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Nr. 178 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages

(2. Session der 13. Gesetzgebungsperiode)

Antrag

der Abg. Präsident Holztrattner, Zweiter Präsident MMag. Neureiter und Dritte Präsidentin Mosler-Törnström zum Bericht des Vertreters des Salzburger Landtages im Österreich-Konvent, Zweiter Präsident MMag. Neureiter, über den Stand des Konvents zum 31. Oktober 2004 (Zwischenbericht)

Der Österreich-Konvent wurde am 2. Mai 2002 durch ein Gründungskomitee, bestehend aus hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern aller im Nationalrat vertretenen Parteien, einberufen. Von Seiten der österreichischen Bundesländer sind alle Landtage und alle Landesregierungen im Konvent vertreten.

Seit 10. Mai 2004 nimmt Zweiter Präsident MMag. Neureiter die Vertretung des Salzburger Landtages im Österreich-Konvent und im Ausschuss 3 des Konvents wahr.

Ebenfalls seit 10. Mai 2004 nimmt Landeshauptfrau Mag. Burgstaller die Vertretung der Salzburger Landesregierung im Österreich-Konvent und in den Ausschüssen 5 und 7 sowie in der gemeinsamen Beratungsgruppe der Ausschüsse 6 und 7 wahr.

Der Vertreter des Landtages legt den beigeschlossenen Bericht über seine Tätigkeit im Ausschuss 3 sowie über allgemeine Fragestellungen des Konvents von landespolitischer Bedeutung dem Landtag vor.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher den

Antrag,

der Salzburger Landtag wolle beschließen:

1. Der Bericht des Vertreters des Salzburger Landtages im Österreich-Konvent, Zweiter Präsident MMag. Neureiter, über den Stand des Verfassungs-Konvents (Zwischenbericht vom 31. Oktober 2004) wird zur Kenntnis genommen.


2. Der Antrag wird dem Verfassungs- und Verwaltungsausschuss zur weiteren Beratung, Berichterstattung und Antragstellung zugewiesen.

Salzburg, am 8. November 2004

Präsident Holztrattner eh Zweiter Präsident MMag. Neureiter eh

Dritte Präsidentin Mosler-Törnström eh


Bericht an den Salzburger Landtag über die Tätigkeit seines Vertreters im Österreich-Konvent

(Zwischenbericht vom 31.10.2004)

I. Bisheriger Verlauf des Österreich-Konvents. 2

II. Kurzbeschreibung der Ausschüsse und Inhalte der Mandate. 5

III. Wichtige Fragestellungen des Ergänzungsmandates des Ausschusses 3. 7

1. Wahlrecht 7

a. Radikales Proporzwahlsystem.. 7

b. Briefwahl 8

c. Wahlrecht für Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft 9

2. Sitz der obersten Staatsorgane. 9

3. Gemeinderecht 10

a. Ausweitung des Instruments der Statutarstadt 10

b. Erleichterung der Bildung von Gemeindeverbänden. 10

IV. Sonstige wichtige Fragen aus den Arbeitsbereichen der übrigen Ausschüsse. 12

1. Verankerung der Sonn- und Feiertagsruhe in der Verfassung. 12

2. Kompetenztatbestand Erwachsenenbildung. 13

3. Kompetenzverteilung und Bundesrat Neu. 13

Wichtige Links:

Der Österreich-Konvent im Web: http://www.konvent.gv.at

Der Salzburger Landtag im Web: http://www.salzburg.gv.at/landtag.htm


Bisheriger Verlauf des Österreich-Konvents

15.01.2003 Gemeinsame Erklärung des Präsidenten des Nationalrates Univ. Prof. Dr. Andreas Khol und des Präsidenten des Bundesrates Herwig Hösele einen Österreich-Konvent zur Erneuerung der Bundesverfassung einzurichten.

07.02.2003 Die Landtagspräsidentenkonferenz verabschiedet eine Erklärung zur Bundesstaatsreform. In 20 Punkten legen die Präsidenten ihre Forderungen dar.

25.02.2003 Im Salzburger Landtag tagt eine Arbeitsgruppe zur Anhörung von Experten zum Thema Bundesstaatsreform. Gehört werden der Direktor des Institutes für Föderalismus und Direktor des Vorarlberger Landtages Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger sowie Univ.-Prof. Dr. Bernd Christian Funk von der Universität Wien

26.03.2003 Der Salzburger Landtag beschließt nach einer Initiative des ÖVP-Klubs als einer der ersten Landtage eine Grundsatzposition für das Bundesland Salzburg zur bevorstehenden Reform des österreichischen Staatswesens (Nr 528, 5. S, 12. GP).

30.04.2003 Die Landeshauptmännerkonferenz verabschiedet einen Beschluss zum Österreich-Konvent.

02.05.2003 Der Vorsitzende des Gründungskomitees des Österreich-Konventes Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel beruft dessen konstituierende Sitzung ein. Dort wird die personelle Zusammensetzung des Konventes und des Präsidiums beschlossen. Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler wird Vorsitzender, Univ.-Prof. Dr. Heinz Fischer und Landtagspräsidentin Angela Orthner zu Stellvertretenden Vorsitzenden bestellt. Außer diesen drei Personen werden noch Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer, Nationalratsabgeordnete Dr. Eva Glawischnig, Dr. Claudia Kahr vom VfGH und Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol in das Präsidium berufen.

