossen:
Das Salzburger Landesrechnungshofgesetz 1993, LGBl Nr 35, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl Nr. 46/2001, wird geändert wie folgt:
1. § 4 Abs 2 wird durch folgende Bestimmungen ersetzt:
„(2) (Verfassungsbestimmung) Die Ausübung der Diensthoheit über die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land stehenden Bediensteten im Landesrechnungshof obliegt dem Direktor des Landesrechnungshofes. Desgleichen übt der Direktor die Stellung des Landes als Dienstgeber bei Landesvertragsbediensteten im Landesrechnungshof aus. Der Direktor des Landesrechnungshofes kann jedoch das Amt der Landesregierung beauftragen, die ihm danach obliegenden Angelegenheiten in seinem Namen und nach seinen Weisungen zu besorgen.
(3) Über Berufungen gegen Bescheide des Direktors des Landesrechnungshofes entscheidet in Disziplinarangelegenheiten die Disziplinarkommission und in Leistungsfeststellungsangelegenheiten die Leistungsfeststellungskommission.“
2. § 6 Abs 4 lautet:
„(4) (Verfassungsbestimmung) Entstehen zwischen dem Landesrechnungshof und einem nach Abs 1 lit a bis f in Betracht kommenden Rechtsträger Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des Landesrechnungshofes regeln, so entscheidet auf Antrag der Landesregierung oder des Landesrechnungshofes der Verfassungsgerichtshof. Dem Landtag ist – unabhängig von einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs – über derartige Meinungsverschiedenheiten zu berichten.“
3. Im § 12 wird angefügt:
„(5) Die §§ 4 Abs 2 und 3 und 6 Abs 4 in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr ...../2004 treten mit ........................................... in Kraft. (Verfassungsbestimmung) Diese Bestimmung steht in Bezug auf die §§ 4 Abs 2 und 6 Abs 4 im Verfassungsrang.“
Erläuterungen
1. Allgemeines:
Mit der gegenständlichen Novelle wird von der dem Landesverfassungsgesetzgeber durch die Novelle zum B-VG, BGBl I Nr 148/1999, eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen kontrollunterworfenen Rechtsträgern und dem Landesrechnungshof nach dem Muster des Art 126a B-VG zu begründen.
Die seit Schaffung des Art 127c B-VG bestehende Ermächtigung wird vom Landesverfassungsgesetzgeber deshalb wahrgenommen, weil die Wirksamkeit und Zweckorientierung der Gebarungskontrolle durch den Landesrechnungshof zweifellos erhöht wird, wenn er eine Prüfung der kontrollunterworfenen Rechtsträger auch erzwingen kann, was durch das von ihm zu erwirkende VfGH-Erkenntnis und die sich daran knüpfende Exekution durch die ordentlichen Gerichte sichergestellt ist. Umgekehrt ist aber auch der Landesregierung die Befugnis an die Hand gegeben, den Verfassungsgerichtshof anzurufen, wenn sich der Landesrechnungshof aus dem Grund mangelnder Zuständigkeit weigert, eine Sonderprüfung gemäß § 8 Abs 2 durchzuführen.
Gleichzeitig soll § 4 Abs 2 des Salzburger Landesrechnungshofgesetzes 1993 in den Rang von landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen gehoben werden. Nach diesen Bestimmungen übt der Direktor des Landesrechnungshofes die Diensthoheit über die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land stehenden Bediensteten im Landesrechnungshof bzw die Stellung des Landes als Dienstgeber bei Landesvertragsbediensteten im Landesrechnungshof aus. Wie bisher ist vorgesehen, dass das Amt der Landesregierung mit der Besorgung dieser Angelegenheiten beauftragt werden kann. Die geltenden Regelungen werden nur soweit geändert, als die Zuständigkeit und der Rechtszug in Disziplinar- und Leistungsfeststellungssachen klar festgelegt und den sonstigen, für Landesbedienstete maßgeblichen Vorschriften – mit Ausnahme der aus der Diensthoheit erfließenden erstinstanzlichen Zuständigkeit des Direktors des Landesrechnungshofes – angeglichen und somit vereinfacht werden.
