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Nr. 40 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages

(2. Session der 12. Gesetzgebungsperiode)


Bericht

des Verfassungs- und Verwaltungsausschusses zum dringlichen Antrag der Abg. Dr. Schnell, Wiedermann, Dr. Schöppl, Naderer, Blattl und Essl (Nr. 39 der Beilagen) betreffend die Novellierung des Salzburger Sozialhilfegesetzes


Der Verfassungs- und Verwaltungsausschuss hat sich am 15. September 1999 während einer Unterbrechung der Sitzung des Landtages mit dem zitierten dringlichen Antrag der FPÖ in Anwesenheit von Landeshauptmann-Stellvertreter Buchleitner sowie von Experten der Landesverwaltung, des Magistrates und der Bundespolizeidirektion Salzburg eingehend befasst. Dieser wurde in der von den FPÖ-Abgeordneten verlangten Sitzung ("Sondersitzung" zum Thema "Missbrauch von Sozialhilfemitteln und Vollzug des Salzburger Sozialhilfegesetzes") am selben Tag eingebracht.

In der Präambel zum dringlichen Antrag wird unter Zitierung eines Stadtpolitikers, wonach es immer Sozialhilfemissbrauch gab und auch weiter geben werde, darauf hingewiesen, dass es immer und überall schwarze Schafe gäbe. Die Schlussfolgerung daraus sei, eine verstärkte Kontrolle vorzusehen. Es solle dadurch auch sichergestellt werden, in Not geratenen Menschen über die Runden zu helfen. Die Steuerzahler müssten darauf vertrauen können, dass ihr Geld dort ankomme, wo es hinkommen solle. Abschließend wird eine Tageszeitung zitiert, wonach es "allerhöchste Zeit zum Gegensteuern" sei.

Der dringliche Antrag gliedert sich in insgesamt sieben, zum Teil gänzlich unterschiedliche Punkte. Auf den dringlichen Antrag und die diesem zu Grunde liegende Präambel in
Nr. 39 der Beilagen wird verwiesen.

Bereits die Debatte über die Begründung der Dringlichkeit führte in der Plenarsitzung zu heftigen Kontroversen.

Für die Antragsteller verwies Klubobmann Abg. Dr. Schnell im Ausschuss auf zahlreiche Missbrauchsfälle, welche dieser durch Zitierung von Zeitungsberichten belegte. Weitere Argumente wurden durch Abg. Dr. Schöppl und Abg. Wiedermann beigesteuert.
Abg. Wiedermann schlug auch vor, dass die behördeninterne Kommunikation, etwa zwischen Sozialamt, Passamt, Fremdenpolizei und anderen Dienststellen, besser funktionieren müsse, was auch durch eine entsprechende Weisung sichergestellt werden könne.
In einer sehr lang dauernden und umfangreichen Diskussion nahm die SPÖ detailliert zu den vorliegenden dringlichen Antragspunkten Stellung. So brachte Klubvorsitzender
Abg. Mag. Thaler zum Ausdruck, dass die einzelnen Punkte entweder EU-rechtswidrig oder im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention bzw. zu verfassungsrechtlich garantierten Grund- und Freiheitsrechten stünden, weiters unmögliche oder kaum verwirklichbare Forderungen, wie etwa Beibringung einer Strafregisterauskunft oder "einer gleichwertigen Bescheinigung des Heimatlandes", bis hin zu Auskünften aus einschlägigen Datenbanken enthielten.

Weitere Sprecher der SPÖ wie Frau Abg. Mosler-Törnström und Abg. Brenner betonten überdies, dass es offenbar nicht um die Sache gehe, sondern man ausländerfeindliche Aussagen transportieren wolle. Die Ausländerfeindlichkeit beweise sich auch durch die ständige Verwendung von Begriffen wie "Türken", "Kosovo-Albaner", "ausländische Arbeitskräfte" etc. Im Übrigen würden die zitierten Fälle sich nicht als beweisbar darstellen, weil diese Personen entweder keine Sozialhilfe bekommen oder keine Anspruchsvoraussetzungen erbracht hätten. Dies wäre durch Verfahrenseinstellungen belegbar. Bei bewiesener missbräuchlicher Inanspruchnahme von Sozialhifemitteln bestehe überdies eine Rückzahlungspflicht; es seien auch in Missbrauchsfällen entsprechende Rückzahlungsaufträge bescheidmäßig erteilt worden. Wenn es um tatsächlich erkannte Missbrauchsfälle gehe, werden entsprechende Vorschläge durch die Antragsteller der FPÖ erbeten und nicht bloß plakative parteipolitische Kritik.