03.06.2003 Bei einer Sitzung des Präsidiums werden die Mitglieder des Expertenpools nominiert. Die Entscheidung erfolgt aufgrund eines Vorschlages der Nationalratsparteien nach einem proportionalen Schlüssel. Die Vorschläge der Bundesländer bleiben ohne Berücksichtigung. Salzburg hat im Vorfeld vier Experten namhaft gemacht, die alle ignoriert werden.

30.06.2003 Erste Vollversammlung des Österreich-Konvents.
Landtagspräsident Ing. Georg Griessner ergreift in der Generaldebatte das Wort für eine Stärkung des Subsidiaritätsprinzips und des Föderalismus.

11.07.2003 Zweite Vollversammlung des Österreich-Konvents.
Die Debatte zur Geschäftsordnung wird geschlossen und die Aufteilung der inhaltlichen Arbeit auf 10 Ausschüsse festgelegt. Fortsetzung und Ende der Generaldebatte.

25.07.2003 Dritte Vollversammlung des Österreich-Konvents.
Die Geschäftsordnung wird beschlossen. Sie sieht unter anderem vor, dass ein Abschlussbericht auch ohne inhaltliche Einigung und vor allem ohne Zustimmung der Länder erstellt werden kann. Es werden die Mitglieder und die Vorsitzenden der Ausschüsse bestimmt.

11.09.2003 Konstituierende Sitzung des Ausschusses 3 unter dem Vorsitz von Professor Dr. Gerhart Holzinger. In den folgenden sechs Sitzungen des Ausschusses wird bis 30. Jänner 2004 ein Abschlussbericht erarbeitet, der am 9. Februar 2004 dem Präsidenten des Konventes, Dr. Franz Fiedler übergeben wird.

21.11.2003 Fünfte Vollversammlung des Österreich-Konvents.
Auf Druck der Öffentlichkeit und von im Nationalrat vertretenen Parteien werden Vertreter/Vertreterinnen aus den Bereichen Jugend, Frauen, Senioren, von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften, Volksgruppen und Menschenrechtsorganisationen eingeladen, ihre Anliegen an den Konvent vorzubringen. Diese Hearings werden in den beiden folgenden Terminen der Vollversammlung am 15.12.2003 (Bereiche Soziales, Menschen mit Behinderungen, Minderheiten, Umwelt und Sport) und am 26.01.2004 (Bereiche Bildung, Kultur, Medien, Familie, Friedensorganisationen einschließlich Landesverteidigung, Rettungsorganisationen, Verkehrsclubs sowie Bürger-/Zivilgesellschaft) fortgesetzt.

05.03.2004 Neunte Vollversammlung des Österreich-Konvents.
Der Konvent bespricht die Berichte der Ausschüsse 3, 7 und 1 nach Referaten der Ausschussvorsitzenden Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger, Dr. Manfred Matzka und Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer über die Ausschussarbeit. In den nachfolgenden Vollversammlungen werden bis Ende August 2004 die Berichte aller zehn Ausschüsse vorgelegt und diskutiert.

29.04.2004 Das Präsidium erteilt ergänzende Mandate an die Ausschüsse 1, 2 und 6. Im Laufe der folgenden Monate werden auch an andere Ausschüsse sg. Ergänzungsmandate erteilt. Der Ausschuss 3 erhält ein Ergänzungsmandat nach Präsidiumssitzungen am 29.04.2004, am 25.05.2004 und am 13.07.2004. Dieses Ergänzungsmandat enthält unter anderem den Auftrag, einen Textvorschlag für die verfassungsrechtlichen Grundsätze von Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern auszuarbeiten, der eine Stimmabgabe in Form der Briefwahl ermöglichen soll. Das Ergänzungsmandat wird in Ausschusssitzungen am 31.08.2004 und am 21.09.2004 beraten. Ein entsprechender Bericht mit den Ergebnissen der Beratungen wird dem Vorsitzenden des Konvents am 09.10.2004 übermittelt.
Der Zweite Präsident des Salzburger Landtages MMag. Michael Neureiter nimmt zu den im Ergänzungsmandat aufgeworfenen Fragen schriftlich und mündlich Stellung. Die von Neureiter vorgebrachten Argumente insbesondere zur Briefwahl finden Eingang in den Bericht des Ausschusses.

17.05.2004 Elfte Vollversammlung des Österreich-Konvents.
Der Konvent bespricht die Berichte der Ausschüsse 6 und 9 nach Referaten der Ausschussvorsitzenden Mag. Werner Wutscher und Dr. Herbert Haller über die Ausschussarbeit.
Der Zweite Präsident des Salzburger Landtages MMag. Neureiter spricht sich für eine Stärkung der Verfassungsautonomie der Länder durch Entfall des Bundesverfassungsgesetzes vom 30. Juli 1925, betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierung außer Wien (BVG ÄmterLReg, BGBl 1925/289) aus. Neureiter warnt in seiner Adresse aber vor einem Entfall des Mitspracherechts der Länder bei der Änderung von Gerichtssprengeln, ohne im Gegenzug die Ländermitbestimmung beim Zustandekommen von Bundesgesetzen zu stärken. Er unterstreicht zudem die Notwendigkeit einer einheitlichen Struktur in der Schulverwaltung, der Vermeidung von Doppelgleisigkeiten im Schulbereich und der Bündelung der Schulkompetenzen bei den Ländern im Sinne des Regionalen Bildungsmanagements.