Art 21 Abs 3 zweiter Satz B-VG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 8/1999 verlangt für die Ausübung der Diensthoheit gegenüber den Bediensteten des Landes durch andere Organe als die Landesregierung als oberstes Organ eines Landes, dass eine solche Bestimmung durch Landesverfassungsgesetz zu treffen ist. Dabei muss es sich um Organe handeln, welche als gleichartig zu Bundesorganen anzusehen sind, die, ohne oberste Organe des Bundes zu sein, nach dem B-VG die Diensthoheit über Bundesbedienstete ausüben. Dies ist beim Direktor des Landesrechnungshofes im Vergleich zum Präsidenten des Rechnungshofes der Fall, dem gemäß Art 125 Abs 3 B-VG die Ausübung der Diensthoheit gegenüber den beim Rechnungshof Bediensteten zukommt.
2. Bundesverfassungsrechtliche Grundlage:
Art 21 Abs 3 und 127c B-VG.
3. Übereinstimmung mit EU-Recht:
Das Gesetzesvorhaben hat keine Berührungspunkte mit dem Gemeinschaftsrecht.
4. Kosten:
Dem Land werden durch das vorgeschlagene Gesetz keine zusätzlichen Kosten entstehen.
Dem Bund könnten auf Grund der theoretischen Mehrbelastung des Verfassungsgerichtshofes zusätzliche Kosten entstehen. Sie würden sich aber im marginalen Bereich bewegen, zumal schon bisher die vergleichbaren Verfahren auf Grund des Art 126a B-VG nur ganz vereinzelt vorkommen.
5. Ergebnis des Begutachtungsverfahrens:
Gegen den Entwurf wurden grundsätzlich keine Einwände vorgebracht.
Allerdings hat die Personalabteilung in ihrer Stellungnahme eine Unstimmigkeit in den Zuständigkeiten bzw im Rechtszug betreffend Disziplinar- und Leistungsfeststellungssachen aufgezeigt. Dies soll zum Anlass genommen werden, um in Disziplinarsachen die (bisher unklare) erstinstanzliche Zuständigkeit des Direktors des Landesrechnungshofs ausdrücklich zu verankern, zumal diese Zuständigkeit zur Diensthoheit gehört (vgl VfSlg 6115/1970) und ein „Splitting“ bei der Diensthoheit (zum Teil Direktor des Landesrechnungshofes, zum Teil Landesregierung) von der Ermächtigung im Art 21 Abs 3 B-VG nicht gedeckt und auch sachlich nicht gerechtfertigt scheint. (Die Unklarheit ergab sich bisher daraus, dass von der Diensthoheit des Direktors des Landesrechnungshofes die „Zuständigkeiten der Disziplinarkommission“ ausgenommen waren. Die Disziplinarkommission ist jedoch nach dem Landes-Beamtengesetz nicht in erster, sondern in zweiter Instanz zuständig, wozu aber in Bezug auf Beamte des Landesrechnungshofes ohnehin nach geltendem Recht kraft ausdrücklicher Anordnung der UVS berufen ist. Die Ausnahme der Zuständigkeiten der Disziplinarkommission von der Diensthoheit des Landesrechnungshofdirektors macht daher nur dann Sinn, wenn man davon ausgeht, dass sie sich auf die Zuständigkeiten der Disziplinarbehörde erster Instanz bezieht. Dieses Gesetzesverständnis wird durch einen historischen Befund untermauert, war doch zum Zeitpunkt der Erlassung des Landesrechnungshofgesetzes 1993 die Disziplinarkommission die erste Instanz. Erst im Zuge einer späteren Novellierung des Landes-Beamtengesetzes wurde sie in dieser Funktion durch das Amt der Landesregierung ersetzt). Durch die nunmehr erfolgende Klarstellung wird auch dem Art 83 Abs 2 B-VG Rechnung getragen, der eindeutige Zuständigkeitszuordnungen verlangt. Schließlich wird noch vorgeschlagen, anstelle des UVS in Leistungsfeststellungssachen die Leistungsfeststellungskommission und in Disziplinarsachen die Disziplinarkommission als Berufungsbehörde vorzusehen, da es ökonomischer bzw effizienter erscheint, die ansonsten – dh bezüglich der übrigen, nicht dem Landesrechungshof zugehörenden Landesbediensteten – zuständigen, mit der jeweiligen Materie bestens vertrauten Kommissionen zu betrauen als eine vereinzelte Zuständigkeit des in – solchen Angelegenheiten nicht spezialisierten – UVS zu schaffen.