Für die ÖVP erklärte deren Klubobmann Abg. Ing. Griessner, dass es den Antragstellern nicht um die Sozialhilfe gehe, sondern um eine Ausländerdebatte. Dies heiße aber nicht, dass die ÖVP nicht jede sinnvolle und notwendige Kontrolle bzw. Verstärkung der Kontrolle begrüßen würde.

Durch die Vertreterin der Grünen, Abg. Dr. Reiter, wird massiv kritisiert, dass die Zugänglichkeit zu Sozialhilfeleistungen vergleichsweise schwierig sei und daher weniger das Problem des Missbrauchs im Vordergrund stünde. Es sei unmenschlich, dass Personen, die sich in einer unmittelbaren Notlage befinden, drei bis vier Wochen warten müssen, bis sie überhaupt erst einen Termin beim Sozialamt erhalten. Dies schließt die Erledigungsdauer noch gar nicht ein. Um den im Sozialhilfegesetz jetzt schon bestehenden Ansprüchen einigermaßen gerecht zu werden, werde auch eine personelle Verstärkung in den Sozialämtern verlangt.

In den allgemeinen Argumenten gegen die Missbräuche verwies abschließend SPÖ-Klubvorsitzender Abg. Mag. Thaler auch auf eine den Landtagsparteien seit kurzem vorliegende Studie zum Thema "Arbeitslosigkeit bei SozialhilfebezieherInnen". Diese Ergebnisse gehen auf Erhebungen im August 1999 zurück. Daraus sei ableitbar, dass fast 40 % der ausgewerteten Sozialhilfebezieherinnen und Sozialhilfebeziehern die Sozialhilfe deshalb in Anspruch nehmen, weil sie zumindest derzeit nicht in der Lage seien, am Erwerbsleben teilzunehmen. 30 % seien aufgrund einer psychischen oder somatischen Erkrankung bzw. Behinderung oder einer Suchtkrankheit nicht arbeitsfähig. Der Sozialhilfebezug sei zur Sicherung des Lebensunterhaltes erforderlich, weil diese erwerbsunfähigen Personen keine oder keine ausreichenden Ansprüche auf Leistungen der Sozialversicherung haben. Dies betreffe insbesondere jüngere erwerbsunfähige Personen, die keine ausreichenden Versicherungszeiten für eine Invaliditätspension aufweisen, Suchtkranken ohne Erwerbs-zeiten, Personen mit nicht ausreichenden Anwartschaftszeiten für AMS-Leistungen sowie Personen, denen aufgrund verschärfter Anspruchsbedingungen Sozialversicherungsleistungen entzogen wurden.

Weiters wurde darauf hingewiesen, dass die Vermittlungschancen von Sozialhilfebezieherinnen und Sozialhilfebeziehern in den Arbeitsmarkt relativ gering seien. Darüber hinaus seien die Arbeitschancen für eine gesicherte Erwerbstätigkeit oft auf dem Lande relativ geringer als in der Stadt. Nicht zuletzt werde durch die Missbrauchsdiskussion durchaus auch eine Reihe von Personen abgehalten, objektiv bestehende Ansprüche geltend zu machen.

In einer breit angelegten Antwort, die zum Teil auch auf die im Plenum erfolgte Beantwortung der dringlichen Anfrage im Plenum des Landtages Bezug nimmt, stellte der für Sozialhilfe ressortzuständige Landeshauptmann-Stellvertreter Buchleitner Mehreres fest:

Zum einen gehe es der FPÖ bei der Missbrauchsdiskussion über Sozialhilfe nicht um eine sachliche Diskussion, sondern um eine plakative politische Auseinandersetzung. Heftig kritisierte der Genannte, dass in keinem einzigen Fall ein Abgeordneter der FPÖ das Ressort, die Landesverwaltung oder eine Bezirksverwaltung über einen vermeintlichen Missbrauchsfall informiert hat.

Zum anderen wolle, trotz intensiver sachlicher Auseinandersetzung über viele Jahre hinweg, die FPÖ in diesem Ressortbereich die Sachaussagen des Ressorts nicht zur Kenntnis nehmen.

Nicht zuletzt sei es bemerkenswert, so Landeshauptmann-Stellvertreter Buchleitner, dass ausländischen Gästen der soziale Friede und die Sicherheit in dieser Stadt und in diesem Lande auffallen. Bundesdeutsche Bürger würden sich oft wundern, dass sich Spitzenpolitiker ohne jede Sicherheitsbegleitung frei bewegen könnten. Dies spreche für ein ausgezeichnetes soziales Klima und für einen sozialen Frieden. Dies sei nicht zuletzt auch durch die soziale Sicherheit begründet.