18.10.2004 14. Vollversammlung des Österreich-Konvents.
Der Konvent diskutiert die Ergebnisse der Ausschussarbeit nach Referaten der Vorsitzenden der Ausschüsse.
Der Zweite Präsident des Salzburger Landtages MMag. Neureiter nimmt zu den aus der Sicht der Landtage wichtigsten Punkten der Ausschussarbeit Stellung. Neureiter äußert deutlich seine Ablehnung zu einem radikalen Proporzwahlsystem, begrüßt aber ausdrücklich die Textierungsvorschläge des Ausschusses zur Umsetzung der Briefwahl und den gleich lautenden Auftrag des Präsidiums. Gleichzeitig regt er an, die Umsetzung von e-voting Modellen weiter zu verfolgen.


Kurzbeschreibung der Ausschüsse und Inhalte der Mandate

Im Folgenden wird eine Übersicht über die Ausschüsse des Österreich-Konvents und den Inhalt ihrer Mandate und Arbeitsfelder gegeben. Bei den Ausschüssen, in denen das Land Salzburg vertreten ist, wird dies besonders angemerkt.

Ausschuss 1 – Staatsaufgaben und Staatsziele

16 Mitglieder, Vorsitz:
Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer, bisher 15 Sitzungen

Umfassende Analyse der Staatsaufgaben und der Frage staatlicher Kernaufgaben. Frage eines umfassenden Kataloges von Staatszielen in der Bundesverfassung.

Ausschuss 2 – Legistische Strukturfragen

11 Mitglieder; Vorsitz:
Univ.-Prof. Dr. Herbert Korinek, bisher 15 Sitzungen

Vorgangsweise im Zusammenhang mit der Inkorporierung von Verfassungsgesetzen und Verfassungsbestimmungen in die neue Bundesverfassung (einschließlich der Vorgangsweise zur Vermeidung der zahlreichen nur in der österreichischen Verfassungspraxis bekannten "Verfassungsbestimmungen" zur Verfassungsdurchbrechung)

Ausschuss 3 – Staatliche Institutionen

16 Mitglieder; Vorsitz:
Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger, bisher 9 Sitzungen

Aufgabenbereich: Aufbau des Staates (Bund, Länder, Gemeinden, Selbstverwaltung), Wahlen, Verfassungsautonomie, Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Vollziehung unter dem Gesichtspunkt des Legalitätsprinzips sowie der EU-Rechtssetzung.

In diesem Ausschuss ist das Land Salzburg seit Beginn des Österreich-Konvents vertreten. Bis 16.03.2004 nahm der Präsident des Landtages a.D. Ing. Georg Griessner die Vertretungsfunktion wahr. Seit 10.05.2004 vertritt der Zweite Landtagspräsident MMag. Neureiter den Salzburger Landtag im Ausschuss 3.

Ausschuss 4 – Grundrechtskatalog

12 Mitglieder, Vorsitz:
Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk, bisher 30 Sitzungen

Erarbeitung eines Grundrechtekatalogs (Grundrechte, Bürgerinnen- und Bürgerrechte, Persönlichkeitsschutz) unter Bedachtnahme aller einschlägigen nationalen, internationalen und europäischen Regelungen.

Ausschuss 5 – Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden

16 Mitglieder, Vorsitz:
Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger, bisher 16 Sitzungen

Schaffung eines klaren, nach abgerundeten Leistungs- und Verantwortungsbereichen gegliederten Kataloges von Gesetzgebungskompetenzen unter Berücksichtigung der Rechtslage der Europäischen Union.

In diesem Ausschuss ist das Land Salzburg von Beginn an vertreten. Seit 10.05.2004 nimmt Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller die Vertretung des Landes Salzburg wahr.

Ausschuss 6 – Reform der Verwaltung

15 Mitglieder, Vorsitz:
Mag. Werner Wutscher, bisher 18 Sitzungen

Vollzugskompetenzen und Struktur der Organe der Verwaltung in Bund, Ländern und Gemeinden, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt des effizienten Mitteleinsatzes, der Transparenz, der Bürgerinnen- und Bürgernähe (insbesondere Partizipation) sowie der Entwicklung des E-Government (Strukturen und Ressourcen einschließlich Personal).

Ausschuss 7 – Strukturen besonderer Verwaltungseinrichtungen

11 Mitglieder, Vorsitz:
Dr. Manfred Matzka, bisher 10 Sitzungen

Regulatoren und sonstige unabhängige Behörden (exklusive UVS, UBAS und Art. 133 Z 4 B-VG-Behörden), Selbstverwaltung (exklusive Gemeinden), ausgegliederte Rechtsträger und sonstige Privatwirtschaftsverwaltung.

In diesem Ausschuss ist das Land Salzburg von Beginn an vertreten. Seit 10.05.2004 nimmt Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller die Vertretung des Landes Salzburg wahr.

Ausschuss 8 – Demokratische Kontrollen

11 Mitglieder, Vorsitz:
Dr. Peter Kostelka, bisher 11 Sitzungen

Einrichtungen einer effizienten und effektiven Kontrolle im Bereich von Bund, Ländern und Gemeinden: Rechte der Parlamente einschließlich der Minderheitsrechte (z.B. Untersuchungsausschüsse), Rechnungshöfe und Volksanwaltschaften, Frage der Amtsverschwiegenheit, Instrumente der direkten Demokratie.

Ausschuss 9 – Rechtsschutz, Gerichtsbarkeit

12 Mitglieder, Vorsitz:
Dr. Herbert Haller, bisher 13 Sitzungen

Einrichtung eines effizienten und effektiven Rechtsschutzes unter dem Gesichtspunkt bürgerinnen- und bürgernaher Entscheidungen: Ordentliche Gerichtsbarkeit, Gerichtshöfe öffentlichen Rechts, Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Ländern, Sondersenate.