Der Direktor des Landesrechnungshofes hat in seiner Stellungnahme die Frage nach der Erforderlichkeit einer Regelung betreffend die Auswahl der Mitarbeitervorsorgekasse im Sinn des § 70a L-VBG aufgeworfen, da gewünscht sei, die Mitarbeitervorsorge für die Bediensteten des Landesrechnungshofes über die für die übrigen Landesbediensteten von der Landesregierung ausgewählte Mitarbeitervorsorgekasse abzuwickeln. Eine diesbezügliche Regelung im Landesrechnungshofgesetz ist nicht erforderlich, abgesehen davon, dass der Direktor des Landesrechnungshofes in der Praxis dieselbe Mitarbeitervorsorgekasse auswählen könnte wie die Landesregierung. Die Auswahl der Mitarbeitervorsorgekasse fällt nicht in die Diensthoheit im verfassungsrechtlichen Sinn: diese beinhaltet nämlich nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl zB VfSlg 14.896/1997) „alle Rechtsakte, die sich auf die Begründung oder die nähere Gestaltung des Dienstverhältnisses beziehen“. Durch die Auswahl der Mitarbeitervorsorgekasse wird aber das Dienstverhältnis an sich nicht berührt.
6. Im Einzelnen:
Zu Z 1:
Der verfassungsrechtliche Begriff „Diensthoheit“ schließt auch die Ausübung der Stellung als Dienstgeber gegenüber den Vertragsbediensteten ein. Der geltende § 4 Abs 2 des Landesrechnungshofgesetzes unterscheidet hier, ohne dass aber eine textliche Änderung vorgenommen werden müsste. Beide Bestimmungen – erster und zweiter Satz – werden in den Verfassungsrang gehoben. Ebenso der dritte Satz, der die Besorgung der darunter fallenden Angelegenheiten auf Grund des erteilten Auftrages durch das Amt der Landesregierung, also durch nicht zum Landesrechnungshof gehörende Bedienstete, im Namen und nach den Weisungen des Direktors des Landesrechnungshofes ermöglicht. Zu den weiteren Änderungen siehe Pkt 5. Ergebnis des Begutachtungsverfahrens.
Zu Z 2:
Eine „Meinungsverschiedenheit“ liegt dann vor, wenn es in einem konkreten Gebarungsprüfungsverfahren zu Differenzen zwischen dem betroffenen Rechtsträger und dem Landesrechnungshof über die Auslegung jener Bestimmungen kommt, die die Kontrollkompetenzen des Landesrechnungshofs festlegen. Entweder, und dass ist der Regelfall, der Landesrechnungshof will die Gebarung eines seiner Ansicht nach kontrollunterworfenen Rechtsträgers prüfen und der Rechtsträger bestreitet die Zuständigkeit des Landesrechnungshofes oder lässt die Prüfung tatsächlich nicht zu. Oder aber der Landesrechnungshof erhält von einem dazu befugten Organ den Auftrag, einen besonderen Akt der Gebarungsprüfung durchzuführen (§ 8 Abs 2), und der Landesrechnungshof weigert sich, dem Prüfungsauftrag nachzukommen, weil er der Auffassung ist, dass der betroffene Rechtsträger nicht unter seine Prüfungskompetenz fällt. Diese Auslegung von „Meinungsverschiedenheit“ geht aus § 36a Abs 2 letzter Satz VfGG hervor, der auf Grund des Art 127c zweiter Satz iVm Art 126a vierter Satz B-VG auch im hier relevanten Zusammenhang maßgeblich ist.
Keine Meinungsverschiedenheit liegt hingegen vor, wenn der Landesrechnungshof auf ein Prüfungsersuchen überhaupt nicht reagiert bzw es ablehnt, einen besonderen Akt der Gebarungsprüfung durchzuführen, obwohl er selbst seine Zuständigkeit nicht in Frage stellt, sondern säumig ist. Eine derartige Rechtsverletzung kann lediglich über die staatsrechtliche bzw politische Verantwortlichkeit des Landesrechnungshofdirektors sanktioniert werden (vgl § 3 Abs 3 zweiter Satz iVm Art 105 Abs 2 B-VG iVm Art 142 Abs 2 lit d B-VG; § 3 Abs 4 dritter Fall).
Zu den gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit des Landesrechnungshofes regeln, zählen auch jene, die den Umfang der dem Landesrechnungshof im Rahmen der Gebarungskontrolle zustehenden Rechte und Pflichten abstecken (vgl VfSlg 3430, 3552, 4106, 7944). Dh, dass auch konkrete Meinungsverschiedenheiten zwischen dem kontrollunterworfenen Rechtsträger und dem Landesrechnungshof über die Art und den Wirkungsgrad einzelner Prüfungshandlungen vom Verfassungsgerichtshof zu entscheiden sind.