Hinsichtlich der Missbrauchsfälle wird festgehalten, dass im Bereich der Stadt Salzburg von 1990 bis 1998 insgesamt 23 Missbrauchsfälle bekannt geworden seien. Insgesamt entstand im Jahr 1998 ein Schaden von S 780.000,--. Dabei wären die häufigsten Missbrauchsgründe überwiegend das Verschweigen von Einkommen, die Nichteinzahlung von Miete, die Vortäuschung von Alimenten (etwa durch falsche Belege) und die Nichtangabe von Mitbewohnern oder die Nichtmeldung von Lebensgemeinschaften. Missbrauch würde auch von Inländern begangen werden.

Abschließend sicherte Landeshauptmann-Stellvertreter Buchleitner zu, die Anregung für eine bessere behördeninterne Information zwischen verschiedenen Fachbereichen, wie etwa Fremdenpolizei, Kfz-Zulassung, Passamt, Meldewesen etc., und Sozialamt rechtlich prüfen zu lassen. Dabei gehe es aber nicht um eine politische Einschätzung, sondern um die gegebenen gesetzlichen Schranken, Bindungen und Möglichkeiten.

In den verschiedenen Expertenrunden, in denen auf die Debattenbeiträge und Fragen eingegangen wurde, legten der Vertreter der Bundespolizeidirektion Salzburg und die Experten der Landesverwaltung ihre Argumente dar. Durch den Vertreter der Caritas wurde besonders darauf hingewiesen, dass es gar nicht so selten vorkomme, dass Anspruchsberechtigte In- und Ausländer (zB Flüchtlinge) es ablehnen, einen Sozialhilfeantrag zu stellen, weil sie die Diskussion darüber fürchten. Darüber hinaus sei es unrichtig, dass ohne Belege Sozialhilfemittel ausbezahlt werden. Im Gegenteil, es sind genaue gesetzliche Voraussetzungen definiert, wie man einen Sozialhilfeanspruch nachzuweisen hätte und durch welches Verfahren man zu Sozialhilfeleistungen gelangen könne.

Gegen Ende der Debatte wurde durch die SPÖ ein Abänderungsantrag eingebracht. Dieser zielte darauf ab, die Landesregierung zu ersuchen, dem Landtag einen Bericht über die Methoden der Kontrolle im Bereich der Sozialhilfe im österreichweiten Bundesländervergleich vorzulegen. Weiters wurde eine Novelle des Sozialhilfegesetzes dahingehend beantragt, wonach Asylwerbern nur dann eine Leistung zukommen solle, wenn nicht eine vergleichbare Leistung aufgrund anderer gesetzlicher Grundlagen (zB Bundesasylgesetz) geltend gemacht werden könnte.

Nach der Protokollanmerkung der FPÖ, dass sie zwar ihre Argumente grundsätzlich aufrecht erhalte und auch inhaltlich von ihrem Antrag keinen Abstrich machen wolle, brachte diese zum Ausdruck, den eingebrachten Abänderungsantrag unterstützen zu wollen.
Sodann wurde der eingebrachte Abänderungsantrag von ÖVP, SPÖ und FPÖ angenommen und dem Landtag zur Beschlussfassung empfohlen.

Der Verfassungs- und Verwaltungsausschuss stellt einstimmig den

Antrag,

der Salzburger Landtag wolle beschließen:

1. Die Landesregierung wird ersucht, dem Landtag einen Bericht bis 31. Dezember 1999 vorzulegen, in welchem die Methoden der Kontrolle im Bereich der Sozialhilfe (im Hinblick auf Vorgangsweise und finanziellen Aufwand) der österreichischen Bundesländer mit dem Bundesland Salzburg verglichen werden.

2. Das beiliegende Gesetz wird zum Beschluss erhoben.


Salzburg, am 15. September 1999

Der Vorsitzende: Der Berichterstatter:
Roßmann eh. Dr. Schöppl eh.


Beschluss des Salzburger Landtages vom 15. September 1999:
Der Antrag wurde einstimmig zum Beschluss erhoben.
Gesetz

vom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , mit dem das Salzburger Sozialhilfegesetz geändert wird


Der Salzburger Landtag hat beschlossen:

Artikel I

Das Salzburger Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 19/1975, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 50/1999, wird geändert wie folgt:

Im § 6 wird nach Abs. 4 angefügt:

"(5) Ist der Hilfesuchende Asylwerber, kann eine Leistung nur insoweit geleistet werden, als eine vergleichbare Leistung nicht aufgrund einer anderen gesetzlichen Grundlage geltend gemacht werden kann."

Artikel II

Dieses Gesetz tritt mit 1. Dezember 1999 in Kraft.