Ausschuss 10 – Finanzverfassung

16 Mitglieder, Vorsitz: Dr. Ernst Strasser, bisher 8 Sitzungen

Reform der Finanzverfassung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Zusammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung und eines bedarfsgerechten Finanzausgleichs.


Wichtige Fragestellungen des Ergänzungsmandates des Ausschusses 3

Wahlrecht

Das Ergänzungsmandat für den Ausschuss 3 enthielt zwei wichtige Fragestellungen hinsichtlich der zukünftigen Ausgestaltung der verfassungsgesetzlichen Regelungen für Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern und zu den Gemeindeorganen.

Einerseits war der Ausschuss aufgerufen, einen Textvorschlag für eine
für die Nationalratswahl und die Landtagswahlen einheitliche Wahlrechtsgrundsatzbestimmung auf Grundlage der reinen Verhältnismäßigkeitswahl zu entwickeln und weiters deren Anwendbarkeit auf die Wahlen auf der Gemeindeebene zu prüfen, andererseits umfasste das Mandat auch die Entwicklung eines Textvorschlages zu verfassungsrechtlichen Verankerung des Briefwahlrechts und des Wahlrechts für Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft.

Mit dem Ergänzungsauftrag betreffend die Briefwahl wurde seitens des Präsidiums des Österreich-Konvents ausdrücklich das eVoting ausgenommen. Die Entwicklungen der letzten Monate und mehrfache Positionierungen auch bei Vollversammlungen lassen nun darauf schließen, dass auch hier Bewegung Platz greift und eine Wahlrechtsgrundsatzbestimmung angestrebt wird, die eine weitere Entwicklung nicht blockiert.

Radikales Proporzwahlsystem

Die Absicht des Präsidiums bei der Formulierung des Mandates war klar erkennbar, eine einfache und knappe Formulierung der verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern und zum/r Bürgermeister/in zu finden.
Unter dem Aspekt einer Stärkung der Verfassungsautonomie der Länder sollte die Regelung möglichst wenig vorwegnehmen. Nähere Ausführungen, wie etwa die Einführung einer Mindestprozenthürde (nicht aber eine Mandatshürde), sollten dem Einfachgesetzgeber vorbehalten bleiben.

Als aus Sicht der Länder überaus nachteilig ist die Absicht des Präsidiums zu werten, dass das verfassungsgesetzlich geregelte Wahlrecht vom Grundsatz der reinen Verhältniswahl ausgehen solle. Eine solche Regelung würde bedeuten, dass die bisher verfassungsgesetzlich eingeräumte Einteilung des Wahlgebietes in Wahlsprengel und die Zuteilung einer bestimmten Anzahl der Mandate nach der Bevölkerungszahl verfassungsgesetzlich ausgeschlossen wäre.

Damit verbunden würden folgende Aspekte der derzeitigen Nationalrats-Wahlordnung entfallen:

· die Möglichkeit einer politischen Gruppierung, sich mit einer Landesliste an den Nationalratswahlen zu beteiligen, und damit die Möglichkeit politischer Partizipation in den Ländern (§ 42 NRWO).

· die Aufteilung der Nationalratsmandate auf die Länder gemäß der Bevölkerungszahl und damit die Sicherheit eines föderaldemokratisch ausgeglichenen Wahlergebnisses (§ 4 NRWO).

· eine Verortung des Wahl- und Auszählungsgeschehens in die Gemeinden, Bezirke und Länder, die unsere Demokratie für die Menschen erst nachvollziehbar und erfahrbar macht (§§ 97-105 NRWO).

Der Zweite Landtagspräsident MMag. Neureiter hat sich daher im Ausschuss gegen die Aufnahme einer solchen Regelung ausgesprochen und dies in seiner schriftlichen Stellungnahme zum Bericht des Ausschusses noch einmal bekräftigt.

Briefwahl

Dem Mandat des Präsidiums folgend hat der Ausschuss 3 zwei Textvorschläge entwickelt, die die Möglichkeit der brieflichen Stimmabgabe in die Verfassung aufnehmen sollen. Bei der ersten Variante handelt es sich um eine allgemeine Formulierung, in der eine briefliche Stimmabgabe ohne Einschränkungen vorgesehen ist. Sie lautet:

Artikel X. Die Wahlberechtigten können ihre Stimme nach den näheren Bestimmungen der Wahlordnung auch in Form der Briefwahl abgeben.“

In der zweiten vom Ausschuss ausgearbeiteten Variante bleibt die Briefwahl auf Personen beschränkt, die sich am Wahltag voraussichtlich nicht im Wahlgebiet aufhalten werden und orientiert sich an § 60 NRWO. Sie lautet:

Artikel X. Wahlberechtigte, die sich voraussichtlich am Wahltag nicht im Wahlgebiet aufhalten, können ihre Stimme nach den näheren Bestimmungen der Wahlordnung auch in Form der Briefwahl abgeben.“

Aus demokratiepolitischer Sicht ist der ersten Variante eindeutig der Vorzug zu geben. Sie bietet ein zumindest rudimentär praktikables System der Fernstimmabgabe, ohne im Unterschied zur zweiten Fassung auf einen bestimmten Grund einzuschränken, warum jemand nicht persönlich vor der Wahlkommission erscheinen kann.