Dass Meinungsverschiedenheiten zwischen Landesrechnungshof und kontrollunterworfenem Rechtsträger nicht in allen seinen Aufgabenbereichen nach § 6 Abs 1 erfasst sind, sondern lediglich im Fall von Überprüfungen nach § 6 Abs 1 lit a bis f, ist auf die bundesverfassungsrechtliche Regelung des Art 127c B-VG zurückzuführen: Die darin vorgesehene Kompetenz des VfGH kann nämlich vom Landesverfassungsgesetzgeber nur dann begründet werden, wenn die Länder für ihren Bereich „gleichartige Einrichtungen“ schaffen.
Zunächst stellt dieser Hinweis klar, dass Art 127c B-VG nur auf Kontrolleinrichtungen Anwendung findet, die – in Bezug auf die Systematik ihrer Organisation dem Rechnungshof des Bundes vergleichbar – dem Landtag zugeordnet und von der Landesregierung unabhängig sind. Dies trifft auf den Salzburger Landesrechnungshof grundsätzlich zu (§ 1 Abs 2). Soweit aber der Landesrechnungshof in die Landesverwaltung eingegliedert ist und damit nicht mehr als unabhängiges Organ der Legislative bezeichnet werden kann, liegt diesbezüglich keine „gleichartige Einrichtung“ im Sinn des Art 127c B-VG vor, sodass der Landes(verfassungs)gesetzgeber eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes mangels der dafür erforderlichen bundesverfassungsrechtlichen Grundlage nicht vorsehen kann. Deshalb sind vom vorgeschlagenen § 6 Abs 4 allenfalls auftretende Meinungsverschiedenheiten bei der Wahrnehmung von Aufgaben des Landesrechnungshofes nach § 6 Abs 1lit g bis i nicht erfasst, weil der Landesrechnungshof in diesem Zusammenhang gemäß § 8 Abs 3 und 4 als eine dem Amt der Landesregierung eingezogene Einrichtung zur Erstellung von Gutachten über die genannten Rechtsträger gilt und somit – darauf bezogen – nicht die „Gleichartigkeitskriterien“ Unabhängigkeit und Zuordnung zum Landtag aufweist, sondern vielmehr für eine Aufsichtsbehörde tätig wird.
Trotz des Wortlautes des Art 127c B-VG, der von gleichartigen „Einrichtungen“ spricht, kommt es nach der herrschenden Meinung (vgl Hengstschläger, Rechnungshofkontrolle [2000] 200) auch auf die Gleichartigkeit der Aufgaben an, zumal in den Erläuterungen des Verfassungsausschusses (AB 1947 BlgNR 20. GP 1) die Vorbildwirkung des Art 148i Abs 2 B-VG ausdrücklich angesprochen werde und im Art 148i Abs 2 B-VG (betreffend die Volksanwaltschaft) von gleichartigen „Aufgaben“ die Rede sei. Dies bedeutet Folgendes: Bezieht der Landesgesetzgeber etwa auch selbstständige Rechtsträger in die Prüfungskompetenz des Landesrechnungshofs ein, deren finanzielles, wirtschaftliches oder organisatorisches Naheverhältnis hinter den Anforderungen des Art 127 Abs 3 B-VG zurückbleibt, so findet sich diesbezüglich zur Begründung einer Zuständigkeit des VfGH im Art 127c B-VG keine Deckung.
Selbst wenn man sich dieser These anschließt, erscheint die Einbeziehung von lit d und f des § 6 Abs 1 zulässig, zumal bei treuhändigem Verwalten von Landesvermögen bzw Übernahme einer Ausfallshaftung durch das Land (lit d) sowie bei der Frage nach der widmungsgemäßen Verwendung und Wirksamkeit der vom Land gewährten finanziellen Förderungen und Subventionen (lit f) dem Land jedenfalls ein ähnliches wirtschaftliches Naheverhältnis zukommt wie in den Fällen des Art 127 Abs 3 B-VG.
Die Berichtspflicht an den Landtag soll bestehen bleiben. Möglicherweise lässt sich durch eine politische Klärung ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vermeiden.
Die Landesregierung stellt sohin den
Antrag,
der Salzburger Landtag wolle beschließen:
1. Das vorstehende Gesetz wird zum Beschluss erhoben.
2. Die Gesetzesvorlage wird dem Verfassungs- und Verwaltungsausschuss zur Beratung, Berichterstattung und Antragstellung zugewiesen.