Dies würde die Möglichkeit einer Fernstimmabgabe auch Personen eröffnen, die sich am Wahltag zwar physisch im Wahlgebiet aufhalten, denen aber aus anderen durchaus berücksichtigungswürdigen Gründen eine Wahlbeteiligung nicht oder nur schwer möglich ist. Zu denken ist etwa an Menschen mit Behinderungen, kranke oder gebrechliche Menschen, Arbeitnehmer/innen, die am betreffenden Tag arbeiten müssen und gerade in den typischen Sonntagsarbeitsberufen nicht oder nur kurzzeitig abkömmlich sind.


Deshalb erscheint die erste, umfassendere Variante geradezu geboten. Weit schwerer dürfte aber das Argument wiegen, dass eine Einschränkung der Briefwahl wie in der zweiten Variante die oben angeführten Personengruppen diskriminieren würde und daher gleichheitswidrig wäre.


Gerade die durchaus positiven Erfahrungen, die man in der Zweiten Republik in anderen Bereichen des Staates mit postalischer Stimmabgabe machen konnte, zu denken ist hier etwa an das Wahlrecht gemäß der Arbeiterkammer-Wahlordnung (BGBl. II Nr. 340/1998), ermutigen zur Einführung der Briefwahl auch im Bereich der allgemeinen staatlichen Wahlen.

Wahlrecht für Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft

Der Ausschuss 3 hat dem Mandat des Präsidiums folgend zwei Textvarianten erstellt. Eine sieht eine umfassende Möglichkeit des Einfachgesetzgebers vor, Menschen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft ein Wahlrecht einzuräumen. Sie lautet:

Artikel X. Die Wahlordnung kann vorsehen, dass das Wahlrecht auch Personen zukommt, die nicht die Staatsbürgerschaft besitzen.“

Eine zweite Variante sieht diese Möglichkeit unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit vor. Sie lautet:

Artikel X. Unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit kommt das Wahlrecht auch im Wahlgebiet ansässigen Personen zu, die nicht die Staatsbürgerschaft besitzen.“

Der Ausschuss hat in seinem Bericht festgehalten, dass sich an den grundsätzlichen Haltungen seiner Mitglieder in dieser Frage seit Erstattung des Endberichts zum Grundmandat vom 9. Februar 2004 nichts geändert habe. Dort wurde vereinzelt die Einführung eines sg. „Ausländerwahlrechts“ gefordert, für diese Forderung konnte aber im Ausschuss 3 kein Konsens gefunden werden.


Tatsächlich sprechen mehrere Gründe gegen die Einführung einer solchen Regelung. Der Verweis auf den Einfachgesetzgeber öffnet einer beliebigen Ausdehnung des Elektorats aus wahltaktischen Überlegungen Tür und Tor.

Sitz der obersten Staatsorgane

Das Mandat des Präsidiums sah auch die Frage vor, ob hinsichtlich der Regelung über die Bundeshauptstadt sowie über den Sitz der obersten Organe gemäß Art. 5 B-VG unter Bedachtnahme auf allfällige Folgekosten sowie auf Gesichtspunkte der Flexibilität ein Änderungsbedarf bestehe.

Über die Beibehaltung Wiens als Bundeshauptstadt und Sitz der Obersten Organe und des Nationalrates konnte im Ausschuss rasch Einigung erzielt werden.

Von Seiten der Ländervertreter wurden jedoch zwei Gesichtspunkte vorgebracht, die im Ausschuss auch auf große Resonanz stießen und dort mehrheitlich befürwortet wurden.

Zum einen wurde der mit der verfassungsrechtlichen Festlegung Wiens als Sitz der obersten Organe verbundene Automatismus angesprochen, neu eingerichtete weisungsfreie Sonderverwaltungsbehörden in Wien anzusiedeln. Der Ausschuss hat zur Kenntnis genommen, dass hier von Seiten der Länder eine Flexibilisierung gewünscht werde.

Zum anderen wurde die derzeitige Regelung angesprochen, wonach der Bundesrat immer am Sitz des Nationalrates zusammentritt (Art 36 Abs 3 B-VG). Der Ausschuss vertritt in seinem Bericht die überwiegende Meinung, dass diese Regelung einer Änderung zugeführt werden sollte. Der Zweite Präsident MMag. Neureiter regte eine Lösung an, die eine Einberufung von Bundesratssitzungen in den Ländern, etwa am Sitz eines Landtages, generell ermöglichen soll. Diese Anregung wurde vollständig in den Bericht des Ausschusses aufgenommen.

Gemeinderecht

Das Ergänzungsmandat umfasste auch eine weitgehende Neuregelung der verfassungsrechtlichen Grundlagen der Gemeindeorganisation. Folgende Bereiche werden im Rahmen dieses Berichtes aus dieser für die Länder äußerst bedeutsamen Thematik herausgegriffen. Im Übrigen wird ausdrücklich auf den Bericht des Ausschusses 3 vom 8. Oktober 2004 verwiesen.

Ausweitung des Instruments der Statutarstadt

Das Präsidium hat dem Ausschuss das Mandat zur Erstellung eines Textvorschlages erteilt, der das Instrumentarium der Statutarstadt erweitern und die Möglichkeit der Einführung einer „Region mit eigenem Statut“ vorsehen soll. Für Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern soll die Formulierung einen Rechtsanspruch bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen enthalten.

Der Ausschuss hat darauf hin folgenden Textvorschlag erstattet:

Artikel 116. ...

(3) Eine Gemeinde mit mindestens 20 000 Einwohnern hat auf ihren Antrag hin Anspruch auf Verleihung eines eigenen Stadtrechtes (Statutes) durch Landesgesetz [, wenn Landesinteressen hiedurch nicht gefährdet werden]. Ein solcher Gesetzesbeschluss darf nur mit Zustimmung der Bundesregierung kundgemacht werden. Die Zustimmung gilt als gegeben, wenn die Bundesregierung nicht binnen acht Wochen von dem Tag, an dem der Gesetzesbeschluss bei dem zuständigen Bundesministerium eingelangt ist, dem Landeshauptmann mitgeteilt hat, dass diese verweigert wird. Eine Stadt mit eigenem Statut hat neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch die der Bezirksverwaltung zu besorgen.

Zwei weitere Textvorschläge wurden von einzelnen Ausschussmitgliedern eingebracht, jedoch nicht im Einzelnen erörtert. Zum Inhalt wird auf den Bericht des Ausschusses 3 vom 8. Oktober 2004 verwiesen.


Der Ausschuss weist in seinem Bericht ausdrücklich darauf hin, dass das Beratungsergebnis aus dem Ausschussbericht zum Erstmandat vom 9. Februar 2004 voll inhaltlich aufrecht bleibt. Dort wird festgehalten, dass eine Reihe von Ausschussmitgliedern für eine Beibehaltung der bisherigen Behördenstruktur ausgesprochen hat. Im Bericht wird weiters ausgeführt: „Dazu wird vor allem vorgebracht, dass schon der Ausbau des Instituts der Stadt mit eigenem Statut, vor allem aber die Schaffung von Gemeindeverbänden bzw. Regionen mit eigenem Statut, zu einer komplizierten und für die Bevölkerung schwer durchschaubaren Behördenstruktur führen würde; vereinzelt wird darüber hinaus die Befürchtung geäußert, dass damit ein erster Schritt zur Aufgabe des Prinzips der Einheitsgemeinde gesetzt würde.“

Eine Ausweitung der Regelung für Gebietsgemeinden über den Rahmen des derzeitigen Art 120 B-VG hinaus wird im Endbericht ganz abgelehnt. Zudem wird im Bericht auf die Schwierigkeit hingewiesen, einen solchen Rechtsanspruch durchzusetzen. Es müsste dazu das System der Durchsetzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte vor dem VfGH neu gestaltet werden.

Erleichterung der Bildung von Gemeindeverbänden

Das Mandat des Ausschusses beinhaltete die Erstellung eines Textvorschlages zu einer verfassungsgesetzlichen Regelung, die die Bildung von Gemeindeverbänden erleichtern und ihre demokratischen Strukturen verbessern sollte.

Der im Ausschussbericht festgehaltene Textvorschlag lautet:

Artikel 116a. (1) Zur Besorgung einzelner oder verschiedener sachlich zusammenhängender Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches können sich Gemeinden durch Vereinbarung zu Gemeindeverbänden zusammenschließen. Eine solche Vereinbarung bedarf der Genehmigung durch die jeweiligen Aufsichtsbehörden. Die Genehmigung ist durch Verordnung oder durch Vereinbarungen gemäß Art. 15a zu erteilen, wenn eine dem Gesetz entsprechende Vereinbarung der beteiligten Gemeinden vorliegt und die Bildung des Gemeindeverbandes

1. im Falle der Besorgung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper nicht gefährdet,

2. im Falle der Besorgung von Aufgaben der Gemeinden als Träger von Privatrechten aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Interesse der beteiligten Gemeinden gelegen ist.

...

(4) Die Organisation der Gemeindeverbände ist durch Landesgesetz oder Vereinbarung gemäß Art. 15a zu regeln. Als Organe sind jedenfalls eine Verbandsversammlung und ein der Verbandsversammlung verantwortlicher Verbandsobmann vorzusehen. Die Verbandsversammlung hat aus gewählten Vertretern aller verbandsangehörigen Gemeinden zu bestehen, wobei die in den Gemeinderäten der verbandsangehörigen Gemeinden vertretenen Wahlparteien nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung in der Verbandsversammlung haben. Für Gemeindeverbände, die durch Vereinbarung gebildet worden sind, sind weiters Bestimmungen über den Beitritt und Austritt von Gemeinden sowie über die Auflösung des Gemeindeverbandes zu treffen.

Schon der Endbericht des Ausschusses 3 zum Erstmandat vom 9. Februar 2004 enthielt ein Einvernehmen über die Ausweitung der interkommunalen Zusammenarbeit. Eine Zusammenarbeit soll demnach nicht nur in einzelnen, sondern in verschiedenen sachlich zusammenhängenden Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden möglich sein. Solche Verbände sollen auch über Landesgrenzen hinweg ermöglicht werden. Aus Ländersicht ist darauf zu verweisen, dass eine wirksame parlamentarische Kontrolle einer für diesen Fall abzuschließenden Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG schon aus demokratiepolitischer Notwendigkeit sichergestellt werden muss. Die unmittelbare Anwendbarkeit einer solchen Vereinbarung ohne Beschlussfassung durch die Landtage ist daher aus Ländersicht abzulehnen.


Für die weitere Zukunft ist der im Ergänzungsmandat des Ausschusses aufgegriffene Gedanke der Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit sicher auch über EU-Binnengrenzen hinweg weiterzudenken. Dies würde eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den Bereichen der Krankenversorgung oder der Schule und Ausbildung ermöglichen, wie dies in der vom Europa-Integrationsausschuss des Salzburger Landtages und der EuRegio Salzburg-Berchtesgadener Land-Traunstein gemeinsam verabschiedeten Erklärung von St. Leonhard vom 6. Juli 2004 festgehalten wurde.


Sonstige wichtige Fragen aus den Arbeitsbereichen der übrigen Ausschüsse

Verankerung der Sonn- und Feiertagsruhe in der Verfassung

Der Salzburger Landtag hat am 24. September 2003 folgenden Antrag der ÖVP einstimmig zum Beschluss (Nr. 96, 6. S, 12. GP) erhoben:

Die Landesregierung, konkret der Landeshauptmann bzw seine Vertretung, sowie der Landtagspräsident werden ersucht, die Verankerung der Sonn- und Feiertagsruhe in der Bundesverfassung in die Agenda des Österreich-Konvents einzubringen und für die Durchsetzung dieses Anliegens Sorge zu tragen.

Aus diesem Beschluss ergibt sich ein zweifelsfreier Auftrag der Vertreterinnen und Vertreter des Landes Salzburg im Österreich-Konvent, sich nachhaltig für eine Verankerung der Sonn- und Feiertagsruhe in der Bundesverfassung einzusetzen.

Der damalige Vertreter des Landes Salzburg im Ausschuss 5, Landeshauptmann Dr. Franz Schausberger hat mit Schreiben vom 30. September 2003 die Aufnahme der Sonn- und Feiertagsruhe in die Beratungen der Ausschüsse 1 und 4 beantragt. Das Thema wurde im Ausschuss 1 in der Sitzung am 29. Oktober 2003 diskutiert. Im Ausschuss konnte zwar Konsens über die Schutzwirkung der Sonn- und Feiertagsruhe als berechtigtes Anliegen erzielt werden. Eine verfassungsrechtliche Verankerung wurde aber als eher nicht zweckmäßig erachtet.

Der Zweite Präsident MMag. Neureiter hat den Auftrag seit Beginn seiner Mitgliedschaft im Österreich-Konvent intensiv vorangetrieben. Nach einem Schreiben an das Präsidiumsmitglied Dr. Andreas Khol wandte sich Neureiter am 28. Oktober 2004 noch einmal schriftlich an Klubobmann Mag. Wilhelm Molterer und bat um Unterstützung für die von der Ökumenischen Expertengruppe vorgelegte Formel

"Die Republik Österreich achtet die Traditionen eines arbeitsfreien Tages in der Woche, insbesondere des freien Sonntags."

Diese Fassung begegnet auch jenen Vorbehalten gegen eine Aufnahme der Sonn- und Feiertagsruhe in die Verfassung, die die Problematik der unterschiedlichen Traditionen arbeitsfreier Tage bei verschiedenen Religionsgemeinschaften ansprechen.

Die Sozialpartner haben dem Ausschuss 4 ein „Papier der Sozialpartner Bundesarbeitskammer, Österreichischer Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer Österreich zu sozialen Grundrechten im Bereich der Arbeitswelt vom 5. Oktober 2004“ vorgelegt. Dort heißt es:

[…]
9.
Arbeit


„Jeder Mensch hat das Recht auf sichere, gesunde, würdige, gerechte und angemesse­ne Arbeitsbe­dingungen. Der Staat gewährleistet dieses Recht insbesondere durch:

[…]

- angemessene Arbeitsruhe, insbesondere angemessene Sonn- und Feiertagsruhe;

Dieser Textvorschlag wird schon aufgrund des dahinter stehenden politischen Konsenses voraussichtlich in den Textvorschlag des Ausschusses zu den sozialen Grundrechten übernommen werden.

Kompetenztatbestand Erwachsenenbildung

Der Kompetenztatbestand „Erwachsenenbildung“ („Volksbildunsgwesen“) wird nach der derzeitigen Rechtslage von Art VIII des Bundesverfassungsgesetzes vom 18. Juli 1962, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 hinsichtlich des Schulwesens abgeändert wird (Schulverfassungsnovelle 1962, BGBl 1962/215) erfasst. Dort wird die Gesetzgebungskompetenz einer paktierten Gesetzgebung von Bund und Ländern unterworfen, die Vollzugskompetenz ist strittig und nicht eindeutig judiziert, dürfte aber nach den bisherigen Erkenntnissen des VfGH und nach dem überwiegenden Teil der Lehre beim Bund liegen.

Der Zweite Präsident Neureiter hat in einem Schreiben an den Vorsitzenden des Ausschusses 5, Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger, eine Lösung im Wege einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG vorgeschlagen. Dieser Vorschlag wurde in die Ausschussberatungen eingebracht und wird zur Zeit im Ausschuss 5 diskutiert. Die Frage ist zwar aufgrund ihrer Auswirkungen auf den zukünftigen landespolitischen Gestaltungsrahmen in Angelegenheiten arbeitsmarktqualifikatorischer Maßnahmen, des Lebenslangen Lernens und der Erhaltung der regionalen kulturellen Identität von großer Bedeutung für die Länder, aufgrund der sachlich engen Abgrenzung und Detailtiefe ist der Zeithorizont für ein Ergebnis der Beratungen jedoch noch ungewiss.

Inzwischen hat das Anliegen eine gewisse Breite erreicht, viele Mitglieder des Konvents halten eine Regelung für sinnvoll, die Bund und Länder einbezieht. Neben der angeregten 15a-Vereinbarung wird nunmehr auch ein „Verwaltungsvertrag“ zwischen Bund und Ländern ventiliert.

Kompetenzverteilung und Bundesrat Neu

Im Beschluss des Salzburger Landtages vom 26. März 2003 betreffend die Festlegung von Grundsätzen im Verhältnis der österreichischen Bundesländer zum Bundesstaat (Nr. 528, 5. S, 12. GP) wurden die Vorgaben für Vertreterinnen und Vertreter des Landes Salzburg im Österreich-Konvent festgelegt:

Der Salzburger Landtag erklärt folgende Punkte zur Position Salzburgs in Bezug auf eine bevorstehende Reform des österreichischen Staatswesens und fordert alle Vertreterinnen und Vertreter des Landes auf, diese in die Verhandlungen zur Neugestaltung des Bundesstaates und der Staatsaufgaben einzubringen und zu vertreten.

1. Die Organisation des Staates ist an die modernen Herausforderungen anzupassen. Dabei kommt der Ausrichtung an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger und dem Subsidiaritätsprinzip besondere Bedeutung zu. Die Länder gewährleisten auf Grund ihrer überschaubaren Größenverhältnisse einen hohen Grad an Bürgernähe sowohl der Gesetzgebung als auch der Vollziehung und damit eine hohe Akzeptanz der Entscheidungen in sehr lebensnahen Bereichen. Sie ermöglichen durch Eigenverantwortung Pluralismus und differenzierte, den regionalen Bedürfnissen, Wertvorstellungen und Prioritäten angepasste Lösungen unter Wahrung der Prinzipien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, wozu auch der Vergleich der Länder untereinander beiträgt.

[…]

3. Die Gesetzgebungszuständigkeiten des Bundes sind unter dem Gesichtspunkt zu durchforsten, ob sie angesichts einer bereits von der Europäischen Union hergestellten notwendigen Einheitlichkeit noch immer vom Bund wahrgenommen werden müssen oder ob die verbleibenden Möglichkeiten regionaler Ausgestaltung bei der Umsetzung von Rechtsvorschriften der Europäischen Union nicht besser auf die Länder übertragen werden sollen.

4. Unabhängig davon sind alle Gesetzgebungszuständigkeiten des Bundes kritisch dahingehend zu prüfen, ob sie nicht auf die Kompetenz zur Regelung von grundlegenden Zielen und Mindeststandards zurückgeführt werden können und somit den Ländern Spielraum für kreative Gestaltung der regionalen Gegebenheiten geschaffen wird. In diesem Sinn ist auch die Einordnung der Angelegenheiten kritisch zu hinterfragen, in denen derzeit eine Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes besteht und die Gesetzgebung zur Ausführung den Ländern obliegt.

5. Die Reform der Kompetenzverteilung hat zu einer dem Subsidiaritätsprinzip entsprechenden Verteilung der Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenzen zu führen, wobei die Kompetenzen der Länder, insbesondere im Bereich der autonomen Landesgesetzgebung als Kern der Eigenständigkeit der Länder, wesentlich zu stärken sind. Bestehende Kompetenzzersplitterungen sind zu beseitigen und abgerundete und problemorientierte Kompetenz- und damit Verantwortungsbereiche zu schaffen. Eine Stärkung der Vollziehung der Länder ist kein Surrogat für gestärkte Gesetzgebungskompetenzen der Länder.

6. Bundesgesetze sollen generell den Ländern die Möglichkeit bieten, zur Anpassung an regionale Besonderheiten bei Bedarf eigenständige Regelungen treffen zu können.

[…]

Es ist selbstverständlich, dass eine sinnvolle Vertretung dieser Anliegen eine starke Vertretung auf politischer Ebene gerade im Ausschuss 5 des Österreich-Konvents unbedingt erforderlich macht. Insbesondere die Sicherung einer entsprechenden Mitsprache der Länder und vor allem der Landtage als direkt-demokratisch legitimierte Vertretungen der Interessen der Menschen in den betreffenden Ländern im Gesetzgebungsverfahren des Gesamtstaates ist angesichts der vieldiskutierten Zukunft des Bundesrates zu einem vordringlichen Anliegen der Ländervertreter geworden.

In der Öffentlichkeit wird die Reform des Bundesrates sicher ein Hauptkriterium des Erfolgs des Österreich-Konventes werden. Die Presse hat schon in der Vergangenheit gezeigt, dass sie die Frage der institutionellen Erneuerung der Länderkammer als eine Prüfmarke für die politische Reformkraft der Regierungsparteien betrachtet (vgl. SN vom 20.09.2004 und 18.05.2004).


Eine von Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger vom Österreichischen Institut für Föderalismus erarbeitete internationale Vergleichsstudie über die Länderkammern in föderativ-demokratisch organisierten Staaten legt den Schluss nahe, dass die durchgehend festzustellende Schwäche dieser Ländervertretungen keine institutionellen als vielmehr strukturelle Ursachen haben. Institutionelle Unterschiede wie Direktwahl gegenüber Wahl der Abgeordneten durch das teilstaatliche Parlament, Freies Mandat gegenüber gebundenem Mandat, Reichweite der Einspruchsrechte – absolutes gegenüber suspensives Veto machen im Ergebnis wenig Unterschied. Zentral ist das Problem, dass diese Kammern häufig das Ziel nicht realisieren können, die Beteiligung der teilstaatlichen Parlamente im Gesetzgebungsprozess des Gesamtstaates zu sichern. Dies legt die Vermutung nahe, dass eine wirksame Mitsprache der Teilstaaten an der gesamtstaatlichen Gesetzgebung regelmäßig an strukturellen Hindernissen wie dem Fehlen einer unabhängigen Vorbereitungs-, Beratungs- und Arbeitsplattform der Ländervertreter/innen am Sitz des nationalen Parlaments scheitern kann.

Die Zukunft des Bundesrats ist jedenfalls eine Prüfmarke des Erfolgs des Österreich-Konvents. Die nächsten Monate werden zu Ergebnissen führen.



Michael Neureiter